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  • ShoBeazz

mehr als 1000 Beiträge seit 30.09.2011

Nehmen wir Suchsland mal von vorne bis hinten auseinander

"Die Vergötzung des Körpers liegt darin, dass der gesundheitliche
Gewinn einer Impfung, eine Korrektur des Gebisses oder der Segelohren
als guter Grund für einen chirurgischen Eingriff gilt, der
sozial-kulturelle Gewinn der Beschneidung aber als schlechter Grund."

---> Wer nicht gegen Tetanus geimpft ist, kann schon
lebensgefährliche Probleme bekommen, wenn er auf einen rostigen Nagel
tritt - der Vergleich paßt also schon mal überhaupt nicht.
Über Gebisskorrekturen (Zahnspangen) können Kinder zumindest
prinzipiell selber mit abstimmen, das findet nämlich idR zu einem
weit späteren Zeitpunkt statt. Dazu kommt, daß man mit schiefen
Zähnen schlecht essen kann und die Zähne auch leichter erkranken -
eine gesundheitliche Begründung ist also gegeben.

Worin besteht der "sozio-kulturelle Gewinn" der Beschneidung - wird
man unter Juden und Moslems gedisst, gemobbt und ausgegrenzt, wenn
man nicht beschnitten ist? Werden unbeschnittene jüdische oder
muslimische Jungs auf dem Schulhof gehänselt? Wenn dem so ist - haben
wir es hier dann nicht mit einem Einknicken zu tun, das sehr viel
mehr Ähnlichkeit mit der "Markenklamotten"-Debatte hat als mit
Impfungen?

"Deutsche Gerichte ignorieren Taufen, sie ignorieren die religiöse
und weltanschauliche Erziehung durch die Eltern und die Schule, sie
ignorieren mögliche Traumata durch Medienkonsum."

---> Bei all diesen Punkten findet keine Körperverletzung statt. Der
Vergleich ist deshalb unangemessen.

"Nun könnte es aber ja sein, dass auch die Nichtbeschneidung dem
Kindeswohl schadet und dass es neben dem körperlichen auch ein
geistiges, ein seelisches und ein emotionales Kindeswohl gibt."

---> Nein, das könnte nicht sein. Ich kenne niemanden, der seelische
oder emotionale Probleme WEGEN seiner Unbeschnittenheit hätte. Wenn
jemand deswegen, s.o., von seinem sozialen Umfeld geächtet wird, dann
hat er ein Problem mit dem sozialen Umfeld, nicht mit der
Unbeschnittenheit. Da paßt dann der Vergleich mit den Segelohren in
der Tat ganz gut: würde Herr Suchsland eine Bande Rowdies
verteidigen, die seinen Sohn wegen seiner Segelohren ärgern? Wohl
nicht, ebensowenig wie wenn sie ihn wegen fehlender Markenklamotten
ärgerten.

"Ob mit der Beschneidung überhaupt der Körper versehrt wird, liegt im
Auge des Betrachters."

---> Es ist ein deutlich gravierenderer Eingriff als zB. ein Ohrloch
zu stechen. Ein Ohrläppchen hält viel aus und ist nicht sonderlich
empfindlich in Relation zum Penis. 

"Sehr wohl aber gibt es noch das Elternrecht. Die Freiheit also zur
Erziehung der Kinder, die engen Grenzen, die dem Staat bei einer
Einmischung in die Privatsphäre gesetzt sind. "

---> So, jetzt wenden wir mal Ihre Lieblingsargumentation gegen Sie
an: Es KÖNNTE ja auch sein, daß ein Junge MÖGLICHERWEISE gar nicht
beschnitten sein will, daß er es als Eingriff gegen seinen Willen
wahrnimmt, aber dies nicht mehr rückgängig machen kann - ist ein Kind
dermaßen "Eigentum der Eltern", daß sie es nach ihrem Belieben
zurechtschnitzen können, ohne seine Zustimmung?

Es geht nicht nur darum, das Recht der Eltern gegenüber dem Staat
klarzustellen, sondern auch darum, das Recht der Kinder gegenüber den
Eltern, und auch das Recht beider gegenüber einer möglicherweise
restriktiven Religionsgemeinschaft, die mit Mobbing droht, wenn
Sohnemann nicht beschnitten wird. Wenn dem denn so sein sollte.

"Auch Schmerzfreiheit kann ganz und gar nicht das einzige oder
ausschließliche Ziel elterlicher Sorge und ärztlichen Handelns sein.
[...] Bei der Abtrennung der Nabelschnur hört man keineswegs auf "die
Natur" und lässt jene einfach abfallen."

---> Bitte informieren, bevor es noch peinlicher wird. Die
Nabelschnur ist schmerzunempfindlich.

"Vom Ohrlochstechen und Tattoos zu schweigen. Bei allem gilt:
Traumata hin, mögliche Nebenfolgen her, und Schmerzen muss man in
Kauf nehmen. Nur bei der Knabenbeschneidung darf all das nicht mehr
gelten?"

---> Impfungen sind gesundheitlich von Vorteil. Und wer sich
tätowieren läßt, ist im Allgemeinen in der Lage, die Schmerzen
abschätzen zu können, und er tut das freiwillig.

Sagen Sie mal, wollen Sie die Leser verarschen? Derart dumm
zusammengewürfelte unpassende Vergleiche findet man selbst bei den
aktivsten Forentrollen hier selten.

"Seit Jahrtausenden ist Knabenbeschneidung die weitverbreitetste
chirurgische Maßnahme. Sollten von ihr tatsächlich besondere Schäden
zurückbleiben, hätte man das vielleicht inzwischen merken können."

---> http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision#Traumatisierungen

"Die deutsche Politik ignoriert konsequent alle möglichen Chancen,
Kinder in Deutschland wirksam zu schützen, etwa durch Bildung, auch
der zukünftigen Eltern und durch ausreichende Bereitstellung von
Kindertagestätten- und Kindergartenplätzen."

---> Das tut sie allerdings, das tat sie vor dieser Debatte, und das
wird sie auch hinterher tun. Das macht die Debatte deswegen nicht
"schlecht" - eine Debatte über Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen,
weil mal ein paar Saudis eine Bruchlandung in Manhattan hingelegt
haben, wird ja auch nicht dadurch überflüssig, weil die gleichen
Leute, die darüber debattieren, die hungernden Kinder in Afrika
ignorieren.

Daß auch noch so ein "wie kann man sich mit A beschäftigen, wenn doch
gleichzeitig B viel schlimmer ist?"-Ding kommt, paßt leider zu der
enormen Grottigkeit dieses Artikels. Das ist ja noch nicht mal
Polemik, das ist Trash.

Dabei gibt es genügend Möglichkeiten, wie man die
Beschneidungskritiker selber sinnvoll kritisieren kann - daß da
einige teils fragwürdige Argumentationen auftauchen, sehe ich auch.
Es gäbe ausreichend Anschlußmöglichkeiten - diese Diskussion hier auf
G+ ist zB. ganz interessant:

https://plus.google.com/u/0/118359023992790949354/posts/c89CzsA1VVa

Stattdessen haben Sie einen astreinen Trollartikel verfaßt. Das war
leider gar kein großes Kino.

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