Ansicht umschalten
Avatar von _Peter_
  • _Peter_

mehr als 1000 Beiträge seit 18.12.2016

Wie gut ist eigentlich unser Quarantänesystem?

Wie vollständig werden Infizierte isoliert und Nicht-Infizierte aussen vor gelassen? Und wie groß ist das Problem von Infektionen, die durch Isolierte ausgelöst werden, die sich nicht - im Detail - an Quarantäneverfügungen halten? Gibt es dazu belastbare Zahlen, oder nur Einzelmeldungen, die von den Medien aufgebauscht werden?

Das aktuelle System - 14 Tage Quarantäne für alle, die entweder positiv PCR-Getestet oder von von Getesten als Kontaktpersonen genannt werden - wurde ohne großes Nachdenken während der ersten Welle installiert.

Schnell zeigten sich die Grenzen. Durch fehlende Kapazitäten bei Labors und Gesundheitsämtern gab es keine Möglichkeit, Infektionen bei Kontakten erster Ordnung zeitnah zu bestätigen. Weshalb Kontakte 2. Ordnung in der Regel gar nicht oder viel zu spät isoliert wurden. Und werden. Weil man an dem System kaum etwas verbessert hat.

Und so werden Mitschüler in Quarantäne geschickt, der Lehrer nicht. 2 Wochen Isolation für den Vater, aber nicht die Mutter. Vor einer Weile hat das RKI dargestellt, dass die typische Quarantäne für eine Familie rund 6 Wochen dauert: Erst wird der Vater isoliert, aber nicht Frau und Kind. Nach ein paar Tagen infiziert sich die Frau, zeigt am Ende der 2. Woche Symptome, und wird für 2 Wochen isoliert. Danach das Kind.
Man sollte meinen, dass solche Erkenntnisse zu besseren Quarantäneregeln führen. Man sollte meinen, dass man aus Schnelltests, Lollitests, Warn-App und Infektionsdaten eine Test- und Isolierungsstrategie entwickeln kann, mit der Ausbruchsherde - nicht nur einzelne Infektionen - zeitnah erkannt und isoliert werden können.

Bisher nicht. Die Regierung hat bislang keine wissenschaftlichen Analysen vorgelegt, auf denen die neuen Omikron-Quarantäneregeln basieren.

Das RKI hat im Dezember vier Wochen lang (!) Berichte zu Omikron einfach nur gesammelt, und erst über Weihnachten angefangen, die Daten aus zu werten. (Freitag vor Weihnachten: 400 bestätigte Fälle, Dienstag nach Weihnachten: 10000 "vom RKI ausgewertete Fälle", "für den Zeitraum November/Dezember 2021".

Cluster isolieren? Ausbruchsherde eindämmen? Nicht in Deutschland - "das Virus hat sich so weit in der Fläche ausgebreitet, dass nur noch bundeseinheitliche Massnahmen helfen".

Wer über Zwangsüberwachung nachdenkt, der sollte sich die Mühe machen, das "totalitäre China" zumindest ansatzweise zu verstehen: Vor der totaliären Überwachung und Isolierung von infizierten steht dort nämlich eine geölte Maschine, die Ausbruchsherde erkennt, wenn gerade mal ein dutzend Menschen - in einem Land mit 2,3 Milliarden Einwohnern - infiziert sind. Eine geölte Maschine, die dieses dutzend Infizierte und deren Umfeld für ein paar Wochen zuverlässig abriegelt, bis alle Kontaktpersonen identifiziert und isoliert sind.

Wir haben im November gewartet, bis die Inzidenzwerte vierstellig und die Intensivstationen voll waren, bevor wir überhaupt angefangen haben, über eine Virusbekämpfung nach zu denken. Wir haben im September Impfzentren geschlossen statt eine Boosterkampagne zu machen, Markus Söder und Michael Kretschmer haben wochenlang nichts getan als eine Bundesministerpräsidentenkonferenz zu fordern, statt in den Landkreisen mit extremen Infektionszahlen gegen zu steuern.

Wer über Zwangsmassnahmen nachdenkt, um Infizierte zu isolieren, der sollte wenigstens so viel Einblicke in das Infektionsgeschehen haben, dass von den Zwangsmassnahmen schlimmstenfalls ein paar Promille der Bevölkerung betroffen sind, und nur für sehr kurze Zeit. Wie im totalitären China. Da gab es noch nicht einmal einen landesweiten Lockdown, geschweige denn Ausgangssperren für große Teile der Bevölkerung.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten