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  • observer3

mehr als 1000 Beiträge seit 31.12.2005

Die israelische Regierung Scharon hat viel Sympathie in Europa verspielt

Ein hervorragender Artikel von Uri Averny. Vielen Dank. Es ist
wohltuend solche kritischen Stimmen aus Israel zu hören. Es gibt sie.
Genauso wie es die israelischen Piloten und Soldaten gibt, die sich
menschenverachtenden Einsätzen gegen palestinensische
Flüchtlingslager widersetzt haben. Diese Menschen sind die
Hoffnungsträger eines Friedensprozesses im Nahen Osten!
Die Gefahr, die Averny beschreibt ist durchaus real. Die derzeitige
israelische Politik könnte ein Aufleben des Juden-Hasses in Europa,
und möglicherweise auch in den USA befördern. Gerade desshalb aber
ist es von äusserster Wichtigkeit, zwischen spezifischer Kritik an
israelischer Politik und undifferenziertem Judenhass zu
unterscheiden. Durch die in jüngster europäischer Geschichte
begangenen monströsen Verbrechen an europäischen Juden, ist dieser
Themenkomplex hochgradig irrational aufgeladen - bei allen Seiten -
was eine rationale Debatte und vernünftige Lösungen für den
israelisch-palästinensichen Konflikt im Nahen Osten erschwert, wenn
nicht gar verhindert.
Zunächst: Neuere genetische Studien haben gezeigt, dass in Israel
lebende Juden und die dort sowie im Umland lebenden Palästinenser
genetisch nahezu identisch sind. Es gibt also keine sachliche
Grundlage für einen rassistischen Konflikt.
Bleibt die Religion. Man sollte die Gefährlichkeit dieser grössten
Geissel der Menscheit nicht unterschätzen. Besonders die
mono-theistischen Religionen wie die christliche, die islamische und
die jüdische mit ihrem allmächtigen mal gnädigen, mal barbarisch
strafenden Gott, ihren Menschenopfern (man denke z.B. an Abraham, der
seinen Sohn Isaak schlachten sollte, oder an Jesus, der qualvoll am
Kreuz hingerichtet wurde, damit die Christen von einer im dunklen
liegenden Ur-Sünde erlöst werden) und ihrer jenseitsgewandten
Heilserwartung sind in der Lage Menschen "im Namen Gottes" zu den
schändlichsten Verbrechen zu treiben. Die Geschichte ist voll von
solch wahnsinnigen Verbrechen. Im christlich geprägten Abendland
übertug sich die Heilserwartung nach der Trennung von Staat und
Kirche auf politische Religionen wie den Nationalsozialismus.
Im Namen und im Auftrag ihres Gottes töten und morden nicht nur
islamistische Terroristen. Auch der israelische Präsident Rabin wurde
von einem fanatisch religiösen jüdischen Terroristen ermordet. Danach
wurde der begonnene Friedensprozess mit den Palästinensern
abgebrochen. Die Regierung Scharon betrieb eine religiös bestimmte
menschenverachtende Politik der Militärschläge gegen palästinensiche
Flüchtlingslager. Palästinensische politische Führer wurden gezielt
ermordet. Ein trauriger Höhepunkt war die Ermordung eines blinden
gehbehinderten über 70-jährigen islamischen Geistlichen mit einer
Rakete aus einem Hubschrauber. Solch ein Akt des Terrors ist durch
nichts zu rechtfertigen - egal was der Mann gepredigt hat. (Was wäre
wohl in der "Christenheit" los, wenn der fundamentalistische
US-Christen-Prediger Pat Robertson, der zur Ermordung des
venezuelanischen Präsidenten aufrief, per Raketenangriff ermordet
würde?). Hier kommt die alttestamentarische Politik der "Vernichtung
der Feinde Israels" zum Ausdruck.
Natürlich ist die palästinensische Seite genauso verantwortlich für
den Konflikt. Die anhaltenden Selbstmordanschläge in Israel sind
