alt_und_naiv schrieb am 20.04.2022 22:15:
Bitschnipser schrieb am 19.04.2022 23:35:
alt_und_naiv schrieb am 19.04.2022 21:05:
Bitschnipser schrieb am 19.04.2022 09:21:
Die Amis und die EU sind da in der gleichen Situation.
Beide liefern (ungefähr in gleichem Umfang) Waffen, für beide sind die wirtschaftlichen Einschränkungen gut verkraftbar - die Energielieferungen sind in der Tat ein etwas größeres Problem, aber in der EU gehen die Lichter keinesfalls aus, wenn die Russen den Hahn zudrehen, man wird höchstens rationieren müssen.Ein Teelicht wird wohl anbleiben, aber Blackouts und ein Zusammenbruch der Industrie sind zumindest bei uns vorprogrammiert.
Im Vergleich zu dem, was in der Ukraine geschieht, sind die Folgen wirklich harmlos, und deine Aussage bloß Jammern auf hohem Niveau.
Die Folgen sind eben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht harmlos. Und was in der Ukraine abläuft, verursacht diese Folgen und mildert sie in keinster Weise ab.
Ursache und Wirkung sind völlig belanglos, wenn es darum geht, die Maßstäbe zurechtzurücken.
Und dieses Theater, dass in Deutschland die Lichter ausgehen, ist einfach Panikmache. Selbst wenn Strom rationiert werden müsste, könnte die Industrie weiterarbeiten - es wäre schlecht für die Wirtschaft, na und? Die Amis hatten in WK2 mit weniger Grund sogar regelrechte Kriegswirtschaft, und sie haben's dennoch recht gut überstanden.
Und nein, selbst in einer Kriegswirtschaft (von der DE selbst bei vollen Sanktionen und voller militärischer Unterstützung immer noch weit entfernt wäre) gehen die Lichter nicht aus. Es gibt reichlich historische Erfahrung zum Thema.
An Russland wird Europa nicht fallen, denn ein Vormarsch der russischen Armee würde auf Natoterritorium ebenfalls nuklear beantwortet, ohne dass ein wirkliches Risiko eines Gegenschlags auf die USA bestünde.
Taktische Atomwaffen sind militärisch wenig sinnvoll. Das ist mehr Schau und Drohgebärde als nützlich - was nützt es einem, eine Gegend radioaktiv zu verseuchen, durch die man ohnehin gleich selber durchmarschieren muss?
Strategische Nuklearwaffen würden mit strategischen Atomschlägen auf Agressorenstädte beantwortet, da wäre der volle Nuklearkrieg sehr schnell da, und sobald die erste russische Stadt getroffen ist, ist auch Washington nicht mehr sicher.Korrektur: Ich ging bei taktischen Atomwaffen von Bomben im Kilotonnenbereich aus, also so etwas wie Little Boy oder Fat Man. Bei strategisch hätte ich dann die Bomben im Megatonnenbereich einsortiert.
Es ist eher der Einsatzzweck: Taktisch soll Militäroperationen treffen, strategisch Städte.
Die Sprengkraft ist da eher sekundär.Nun ja, so einen klitzekleinen Unterschied erkennt man zwischen einer Kilotonne und 100 Megatonnen dann schon.
Du übertreibst maßlos.
Selbst die größten regulären Sprengköpfe sind auf 25 MT begrenzt.
Und das sind die Dinger, die man "nur für den Fall" hat, normalerweise liegen Atomwaffen, selbst rein für den strategischen Gebrauch vorgesehene, eher bei 1 MT und drunter.
Nee, so abgekoppelt von den USA, wie du meinst, ist die EU nicht.
Und egal wie's ausgeht: Wenn sich rausstellt, dass sich die Amis ernsthaft vorm Krieg drücken, aber die EU übersteht das, wird sie ihre eigene ETO gründen und aus der NATO austreten. Unwillige Verbündete braucht man nicht.Leider hat Biden ein paar Tausend Argumente, die für einen Verbleib in der Nato sprechen. Seit wann können den Sklaven ihren Herrn wählen.
Schon mitgekriegt? Frankreich ist viele Jahre aus der NATO raus gewesen.
Passiert ist den Franzosen nix.Die haben auch ein paar (wenige) Argumente.
Dass die Franzosen selber Atommacht sind, hat nie eine Rolle gespielt.
DE ist ja auch nicht Sklave der Franzosen. Das ist ziemlich auf Augenhöhe zwischen DE und FR.
Also. Diese Erwartung ist ziemlich kontrafaktisch.
Einen Militäreinmarsch hatte man wohl eher im Warschauer Pakt zu befürchten.Die Androhung eines Einmarschs haben die Niederlande auch schon hinter sich.
Sehr, sehr abstrakt.
Und nur zu einem ganz bestimmten Thema. Ein "Sklave" muss sich ja in allen Belangen nach seinem Herrn richten, aber in punkto Wirtschaft sind die Deutschen sogar ziemlich frech gegenüber den USA - Nordstream II ist ja trotz heftiger US-Kritik durchgezogen worden, das liegt jetzt nur wegen des russischen Einmarschs auf Eis.
Im Osten hatten wir dagegen mehrfach Einmarsch.
Also, tatsächlich. Nicht bloß angedroht.
Und wegen Dingen wie "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", also eigentlich rein inneren Angelegenheiten.
