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Avatar von joribo
  • joribo

mehr als 1000 Beiträge seit 06.09.2013

Re: Vertreibung aus Deutschland

das Brain-Drain hat ganz konkrete Ursachen.
Die Praktiken zur Beurteilung und Einstellung von Personal ist tief in Perversion abgerutscht.

Die Wirtschaftskrisen haben nicht etwa dazu geführt dass man logisch denkt: "wir brauchen Könner und Macher die Deutschland als Technologieland hochhalten". sondern es hat dazu geführt dass jeder für sich denkt "Oh weh, Wirtschaftskrise, wie sichere ich MEINEN Arbeitsplatz und verbreite Lügenmärchen über meinen Kollegen damit der rausfliegt damit ich drin bleibe."

Statt Qualifikation im Beruf wurde nun plötzlich (seit ca 1990) von den Unis schon angeboten "wie bewerbe ich mich richtig" "Rhetorik im Bewerbungsgespräch" "Soziale Vernetzung als Basis für den Erfolg" (also in Facebook oder Linked-In bei den in Frage kommenden Firmen einen guten Eindruck machen).

Und die ganze Schauspielerei ohne echten Wert für die Firma. stattdessen negativer Wert denn ein Schlips-Yuppie der da seine schönen Powerpoints macht mit den markigen Schlagworten hält eine Kultur hoch die hohl ist. Da werden keine Werte geschaffen, keine Technologie, kein Marktvorsprung. Da präsentiert man sich selber als Einzelperson.

Und wenn der toxische Gruppenleiter/Abteilungsleiter erstmal im Sattel sitzt, stellt er Unfähige ein, die treu-doof-loyal sind und ihn nicht kritisieren sondern als grossen Guru verehren. So sägt ihm keiner am Stuhl oder versucht ihn zu überholen. Und das Niveau sinkt.

Um 1965 hat man noch gedacht "Wenn ich gute Arbeit mache sichere ich die Existenz meines Arbeitgebers und damit auch meine eigene". Diese Identifikation ist verloren gegangen.

Warum?
Weil im Liberalismus jede Firma über kurz oder lang von Investoren übernommen wird. Die sanieren von ganz oben herab, Kritik ist nicht möglich, wer kritisiert fliegt als Erster raus. Wer gute Arbeit geleistet hat, das bestimmen völlig hilflose externe Personaler aufgrund von Gerüchten. Da werden auch mal die Besten rausgeworfen und zum Sündenbock gemacht weil der "liebe Kollege" es geschafft hat sich bei einem der Entscheidungsträger einzuschmeicheln. Lottospielerei bzw russisches Roulette, der Arbeitnehmer hat selber nicht mehr die Korrelation zwischen guter Arbeit und sicherem Arbeitsplatz.

Warum soll er sich also für die Firma opfern? Karriere sichern heisst die Devise! War das in den 60ern noch 5-10% so ist es heute 50-75% der geleisteten Arbeitszeit.

Und VORSICHT. Wer fleissig ist dem kann das negativ ausgelegt werden. Ich habe zB Weihnachten 1987 durchgearbeitet um ein Projekt zu retten was von meinem Vorgesetzten ins Chaos geführt worden war. Ergebnis "Ach siehmal der Herr Joribo, der muss aber ein schlechtes Gewissen haben, jetzt klotzt er selbst Weihnachten noch ran um SEIN Projekt zu retten". Und damit war das Kohlen-aus-dem-Feuer-holen für jemanden anders und für die Firma plötzlich der ..."verzweifelte Versuch die eigenen Fehler wieder gutzumachen".

Und dasselbe wiederholte sich 1997 als mich der Geschäftsführer innig bat doch auf einer Baustelle eine nicht funktionierende Baugruppe zum Laufen zu bringen. "Keiner ausser du kann das, bitte hilf uns, der Kunde zahlt sonst nicht". Ok. ich habs gemacht und mir die Wochenenden um die Ohren geschlagen. "Wann haben SIE denn endlich IHREN Pitch zum Laufen gebracht ?!" tönte es mir dann in ganz SH entgegen.
Dabei hatte ich diese Blattverstelleinheit nie zuvor gesehen und weder geprüft noch abgenommen noch konstruiert. Aber ich war ganz offensichtlich schuldig für die Fehlfunktion da ich ja so fleissig daran arbeitete diese Fehler zu eliminieren.

Und warum dreht sich engagierte und erfolgreiche Arbeit zum Makel?
Weil da die lieben Kollegen im Hintergrund fleissig solche Lügenmärchen verbreiten. Weil sie nämlich selber sehen dass die Firma X (unser gemeinsamer Arbeitgeber) in Zahlungsunfähigkeit ist und es schon nächsten Monat kein Gehalt mehr gibt. Jeder kämpft ums Überleben und da gibt es keine Moral oder Fairness mehr.

So könnte ich noch zig weitere Selbstmord-Phänomene der Wirtschaft /Industrie/Erwerbsleben aufzählen, will aber den Leser nicht langweilen.

Aber wen wundert es dass da der Diplom-Ingenieur sich weltweit bewirbt. Und geht dahin wo am wenigsten Perversität herrscht.

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