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mehr als 1000 Beiträge seit 12.04.2002

Bezug zur USA...

Sorry, aber das 10.000-Zeichen-Limit! Zu kurz, um die Gedanken auf
einmal unterzubringen, die ich die Tage aufgeschrieben habe und die,
wenn ich fertig bin, eine Antwort auf die von Albrecht Müller
gestellte Frage werden sollen[*]. Der vorige Beitrag war nur ein
Ausschnitt, dem es, wie Du richtig bemerkt hast, an einer
ordentlichen Herleitung fehlt. Das Finale muß ich auch noch
formulieren. Was ich vor und nach dem bereits bekannten Ausschnitt
bis jetzt geschrieben habe, macht hoffentlich trotzdem etwas
deutlicher, wie ich auf den USA-Bezug komme:

Sehr geehrter Herr Müller,

zunächst einmal: ich bin Ihnen für Ihr Buch "Die Reformlüge" und Ihre
Bemühungen auch um die laufend aktualisierte Aufklärung auf den
NachDenkSeiten wirklich sehr dankbar.

Sie sagen, Sie verstünden nicht, warum Schröder im Grunde keine
sozialdemokratische Politik macht, jedenfalls wie Sie sie kannten und
mitgestaltet haben. Ich kann nicht in Schröder hineinsehen und daher
müssen meine Antworten nicht richtig sein. Dennoch will ich versuchen
zu erklären, wie ich das sehe.

Dazu muß ich bei dem Ihren Überlegungen zugrundeliegenden Horizont
anfangen. Das ist jetzt nicht abschätzig gemeint, verstehen Sie mich
da bitte nicht falsch. Aber wenn in Ihrem Buch und auf Ihren
NachDenkSeiten das Ausland kaum mehr als in den Größen von Finanz-
und Güterströmen oder als Quelle wirtschaftlicher Kennzahlen zum
Zwecke des Vergleichens vorkommt, dann scheint mir, Sie übersehen
doch etwas Gravierendes.

Im tiefsten Grund handelt es sich um eine Tatsache, die im Laufe des
letzten Jahrhunderts völlig aus der öffentlichen Wahrnehmung
verschwunden war und erst in den letzten Jahren beginnt, allmählich
wieder ins Bewußtsein zu dringen. Die Tatsache, die ich wirklich für
eine solche halte, ist die, daß innerhalb dessen, was wir westliche
Zivilisation nennen, zwei grundlegend verschiedene Ideen des
menschlichen Miteinanders existieren. Und dabei geht es nicht etwa um
Kapitalismus hier gegen Kommunismus da. Das sind nur die beiden
Kehrseiten ein- und derselben, rein materialistischen Medaille. Gegen
beide gleichermaßen steht -wenigstens ansatzweise!- was wir einmal
die Idee des *rheinischen Kapitalismus'* nannten und worunter wir
gemeinhin eine bewußt gewollte und staatlich durchgesetzte
Einschränkung der Profitmaximierung aus im weitesten Sinne
sozialethischen Erwägungen verstanden, ohne damit bereits am Ende
allen Wünschbaren angekommen zu sein. Der Spielraum für diese
gemäßigte Version von purem Kapitalismus, welche die Gründerjahre der
Bundesrepublik Deutschland durchaus positiv prägte und auch die
geistige Grundlage für den europäischen Einigungsprozeß bildete, ist
dem puren Kapitalismus -seiner ihm innewohnenden Logik zufolge- nur
abzutrotzen gewesen, weil und solange es das (vermeintliche)
Konkurrenzmodell des Kommunismus', Staatskapitalismus' oder real
existierenden Sozialismus' (Name ist Schall und Rauch) gegeben hat.

