Wohl eher ein abschreckendes Beispiel.
Über den eigentlichen Konflikt in der Ampel erfährt man so gut wie nichts, weil der Frager vor lauter Grünenbashing vergisst, noch Fragen zu stellen, die man als solche bezeichnen kann. Ein Satz wie aus der Überschrift (also anscheinend aus der Sicht des Autors eine besondere Sternstunde journalistischer Fragetechnik) hat in einem Interview nichts zu suchen, da sie gleich mehrere implizite Unterstellungen enthält (Der Interviewte bewegt sich in einer Blase, er verspielt das -wessen?- Vertrauen) und eigentlich gar keine Antwort mehr erwartet oder zulässt. Spätestens an diesem Punkt könnte der Interviewte auch gehen, er ist überflüssig geworden und wird zum Watschenmann und Stichwortgeber des Interviewers.
Über den Kern des Konfliktes, dass Scholz nicht willens oder fähig ist zwischen FDP und Grünen zu moderieren und die Grünen sich schon lange gegenüber der FDP benachteiligt sehen - darüber erfahren wir nichts. Wenn ein Gespräch dermaßen unergiebig ist, dann ist das in erster Linie das Versagen des Fragestellers und nicht des Befragten. Ein guter Interviewer hätte versucht die Tiefe der Risse im Ampelbündnis auszuloten und sein Gegenüber in die Versuchung geführt, etwas zu sagen was er gerne sagen würde aber eigentlich nicht sagen will. Aber alles was wir erfahren ist, dass Audretsch offensichtlich im Gegensatz zum Kollegen May sein Handwerk beherrscht und nichts sagt, wenn er nichts sagen will, und dass May kein Freund der Grünen ist - beides ein bisschen wenig Erkenntnisgewinn für ein Gespräch von mehr als 10 Minuten.
Dass man für Grünenbashing und das Zerrbild "Grüne dürfen im ÖRR nicht kritisiert werden" viel billigen Applaus von den etwa 85% des Publikums bekommt (hier bei TP wahrscheinlich eher 95%), die die Grünen nicht wählen, ist kein Qualitätsmerkmal, sondern plumper Populismus. Unabhängiger Journalismus ist, wenn die Grünen auf den Sack kriegen - so ist anscheinend Suchslands schlichte Gleichung.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.08.2023 15:32).