Diese Argumentation höre ich in der Tat öfters.
Natürlich ist es schwierig, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu belegen oder zu widerlegen, wenn keine Daten im Sinne einer Vergleichsstudie vorliegen. Da ÜBERALL Maßnahmen ergriffen worden sind und NIRGENDWO keine, kann man halt nicht sagen, wie es gelaufen wäre, hätte es KEINE oder ANDERE Maßnahmen gegeben.
Ich bring mal meinen humpelnden Vergleich: ich habe einen PID-Regler mit mehreren Eingängen, mehreren bekannten sowie unbekannten Störgrößen sowie eine ziemlich lange Verzögerungszeit. Im vorliegenden Falle sind es satte 2 Wochen, bis die Änderung eingangsseitig eine Änderung ausgangsseitig provoziert. Unsere Bundesregierung stellt, sinngemäß, innerhalb kürzester Zeit an mehreren Größen rum, weil nicht "sofort" eine Änderung ersichtlich ist. Erst zwei Wochen später merkt man was, weiß aber dann nicht mehr, welcher veränderte Parameter nun überhaupt für die wirksame Änderung verantwortlich ist und welche nicht. Man weiß auch nicht, ob man kontraproduktive Änderungen vorgenommen hat (beispielsweise Gasgeben und gleichzeitig die Handbremse anziehen) und wie die Änderungen miteinander interagieren, wenn sie gleichzeitig oder zeitversetzt durchgeführt werden. Von den Störgrößen wie beispielsweise plötzlich eintreffenden neuen Virenvarianten, Wetterumschwüngen, Demo-Spaziergängen oder Gotteseinfluss will ich gar nicht anfangen.
Wie soll unter solchen Voraussetzungen überhaupt bestimmt werden, welche Maßnahme welche Wirkung hat? Wüsste man beispielsweise, dass es zwischen 2G+ und 3G keinerlei Unterschiede gäbe, könnte man auch zu 3G zurückkehren. Wenn man wüsste, dass die wichtigsten Übertragungspunkte nicht im Wirtshaus oder beim Handwerkerbedarf zu finden sind, sondern im öffentlichen Nahverkehr, würde man dann nicht lieber die Öffis einstellen und die Wirtshäuser wieder alle Gäste willkommen heißen lassen? Wenn Genesene eine auf Jahre andauernde Immunität gewinnen, Geimpfte aber nicht, warum setzt man dann nicht auf ein kontrolliertes Infektionsgeschehen, um die Krankenhäuser zu entlasten? Und wenn die Krankenhäuser überlastet sind, warum schließt man bestehende Einrichtungen, statt neue zu eröffnen? Warum schließt man die Pflegelücke nicht mit lukrativen Jobangeboten und besseren Arbeitsbedingungen?
Ich bin mir ziemlich sicher, man hätte die Sache "im Griff", wenn man die einzelnen Größen im PID-Regler auf ihre Wirkung untersuchen und bewerten würde. Die unwirksamen oder kontraproduktiven Parameter nimmt man mit einem Neutralwert aus dem System. Und dann bleiben am Ende von den ganzen Maßnahmen vielleicht die Hygienevorschriften wie bei einer Influenza und Kontaktbeschränkungen bzw. regionale Quarantänen für 2, 3 Wochen und gut ist. Selbst die Testerei ist nur bedingt sinnvoll, wenn der Schnelltest zu 60% Falschpositive liefert und der deutlich aufwendigere PCR-Test auch nicht unbedingt in der Lage ist, Covid-19 von Influenza oder anderen Corona-Viren zu unterscheiden.
Und dann wäre halt die Frage nach der Gefährlichkeit von Covid-19 für unterschiedliche Altersgruppen.
Hätte man nur all das mal gemacht, wir wären heute in einer anderen Situation. Und ich musste dafür KEINEN direkten Vergleich "keine Maßnahmen vs Maßnahmen" anbringen, sondern einen anderen Gedanken ins Spiel bringen.
PS: Wäre es 2020 nach mir gegangen: Grenzen im März dicht, dann 6 Wochen "Lockdown Complete" - inklusive Finanzbewegung. Einfach 40 Tage NICHTS TUN. Essen kommt per THW in Vollmontur, Wasser kommt weiterhin aus der Leitung. Ich sag dir, wenn das Virus aushungerbar wäre, dann so. Irgendwann sind alle Infizierten immunisiert und tragen das Virus nicht mehr in sich, als dass sie es noch weitergeben könnten. Wäre sicherlich ein spannendes Experiment gewesen ... warum tat man es nicht?