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Re: Russland

Chefu schrieb am 19.04.2022 00:10:

(Russland hat das Bruttosozialprodukt von Italien und exportiert sowieso fast nur noch Rohstoffe, keine Technik - die haben Maschinenbau und Konstruktionsbüros offenbar auf Sparflamme runtergefahren, da war mal mehr).

Mag sein, aber Russland exportiert Kalaschnikows, Ural-Motorräder, Raketen die die Amis ins Weltall bringen weil die Nasa sich zu dumm anstellt, und das sind alles keine Rohstoffe wie Weizenfelder oder Wodka.

Das sind alles Militärinvestitionen.
Aus der zivilen Raumfahrttechnik wollten die Russen übrigens schon vor dem Ukrainekrieg raus, der Wadenbeißer Rogosin ist seit 2018 Chef der neu gegründeten Roskosmos.

Und letztlich haben die Russen nur ein paar wenige Einzeltechnologien.
In punkto Maschinenbau und Ingenieursleistungen ist in der Breite wohl nur noch sehr wenig da, auf der Basis laufen die Fabriken noch, solange sie halt laufen, aber für den Neubau ist man plötzlich auf Lieferungen und Leistungen aus dem Ausland angewiesen.

Ich lese die These, dass Russland eine Kleptokratie sei, und da man Ingenieursleistungen kaum so monopolisieren kann wie Rohstoffförderung (und die Ingenieure häufig sogar intelligent und anspruchsvoll sind, also subversiv), ist dieser ganze Sektor in all den Jelzin- und Putin-Jahren immer weiter ausgetrocknet worden.
Ob's stimmt, weiß ich ohne genaue eigene Kenntnisse natürlich nicht, aber wenn Russlands Export hauptsächlich aus Öl, Gas, Gold und Weizen besteht, dann passt das hinlänglich gut zur These.

Es gab in der Vergangenheit ebenfalls passende Meldungen, dass die russische Staatskasse stark unter schwankenden Rohstoffpreisen gelitten hat. Das hat Putin gezwungen, Sozialleistungen zurückzufahren und Renten zu kürzen, was ihm Proteste und Wirtschaftsprobleme eingetragen hat. Das waren dann so die ersten Schritte in Richtung Erdoganisierung Russlands.

Russland ist schwach, und im Verlauf der letzten Jahrzehnte immer schwächer geworden.
Dass sie ihre Wirtschaft auf militärische Aufrüstung konzentriert haben, hat ihr Militär stärker gemacht, aber selbst das hat nicht für eine überwältigende Übermacht gegen die Ukraine ausgereicht.

In der aktuellen Konstellation sprechen einfach alle, aber auch wirklich alle Faktoren für eine Unterstützung der Ukraine:
* Läuft der Krieg weiter, braucht Russland länger, die verschossenen Hitech-Waffen nachzuproduzieren, und bleibt länger militärisch handlungsunfähig.
* Die Ukrainer wollen kämpfen. Man schickt da keinen unwilligen Verbündeten ins Feld.
* Die Ukrainer betreiben offenbar eine überaus kompetente Kriegführung, d.h. dorthin geschicktes Militärmaterial erfüllt seinen Zweck sehr gut.
* Die Russen betreiben offenbar eine überaus INkompetente Kriegführung, d.h. es besteht die Möglichkeit, dass Russland wieder komplett aus der Ukraine rausgeworfen wird.
* Die inkompetente Kriegführung bedeutet auch, dass das russische Militär in Zukunft an Ansehen und Ressourcen verlieren könnte und Russland weniger agressiv auftritt.

Egal, wie man zu den einzelnen Punkten steht, ob man sie begrüßt oder ablehnt: Die Gründe sind in der Summe einfach zu stark und mobilisieren in den westlichen Gesellschaften zu viele Unterstützer aus zu vielen unterschiedlichen Gründen, dass der Wille zur Unterstützung der Ukraine nachlassen würde.

N.B. die Nasa stellt sich nicht zu dumm an, sie kriegt nur nicht genug Geld.
Origin und Spacex stellen sich nicht unbedingt schlauer an, übrigens, sie betreiben nur Cherry-Picking - sie machen bloß LEO und überlassen alles drüber, inklusive den um ein Vielfaches teureren geostationären Orbit, der Nasa.
Freilich konzentrieren sich die Privaten mehr auf Einsparmöglichkeiten als auf technische Optimierung und erzielen da Ergebnisse, die die Nasa nie interessiert haben, aber die Nasa wird es nutzen.
Und die Privaten hängen alle beide am Tropf der Nasa... nicht nur in Form von Aufträgen, sondern auch mit Subventionen.
Das mit "Nasa stellt sich zu dumm an" ist keine besonders schlaue Perspektive, sag ich mal.

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