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  • einname

mehr als 1000 Beiträge seit 23.09.2002

Re: Hohmann

lilywhite schrieb am 3. November 2003 21:33

> einname schrieb am 3. November 2003 16:59
>
> > lilywhite schrieb am 3. November 2003 15:15
[snip]
> > Nun sehen wir uns das Körnchen Wahrheit mal an: tatsächlich gab es
> > unter den ersten Bolschewisten viele Juden. Aber nun die (natürlich
> > nicht ganz explizit ausgesprochene) Konklusion: also waren die Juden
> > damals genau so Täter wie im dritten Reich die Deutschen. Und das ist
> > völliger Unfug.
>
> Falsch, man muss nur genau differenzieren. Wenn die juden tatsächlich
> an derartigen Verbrechen beteiligt waren, wie du ja selbst sagst, wer
> wenn nicht sie, waren damals der/die Täter? Irgendeiner muss doch für
> diese Taten damals Verantwortung übernehmen!

Die Bolschewisten, aber nicht das jüdische Volk.

> Er vergleicht hier
> nur 2 Volksgruppen - Deutsche und Juden - die in ihrer Geschichte
> bereits zu Tätern wurden, wie und warum ist hier erst mal
> zweitrangig.
Die 'Volksgruppe Juden' wurde eben nicht zu Tätern.

> > Während in Deutschland der Großteil der Bevölkerung
> > Hitler zujubelte, lebten im damaligen Rußland die meisten Juden in
> > ihrem Stetl genau so weiter wie bisher. Der Anteil der Juden an den
> > Bolschewisten mag zwar hoch gewesen sein, aber der Anteil der
> > Bolschewisten an den russischen Juden war eine kleine Minderheit.
> > Und weiterhin lebte auch nur eine Minderheit aller Juden in Rußland.
> > Die aktiven Bolschewisten stellten also nur einen verschwindend
> > geringen Teil aller Juden, und hatten im Judentum auch überhaupt
> > keinen Rückhalt (da sie ja vom Glauben ihrer Väter abgefallen waren).
>
> Kannst du das denn tatsächlich auch belegen? Ich glaube kaum, dass
> Hohmann auf Luftschlösser gebaut hat, in seiner Rede. Er dürfte auch
> seine Quellen haben.

Von 1917 habe ich im Internet keine Zahlen gefunden, kann sie aber
auf Wunsch gerne aus anderen Quellen besorgen. 1933 lebten in der
Sowjetunion ca. 2,5 Mio. Juden, auf der ganzen Welt ca. 15,3 Mio.
(http://www.ushmm.org/wlc/article.php?ModuleId=10005161). Das sind
natürlich nur grobe Schätzungen, aber die Proportionen werden in etwa
hinkommen.

> > Selbst wenn also überdurchschnittlich viele Juden an den damaligen
> > Erschießungskommandos beteiligt gewesen sein sollten (was unter den
> > Historikern umstritten ist),
> > ist eine Verantwortung des (damaligen)
> > jüdischen Volkes für diese Taten wirklich völlig an den Haaren
> > herbeigezogen. Das wäre in etwa so, als würde man die gesamte
> > christentliche Glaubensgemeinschaft für den Einmarsch im Irak
> > verantwortlich machen, weil Bush und die meisten amerikanischen
> > Soldaten Christen sind.
>
> Ich glaube, du verrennst dich da. Ich glaube nicht, dass Hohmann
> meinte, dass das jüdische Volk in seiner Ganzheit für diese Taten
> zumindest eine Mitverantwortung tragen muss. Er meint schon jene
> Juden, die aktiv beteiligt waren.
Warum spricht er dann vom jüdischen *Volk*?

> Es waren ja schließlich auch nicht
> alle Deutschen im dritten Reich KZ-Aufseher oder Lagerkommandant oder
> in den Liquidierungs-Kommandos tätig und trotzdem spricht man von
> einer "deutschen historischen Verantwortung" für die Greueltaten des
> 2. Weltkrieges! Deshalb verstehe ich nicht, was so ein Brimborium um
> diese Äußerung gemacht wird. Andersherum ist das doch auch in
> Ordnung, dass von "den Deutschen" gesprochen wird und nicht jeder
> einzeln beim Namen genannt wird. Denn der Anteil der tatsächlich an
> Kriegsverbrechen beteilgten deutschen Zivilisten war ebenso
> verschwindend gering,wie der der bolschewistischen  Juden.

Das ist eben genau der Unterschied zum dritten Reich. Auch wenn
natürlich nur eine Minderheit der Deutschen während des Krieges
tatsächlich Menschen umgebracht hat, so hat doch eine sehr große
Mehrheit Hitlers Politik insgesamt (inklusive Judenverfolgung und
Landgewinnung) unterstützt. Dagegen hatte die große Mehrheit der
Juden zu diesem Zeitpunkt mit dem Bolschewismus gar nichts am Hut.