Der sich seit nunmehr 15 Jahren in einem absoluten und unumkehrbaren
Siegeszustand wähnende pure Kapitalismus zeigt täglich und allerorten
aufs neue, daß dieser Spielraum für gemäßigte Varianten seiner selbst
nur noch eine Entwicklungsrichtung haben soll: seinem Ende entgegen.
Organisierte und mit scheinbar unversiegbaren Finanzmitteln
ausgestattete elitäre Zirkel dirigieren Heerscharen von Denkfabriken
und Lautsprechern, die es ihnen ermöglichen sollen, sich den Reichtum
der Völker anzueignen, ohne daß die ihre Lage auch nur erkennen
könnten, weil man sie mit einer Übermacht an Botschaften geistig
gefangenhält.

Aber wer nun meint, das ganze böse Spiel finde nur innerhalb unserer
Landesgrenzen oder ausschließlich auf dem Felde der unmittelbar
wirtschafts- und sozialpolitischen Themen statt, der unterliegt einem
Irrtum. Es gilt, vor zweierlei die Augen nicht länger zu
verschließen: erstens davor, daß diese Kreise -der Politik fast
ausnahmslos aller Nationalstaaten damit weit voraus- international
vernetzt operieren, und zweitens, daß auch die Unmasse irreführender
Botschaften sehr schnell machtlos würde, stünde ihr nicht ein
immenses militärisches Droh- und Aktionspotential zur Seite. Das der
USA.

Nachdem man einige Jahre Zeit hatte, sich die Entwicklung in aller
Welt unter der Schirmherrschaft der sog. *einzig verbliebenen
Supermacht* anzusehen, kamen einige kluge und verantwortungsvolle
Menschen zu dem Schluß, daß es so nicht weitergehen sollte. Der Plan,
den Hegemon wieder einzufangen, muß in dieser Zeit irgendwo gereift
sein.

Daß der Koloß auf tönernen Füßen stand, offenbarte ein kritischer
Blick in dessen Haushaltsbücher. Kraft der Funktion seiner Währung
als Weltleitwährung war er zwar imstande, trotz nicht vorhandener
Deckung die Notenpresse weiter rotieren zu lassen und damit den Strom
seiner anscheinend unerschöpflichen Finanzmittel am laufen zu halten.
Aber die Verschuldung aller Sektoren seiner Volkswirtschaft stieg
dabei derart ins Unermeßliche, daß sie auf dem Wege herkömmlichen
Wirtschaftens nie mehr zu tilgen sein würde. Selbst wenn man den Raub
fremder Ressourcen miteinbezöge, wie sie beispielsweise auf dem
Territorium der untergegangenen Sowjetunion nun scheinbar schutzlos
zur Verfügung standen. Der einzige Ausweg, so lehrte es sie die
Geschichte des 20. Jahrhunderts, konnte für die Supermacht nur noch
in der Zerstörung zahlungskräftiger Weltregionen und deren noch
lukrativeren Wiederaufbau liegen. Sollte der Supermacht eine Lösung
auf diesem Wege NICHT gelingen können, wäre das gleichbedeutend mit
dem ENDE ihrer herausgehobenen Position im Zusammenleben der Völker.
Dann -und nur dann- wäre der Weg für eine neue politische Ausrichtung
der Vereinten Nationen frei, die mit neuer Struktur und Organisation
eine sogar verbesserte Version des rheinischen Kapitalismus' auf
internationaler Ebene, also den Verflechtungen realen Wirtschaftens
angepaßt, beschließen und auch durchsetzen könnte. Aus einer derart
erneuerten UNO könnte dann eines Tages, vielleicht sogar nach dem
Vorbild einer dann voll entwickelten EU, eine demokratisch
legitimierte, dem Gemeinwohl der Menschen dienende Weltregierung
hervorgehen.