Ich bleib dabei: Die Sklaven waren im Warschauer Pakt, nicht in der NATO.
In der NATO sind einige gleicher als andere, aber es ist eben keine Sklaverei, die kleineren Staaten haben sehr weitgehende Freiheiten.
Herrje, die Ungarn hofieren Putin immer noch, und niemand redet davon, sie zu überfallen...
Selbst Trumps Gelüste zum Austritt aus der NATO sind ja von den US-Militärleuten in Streitkräften und Behörden tatkräftig sabotiert worden. Die Amis wollen da durchaus - Trump und Trumpisten bräuchten mehr als nur eine Amtsperiode, um das einzureißen.
Die inneren Machtverhältnisse der USA kenne ich nicht, und ich bezweifle, dass die Nato aufgegeben würde.
Ich bezweifle das auch.
Aber die Amis müssen im Bündnisfall halt auch liefern, und wenn sie's nicht tun, werden die Europäer ihre Sicherheit eben anders organisieren.Die Frage ist lediglich, wie das Liefern aussieht. Das muss keine militärische Aktion sein, wie die Mehrheit hier zu glauben scheint.
Solange das funktioniert, sicherlich.
Allerdings gibt es auf militärische Agression kaum Antworten, die rein nichtmilitärisch sind.
Sehen wir ja in der Ukraine. Nur mit Sanktionen ist Putin nicht zum Einlenken zu bewegen, das ist ja offensichtlich.
Aber selbst wenn die Amis einen NATO-Austritt verhindern würden: Sie könnten die Europäer kaum daran hindern, ein eigenes NATO-Äquivalent aufzusetzen und die Amis schlicht nicht einzuladen.
Ach, können sie nicht?
Womit denn?
Krieg führen? Dann hätten sie die Europäer nicht mehr nur als Neutrale, sondern als Feinde.
Die Amis können sich so viele Feinde schlicht nicht leisten.
Entsprechende Initiativen gab's ja schon, die Deutschen und die Franzosen haben ja mit der Integration ihrer Armeen ein paar Probeläufe gemacht.
Die Amis versuchen das auf diplomatischem Weg zu hintertreiben, wo sie können, natürlich. Aber offener Druck war da nie - nur wissen die Amis halt auch genau: Wenn sie ihre Bündnisverpflichtungen in der NATO nicht erfüllen, wird die NATO zur leeren Hülle.Abhören von Kanzlerhandys, Sanktionsdrohungen bei NS2, Androhung eines Einmarschs in die Niederlande, wenn der Internationale Strafgerichtshof sich mit Amerikanern beschäftigt, volle US-Kontrolle über Galileo - sicher alles nur Einzelfälle und keine Indikatoren für einen ausgeübten Druck.
Kein Druck, die militärische Zusammenarbeit zu beenden.
Und das mit "volle US-Kontrolle über Galileo" ist auch so ein Märchen. Das haben sich die Amis mal gewünscht, aber nicht gekriegt.
Und, wie gesagt, das ist alles keine umfassende Kontrolle wie bei einem Sklaven.
(Übrigens handeln die Amis da nicht viel anders als die Deutschen innerhalb der EU: Man nutzt sein Gewicht, um sich Vorteile herauszuschlagen. Ich finde das Verhalten der Amis in dieser Hinsicht zwar unangenehm, aber doch ziemlich zurückhaltend, und im Vergleich zu den Russen, die sogar bestimmen, wer Staatspräsident zu sein hat, ist es wirklich eine sehr oberflächliche Kontrolle.)
Und das war halt auch Trumps Absicht.
Nur dass die Europäer durchaus genug Geld für eine eigene Armee hätten, wenn sie denn wollten, aber dann eben auch je nach Bedarf mal militärisch Dinge tun würden, die den Amis nicht in den Kram passen.Dazu müssten die Europäer erst einmal lernen, keine US-Waffen zu kaufen.
Mal kaufen sie die, mal machen sie Eigenentwicklungen.
Ist im Moment relativ egal: Es steht ja kein Krieg zwischen USA und einem EU-Staat an, und bei anderen Konflikten haben die Amis bisher nicht mit der Nutzung ihrer Killswitches gedroht.
Da wäre die US-Rüstungsindustrie auch sehr dagegen, weil die Europäer nach dem ersten derartigen Vorfall garantiert keine US-Waffensysteme mehr kaufen würden.
Und Europa wird Jahrzehnte benötigen, um mit den anderen Großmächten auf Augenhöhe an einem Tisch zu sitzen.
Das liegt mehr an inneren Faktoren der EU als an äußerer Einflussnahme.
Erstmal müsste die EU sich ja auf eine gemeinsame Außenpolitik festlegen. Das wird wohl kaum geschehen, solange Franzosen, Deutsche und Ungarn unterschiedliche Interessen verfolgen - die Franzosen mit ihren Bindungen zum alten Kolonialreich, die Deutschen mit ihren primär merkantilen Interessen und die Ungarn mit ihrer Russlandfreundlichkeit, das geht schlicht nicht zusammen.
Dass die Amis diese Differenzen gern noch befördern, ist bekannt, aber wären die EU-Staaten wirklich an einer stärkeren Integration interessiert, könnten die Amis das wohl nicht verhindern.
Und so wird es halt noch Jahrzehnte und vielleicht auch einen weiteren russischen Krieg brauchen, bis da was wird.