lilywhite schrieb am 3. November 2003 15:15
> Während dies andersherum sehr wohl der Fall ist. Wenn ein Herr
> Hohmann oder Möllemann oder auch nur Herr x,y,z hier im Forum etwas
> Israel-kritisches sagt, wird die Antisemitismus-Keule geschwungen,
> ohne dass überhaupt nachgedacht wird, ob nicht ein Körnchen Wahrheit
> dahinter steckt! Herr Möllmann war sogar karrieretechnisch ruiniert
> und von Herrn Hohmann wird der Rücktritt gefordert! Alles was Herr
> Hohmann in meinen Augen tat, ist ein Tabu-Thema an- und einige
> Wahrheiten auszusprechen!
Auch die modernen Antisemiten sind ja nicht blöd; ein Körnchen
Wahrheit steckt immer dahinter, nur der Gesamteindruck, der am Ende
entsteht, entbehrt jeder Realität. Da es gerade aktuell ist, nehmen
wir mal Hohmann:
"Wir haben (...) gesehen, wie stark und nachhaltig Juden die
revolutionäre Bewegung in Russland und mitteleuropäischen Staaten
geprägt haben. Das hat auch den amerikanischen Präsidenten Woodrow
Wilson 1919 zu der Einschätzung gebracht, die bolschewistische
Bewegung sei "jüdisch geführt". Mit einer gewissen Berechtigung
könnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser ersten
Revolutionsphase nach der "Täterschaft" der Juden fragen.
Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als auch bei
den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man Juden mit
einiger Berechtigung als "Tätervolk" bezeichnen. Das mag erschreckend
klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man
Deutsche als Tätervolk bezeichnet."
(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,271987,00.html)
Nun sehen wir uns das Körnchen Wahrheit mal an: tatsächlich gab es
unter den ersten Bolschewisten viele Juden. Aber nun die (natürlich
nicht ganz explizit ausgesprochene) Konklusion: also waren die Juden
damals genau so Täter wie im dritten Reich die Deutschen. Und das ist
völliger Unfug. Während in Deutschland der Großteil der Bevölkerung
Hitler zujubelte, lebten im damaligen Rußland die meisten Juden in
ihrem Stetl genau so weiter wie bisher. Der Anteil der Juden an den
Bolschewisten mag zwar hoch gewesen sein, aber der Anteil der
Bolschewisten and den russischen Juden war eine kleine Minderheit.
Und weiterhin lebte auch nur eine Minderheit aller Juden in Rußland.
Die aktiven Bolschewisten stellten also nur einen verschwindend
geringen Teil aller Juden, und hatten im Judentum auch überhaupt
keinen Rückhalt (da sie ja vom Glauben ihrer Väter abgefallen waren).
Selbst wenn also überdurchschnittlich viele Juden an den damaligen
Erschießungskommandos beteiligt gewesen sein sollten (was unter den
Historikern umstritten ist), ist eine Verantwortung des (damaligen)
jüdischen Volkes für diese Taten wirklich völlig an den Haaren
herbeigezogen. Das wäre in etwa so, als würde man die gesamte
christentliche Glaubensgemeinschaft für den Einmarsch im Irak
verantwortlich machen, weil Bush und die meisten amerikanischen
Soldaten Christen sind.
Ähnlich läuft es immer wieder auch bei der Kritik an Israel. Z.B.:
Sharon befiehlt die Ermordung eines Hamas-Funktionärs. Antisemitische
Reaktion: "Die Israelis sind Mörder". Sind sie eben nicht.
Vielleicht kann man Sharon als Mörder bezeichnen, vielleicht auch
diejenigen Soldaten, die den Auftrag ausgeführt haben, aber bestimmt
nicht 'die Israelis'.
Um den Unterschied deutlich zu machen, hier noch mal zwei Beispiele
von Kritik, von der ich mich sehr wundern würde, wenn sie jemand als
antisemitisch bezeichnete:
- Meiner Meinung nach ist der Bau des Zauns bzw. der Mauer
völkerrechtswidrig. Wenn überhaupt, dann dürfte er nur auf der Grenze
von vor 1967 errichtet werden, aber nicht innerhalb der
palästinensischen Gebiete.
- Ich halte das Abwerfen von Bomben auf Häuser zur Ermordung von
Terror-Funktionären für nicht gerechtfertigt. Es kann nicht angehen,
daß Unschuldige mit getötet werden, auch wenn dadurch möglicherweise
Terroranschläge verhindert werden. Die israelischen Piloten, die sich
geweigert haben, derartige Aufträge auszuführen, haben meinen vollen
Respekt.