> > Ähnlich läuft es immer wieder auch bei der Kritik an Israel. Z.B.:
> > Sharon befiehlt die Ermordung eines Hamas-Funktionärs. Antisemitische
> > Reaktion: "Die Israelis sind Mörder".  Sind sie eben nicht.
> > Vielleicht kann man Sharon als Mörder bezeichnen, vielleicht auch
> > diejenigen Soldaten, die den Auftrag ausgeführt haben, aber bestimmt
> > nicht 'die Israelis'.
>
> Da is er ja wieder, der mit der goldwaage. Denkst du wirklich, einer
> der - noch immer emotionsgeladen ob dieser Verbrechen - "die Israelis
> sind Mörder" schreit, meint ernsthaft alle Israelis?? Einer der dies
> tatsächlich so plump verallgemeinern würde, wäre vielleicht ein
> Antisemit, höchstwahrscheinlich sogar. Aber das ist es eben, zu oft
> wird der Fehler gemacht, sich an unbedachten Äußerungen, die oft gar
> nicht so pauschal gemeint sind, wie sie rüberkommen, aufzuhängen und
> hochzuziehen. Denn schließlich ist auch ein Scharon ein Israeli. Auch
> jene Mördersoldaten sind Israelis und jene im Volk, die Scharon bei
> der nächsten Wahl wieder wählen werden. Natürlich auch jene, die sich
> für Widerstand gegen Scharons Regime stark machen. Alles was ich mir
> wünschen würde, wäre, dass alle etwas besonnener mit dem Begriff
> "Antisemitismus" umgehen würden, bevor sie damit um sich werfen. Eben
> gerade angesichts lodernder Beispiele für Verbrechen in der
> Geschichte, die man tatsächlich als antisemitisch bezeichnen kann.

Aber wenn Du für die Israel-Kritiker in Anspruch nimmst, daß sie
aufgrund ihrer Emotionen mal etwas grob formulieren, dann müßtest Du
doch auch dafür Verständnis haben, daß die Israel-Befürworter aus
emotionalen Gründen etwas voreilig mit der Antisemitismus-Keule um
sich schlagen. Außerdem ist es gerade hier im TF extrem schwierig,
das auseinanderzuhalten, weil sich hier auch echte Antisemiten
tummeln, die genau dieselben Formulierungen benutzen, aber das völlig
ernst meinen (bzw. als Propagandaplattform nutzen).

Emotional verstehen kann ich beide. Das gleiche, was Du
möglicherweise empfindest, wenn Du Bilder der Folgen eines
israelischen Raketenangriffs siehst, fühlen andere, wenn sie die
Bilder der Folgen eines Selbstmordanschlages sehen. Aber auf der
Ebene kann man ja nicht diskutieren, da kann man sich nur verbal
gegenseitig die Köpfe einschlagen (sozusagen in Nachahmung der echten
Gewalt im echten Konflikt).

> > Um den Unterschied deutlich zu machen, hier noch mal zwei Beispiele
> > von Kritik, von der ich mich sehr wundern würde, wenn sie jemand als
> > antisemitisch bezeichnete:
> > - Meiner Meinung nach ist der Bau des Zauns bzw. der Mauer
> > völkerrechtswidrig. Wenn überhaupt, dann dürfte er nur auf der Grenze
> > von vor 1967 errichtet werden, aber nicht innerhalb der
> > palästinensischen Gebiete.
>
> Meine Rede.
>
> > - Ich halte das Abwerfen von Bomben auf Häuser zur Ermordung von
> > Terror-Funktionären für nicht gerechtfertigt. Es kann nicht angehen,
> > daß Unschuldige mit getötet werden, auch wenn dadurch möglicherweise
> > Terroranschläge verhindert werden. Die israelischen Piloten, die sich
> > geweigert haben, derartige Aufträge auszuführen, haben meinen vollen
> > Respekt.
>
> Ich könnte dir aber jetzt eine Reihe von Forenteilnehmern bieten, die
> mich und andere auf eben diese Kritik hin schon zum Antisemiten
> erkoren hatten. Auf jene Kritik am Abwerfen von Bomben über
> Palästinensischen Siedlungen kam dann eben promt das
> Totschlagargument, ich würde lieber diese "völlig gerechtfertigten"
> Racheaktionen anprangern, statt die Terroranschläge in Haifa und
> Jerusalem und eben das mache mich zum Antisemiten. Was soll ich dann
> noch sagen? Da kann ich einfach nur noch den Kopf schütteln.

Da gebe ich Dir völlig recht. Vielleicht lag es aber auch an der
Formulierung (oh je, da schlägt schon wieder meine innere Goldwaage
durch). Immerhin habe ich auf mein letztes posting noch keine solchen
Reaktionen bekommen. Na ja, vielleicht hat es einfach auch keiner
gelesen :-)

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