Der Rest war beinahe nur noch reine Formsache. Ein Blick auf die
vorentscheidenden Direktiven der Supermacht genügte bereits Ende
1998, um sicher sein zu können, daß sie über kurz oder lang das Thema
Irak auf der internationalen Agenda plazieren würde. Als im November
2002 der Staatschef des Irak begann, im Rahmen des von der UNO
genehmigten Programms "Öl-für-Lebensmittel" das Öl des Landes statt
für US-Dollar für Euro zu verkaufen und auch die bei der UNO
festliegenden Einnahmen daraus von Dollar in Euro konvertieren ließ,
wurde es für die Supermacht endgültig Zeit zu handeln. So kam in
Gestalt der Provokation Saddam Husseins gegen den Dollar als
Weltleitwährung nicht nur eine ultimative Handlungsaufforderung
daher, sondern mit einem Krieg gegen den Irak zugleich auch ein
bestens geeigneter Auslöser eines schon längst medial vorbereiteten
Weltkrieges, in dem angeblich "der Islam" gegen "den Westen" stünde.
Denn auch das Buch von Herrn Huntington und das mühsam "dem Islam"
untergeschobene erste Attentat auf die symbolträchtigen Türme in New
York hatte es schon gegeben, als der Plan zur Eindämmung des Hegemons
gesponnen und vorbereitet wurde. Der Urheber dieses Plans hatte
inzwischen fleißig nach Verbündeten gesucht und als seine Voraussagen
dann auch tatsächlich eintraten, bedurfte es keiner langen
Konferenzen mehr, um das Stück "eine Allianz der Unwilligen findet
sich unter dem Druck einer aus dem Ruder laufenden Supermacht zu
gemeinsamem Handeln zusammen" auf der Weltbühne der internationalen
Diplomatie zur Aufführung zu bringen.

Allmählich schwante es... [das hatten wir dann schon, bis] ... als es
die hoffnungslos uncharismatische Parteivorsitzende Merkel je hätte
werden können, die sich noch dazu bei ihrem allzu offensichtlich
devoten USA-Besuch im Vorfeld des Irakkrieges 2003 in der Bevölkerung
unmöglich gemacht hatte, bis weit hinein in die Anhängerschaft ihrer
eigenen Partei.

Was steht auf dem Spiel? Wieweit sind die Pläne zur Einhegung des
Hegemons über alle Erdteile gediehen? Die Europäische Union ist um
weite Teile Osteuropas erweitert, ein Verfassungsvertrag, der die
Wiedererrichtung des rheinischen Kapitalismus' -wenn zunächst auch
nur auf europäischer Ebene- erlaubt und die weitere Entwicklung von
subversiv agierenden Mitgliedsländern unabhängig macht, befindet sich
(hoffentlich!) auf dem Wege der Ratifizierung, die Allianz mit
Rußland ist gefestigt, die mit China auf gutem Wege. Der von der
Supermacht gewollten Vergiftung im Verhältnis "des Westens" zu "dem
Islam" ist durch die gesicherte Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
zwischen der EU und einem Land mit überwiegend islamischer
Bevölkerung die Spitze genommen, die Regierung dieses Landes Mitglied
in der Allianz der Unwilligen - Großbritannien wird sich über kurz
oder lang entscheiden müssen, ob es nun den Ärmelkanal oder den
Atlantik für breiter hält... In Südamerika sorgt u.a. Chavez für
Hoffnung [...]

Und wie steht der Koloß da? Der Zugriff auf die anscheinend schutzlos
zur Verfügung stehenden Ressourcen auf dem Territorium der früheren
Sowjetunion erweist sich als weitaus schwerer als angenommen. Europa
hat sich durch redlichere Angebote einen Vorteil verschafft, China
spielt mit und schließlich gelang es Putin auch noch, mit Yukos ein
Filetstück wieder in russisches Staatseigentum zurückzuführen. Der
Irakfeldzug wurde nicht zum Auslöser eines alle Probleme lösenden
Weltkrieges fern der Heimat, sondern zu einem so kostenintensiven
Abenteurer, daß bereits im November letzten Jahres der
us-amerikanische Notenbanker Alan Greenspan eine Teil-Kapitulation
der Supermacht erklären mußte, was freilich nur äußerst geringes Echo
in den Medien fand:
> http://www.ftd.de/pw/in/1100939998707.html

<Finale> [die beiden total verschiedenen Grundideen]... schreib ich
noch.

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> [*] www.NachDenkSeiten.de

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