> Während dies andersherum sehr wohl der Fall ist. Wenn ein Herr
> Hohmann oder Möllemann oder auch nur Herr x,y,z hier im Forum etwas
> Israel-kritisches sagt, wird die Antisemitismus-Keule geschwungen,
> ohne dass überhaupt nachgedacht wird, ob nicht ein Körnchen Wahrheit
> dahinter steckt! Herr Möllmann war sogar karrieretechnisch ruiniert
> und von Herrn Hohmann wird der Rücktritt gefordert! Alles was Herr
> Hohmann in meinen Augen tat, ist ein Tabu-Thema an- und einige
> Wahrheiten auszusprechen!
Auch die modernen Antisemiten sind ja nicht blöd; ein Körnchen
Wahrheit steckt immer dahinter, nur der Gesamteindruck, der am Ende
entsteht, entbehrt jeder Realität. Da es gerade aktuell ist, nehmen
wir mal Hohmann:
"Wir haben (...) gesehen, wie stark und nachhaltig Juden die
revolutionäre Bewegung in Russland und mitteleuropäischen Staaten
geprägt haben. Das hat auch den amerikanischen Präsidenten Woodrow
Wilson 1919 zu der Einschätzung gebracht, die bolschewistische
Bewegung sei "jüdisch geführt". Mit einer gewissen Berechtigung
könnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser ersten
Revolutionsphase nach der "Täterschaft" der Juden fragen.
Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als auch bei
den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man Juden mit
einiger Berechtigung als "Tätervolk" bezeichnen. Das mag erschreckend
klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man
Deutsche als Tätervolk bezeichnet."
(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,271987,00.html)
Nun sehen wir uns das Körnchen Wahrheit mal an: tatsächlich gab es
unter den ersten Bolschewisten viele Juden. Aber nun die (natürlich
nicht ganz explizit ausgesprochene) Konklusion: also waren die Juden
damals genau so Täter wie im dritten Reich die Deutschen. Und das ist
völliger Unfug. Während in Deutschland der Großteil der Bevölkerung
Hitler zujubelte, lebten im damaligen Rußland die meisten Juden in
ihrem Stetl genau so weiter wie bisher. Der Anteil der Juden an den
Bolschewisten mag zwar hoch gewesen sein, aber der Anteil der
Bolschewisten and den russischen Juden war eine kleine Minderheit.
Und weiterhin lebte auch nur eine Minderheit aller Juden in Rußland.
Die aktiven Bolschewisten stellten also nur einen verschwindend
geringen Teil aller Juden, und hatten im Judentum auch überhaupt
keinen Rückhalt (da sie ja vom Glauben ihrer Väter abgefallen waren).
Selbst wenn also überdurchschnittlich viele Juden an den damaligen
Erschießungskommandos beteiligt gewesen sein sollten (was unter den
Historikern umstritten ist), ist eine Verantwortung des (damaligen)
jüdischen Volkes für diese Taten wirklich völlig an den Haaren
herbeigezogen. Das wäre in etwa so, als würde man die gesamte
christentliche Glaubensgemeinschaft für den Einmarsch im Irak
verantwortlich machen, weil Bush und die meisten amerikanischen
Soldaten Christen sind.
Ähnlich läuft es immer wieder auch bei der Kritik an Israel. Z.B.:
Sharon befiehlt die Ermordung eines Hamas-Funktionärs. Antisemitische
Reaktion: "Die Israelis sind Mörder". Sind sie eben nicht.
Vielleicht kann man Sharon als Mörder bezeichnen, vielleicht auch
diejenigen Soldaten, die den Auftrag ausgeführt haben, aber bestimmt
nicht 'die Israelis'.
Um den Unterschied deutlich zu machen, hier noch mal zwei Beispiele
von Kritik, von der ich mich sehr wundern würde, wenn sie jemand als
antisemitisch bezeichnete:
- Meiner Meinung nach ist der Bau des Zauns bzw. der Mauer
völkerrechtswidrig. Wenn überhaupt, dann dürfte er nur auf der Grenze
von vor 1967 errichtet werden, aber nicht innerhalb der
palästinensischen Gebiete.
- Ich halte das Abwerfen von Bomben auf Häuser zur Ermordung von
Terror-Funktionären für nicht gerechtfertigt. Es kann nicht angehen,
daß Unschuldige mit getötet werden, auch wenn dadurch möglicherweise
Terroranschläge verhindert werden. Die israelischen Piloten, die sich
geweigert haben, derartige Aufträge auszuführen, haben meinen vollen
Respekt.