Schon in den einleitenden Sätzen zeigt sich die ganze Arroganz des Autors:
"Der Stellvertreterkrieg vernichtet Menschen und Geld. Er stellt Geopolitik über Leben. Über die wahre Dimension der Kosten und ihre Profiteure."
Bereits hier stellt der Autor Prämissen auf die an Zynismus kaum mehr zu überbieten sind. Weder die Ukrainer noch die Russen kämpfen für einen fremde Macht. Die ukrainischen Soldaten kämpfen schlichtweg gegen den Untergang ihres Landes, gegen die Vernichtung ihrer Familien und ihrer Kultur (Siehe Aussagen Medvedev und Putin, welche der Ukraine schlichtweg das Existenzrecht absprechen). Und die Russen kämpfen für Russland und nicht für China (glaube ich zumindest). Das ist also sicher kein Stellvertreterkrieg. Auch der zweite Satz ist Zynismus pur. Das Leben der Menschen in den besetzten Gebieten ist in akuter Gefahr. Es wird also nicht Geopolitik über das Leben gestellt, sondern genau anders rum. Kriegsverbrechen geschehen nicht einfach so, sondern werden von einer verrohten russischen Armee (oder Söldnertruppe) bewusst verübt.
Ja, auch mich schmerzt jeder Euro den man Rüstungsfirmen in den Rachen stopft. Da bin ich vielleicht noch beim Autor. Das Geld wär 1000end mal besser in friedlichen Projekten aufgehoben.
Aber dies passiert eben genau deshalb, weil man eben nicht Geopolitik über Menschenleben stellt, sondern genau anders rum. Wenn man nur geopolitisch denken würde, dann könnte man in der Tat sagen: Was interessiert mich die Ukraine (sie ist weder in der EU, noch in der NATO, außerdem ziemlich korrupt)? Soll sie sich Russland doch holen! Solange meine Wirtschaft läuft und wir an billige Rohstoffe kommen ist alles gut. Mag für die Rüstungsfirmen schlecht sein, aber die Auto/Flugzeug/Landwirtschafts/Chemie/Elektronik usw machen zusammen gerechnet mehr Umsatz, wie die Rüstungsfirmen. Gesamtwirtschaftlich gesehen gleicht das Plus der Rüstungsfirmen, die Verluste aller anderen durch den Wegfall Russlands als Geschäftspartner nicht aus. Und wahrscheinlich haben die Strategen im Kreml auch vor 2 Jahren gedacht, dass der Westen die Wirtschaft über die Ukraine stellt und dass ausser ein wenig "du, du, du" nix passieren wird. Nun da haben sie sich diesmal getäuscht.
Desweiteren haben Menschen wie der Autor immer noch nicht kapiert, dass Putin eben NICHT verhandeln will. Er ist tatsächlich ein alter verrückter duschgeknallter Diktator, der nur die Sprache der Gewalt versteht. Es gibt ja ständig Gespräche auf allen möglichen Ebenen. Zuletzt sogar der Friedensplan von China. Wer hat diesen abgelehnt? Natürlich der Kreml. Es ist eben keine Verhandlungsbereitschaft zu sagen: "Die Ukraine muß aufhören zu existieren oder wir kämpfen weiter und wir verhandeln schon mal gar nicht mit der aktuellen ukrainischen Regierung!"
Ich befürchte, dass Einzige was das Töten schnell und nachhaltig beenden kann ist tatsächlich ein Zerfall der RF, nach einer massiven Schwächung der russischen Armee in der Ukraine, auch wenn das entstehende Chaos super gefährlich wäre.
Die Alternativen sind andauerndes Köcheln des Konfliktes oder noch schlimmer die Erfahrung, dass man sich mit Gewalt und wirren Nukelardrohungen ein Land schnappen kann. Geopolitische wäre dies evtl. akzeptabel, aber aber diese Alternativen sind sicher noch um einiges ungemütlicher für das Leben.