durch nichts zu rechtfertigen und tragen erheblich zu einer
Verhärtung der israelischen Politik bei. Man muss aber auch sehen,
dass sie die Folge der Verteibung, Entrechtung und der Jahrzehnte
anhaltenden militärischen Gewalt mit vielen Todesopfern sind, die dem
palästinensischen Volk durch den Staat Israel angetan wurden. Wer
hinieden nicht mit Würde leben kann, der ist anfällig für
islamistische Heilsversprechungen. Teilweise sind diese Attentate
auch Rache-Aktionen, wie der Fall der palästinesischen Studentin, die
wenige Tage zuvor miterlebte, wie israelisches Militär ihren Bruder
verhaftet und vor ihren Augen erschossen hatte.
Die israelischen Regierungen sind (nachvollziehbar) durch den
Holocaust traumatisiert. Desshalb haben sie die atomare Bewaffnung
vorangetrieben. Bevor es ein zweites Mal zur Vernichtung einer
grossen Anzahl jüdischer Menschen kommt, sollen eher alle anderen mit
Atomschlägen vernichtet werden. Jede militärische Aufrüstung
arabischer Länder können die Regierungen Israels daher nur als
Bedrohung begreifen. Aber absolute Sicherheit ist ein Wahn: Es gibt
sie erst, wenn alle anderen tot sind. Europa steht unter dem Einfluss
der Schuld am Holocaust und schaut daher weg, wenn sich Israel
völkerrechtswidrig atomar bewaffnet. Deutschland beliefert dieses
Jahr Israel mit 3 U-Booten, wovon eines ein Geschenk ist. Die
Torpedo-Schächte dieser Bote sind zur Aufnahme israelischer
Nuklearwaffen geeignet, bzw. können ohne grossen Aufwand umgerüstet
werden. Tatsächlich steht Europa aber auch in der Schuld der
Palästinenser. Die Judenvernichtung hat nicht in den arabischen
Ländern, sondern in Europa stattgefunden - da hat der iranische
Präsident ausnahmsweise Recht. Europa hat nicht einen Bruchteil der
Mittel, die für die Aufrüstung und Förderung Israels bereitgestrellt
wurden, den Palästinensern für den Aufbau eines eigenen Staates
zukommen lassen.     
Wenn auch die USA die Haupt-Verantwortung für den Irak-Krieg tragen,
so hat die Regierung Scharon über ihre Lobby in Washington doch
unbestreitbar auf diesen Krieg hingewirkt und ihn öffentlich
begrüsst. Das kann, wie Averny zu recht sagt, irgenwann
zurüchschlagen. Je weiter sich die Konflikte im Nahen Osten
zuspitzen, desto grösser wird die Gefahr unkontrollierter
Hass-Reaktionen. Toleranz ist die unbedingte Voraussetzung jeder
Konflikt-Lösung. Und die geht zunehmend verloren - auch in unserer
Gesellschaftschaft. In dieser Hinsicht bewegen wir uns zurück ins
Mittelalter. Das gilt insbesondere gegenüber fremden Kulturen, denen
man schlicht ihre Daseinsberechtigung abspricht, wenn sie nicht
unseren Wertvorstellungen genügen. Die Stammes-Gemeinschaften in den
arabischen und persischen Ländern sind heute von einer kulturellen
und realen Vernichtung bedroht, wie seinerzeit die indianischen
Stämme Nordamerikas.
Es sind die einfachen menschlichen Regungen die vereinzelt als
Hoffnungsschimmer auftauchen. Wenn ein israelischer Minister eine
palästinensische Frau auf den Trümmern ihres von der iraelischen
Armee zertstörten Hauses wahrnimmt, und ihn dieses Elend erinnert an
seine Grossmutter, auf den Trümmern ihres Hauses, zerstört von den
Nazis in Polen. Wenn er dies auch noch öffentlich ausspricht, im
israelischen Parlament, dann ist dies ein Stück funkelnder reinster
Menschlichkeit. Es sind diese Menschen, die am Meisten beitragen zur
Vehinderung der Ausbreitung von Terror und neuem Antisemitismus. Uri
Averny ist einer von ihnen.  
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