Tloen schrieb am 1. Juni 2003 22:25
>
> Ja A. das ist mir alles vollkommen klar. Diese Analyse ist mir sehr
> wohl vertraut. Ich glaube nur nicht, dass wir, wie durch ein Wunder
> des Himmels, Leute geschickt bekommen, die mit einem Male kompetent,
> offen, integer, intelligent, weitsichtig, der Korruption unverdächtig
> usw. sind. Ich will nicht ausschließen, dass es doch eintritt, aber
> meinst Du nicht, dass beten zu Gott oder zu den Göttern eine etwas
> schwache Dienstleistung ist heutzutage? Ich glaube auch nicht, dass
> durch einen punktuellen Eingriff in das System, wie sie Dein
> Vorschlag intendiert, die politischen Tugenden, die Diderot,
> Montesqieu u.a. im 18ten Jahrhundert, dem vernünftigen,
> idealistischen Volksvertreter, der am Ende doch in Platons
> Ideenhimmel das Allgmeinwohl zu lesen verstand, hergestellt werden.
> Solche Leute mögen auch heute noch existieren, auch in den Parteien,
> aber sie werden vom politischen System verbraucht. Dass sie überhaupt
> noch darin existieren können, ist der Grund, warum wir die
> Demokratie, trotz all ihrer Schwächen akzeptieren.
>
Da ist doch offensichtlich etwas faul am parlamentarischen System.
Man hört zwar, nicht das System habe versagt, sondern die Moral. Das
System sei gut, nur einige Menschen seien schlecht. Wer das
Durchschnittsalter des Schröder-Kabinetts von 57 längst erreicht
hat, wie Wolfgang Thierse oder einfach die Geschichte kennt, wird
hier das Kernargument der Marxismusverteidiger wieder erkennen: Das
System ist gut, man muss nur die Menschen verändern. Die Frage muss
also sein, was ein parlamentarisches System wert ist, wenn es Leute,
denen es so deutlich an Moral mangelt, für so langer Zeit in so
großer Zahl in solche Parlamenten bringt und sie dort so lange
misswirtschaften lässt, bis so große Schäden angerichtet sind.
Die Not der Bundesregierung, die aus Eichels Appellen spricht,
beschreibt der Finanzminister so: "Unser Land befindet sich in einer
wirtschaftlich und sozial äußerst schwierigen Lage. Drei Jahre in
Folge mit wirtschaftlichen Stagnationstendenzen hat es in den
vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. Deutschland ist seit Mitte der
90er Jahre beim Wachstum hinter andere Länder zurückgefallen." Die
Schuld sieht der Minister in "der wachstumshemmenden Finanzierung der
Einheit und in versäumten Strukturreformen der Kohl-Regierung, die
wir nicht so schnell nachholen können". Darf man zumindest fragen,
was die Schröder Regierung in den letzten fünf Jahren überhaupt
gemacht haben.
Hans Eichel hat nur für sich richtig vorgesorgt (Rentenanspruch für
450 Jahre) und vertreibt sich jetzt die Zeit auf dem Rat seines
Medienberaters Schmidt-Dequelle mit Briefe schreiben: "Wir müssen den
Sozialstaat retten, indem wir ihn reformieren", schreibt Eichel in
einem achtseitigen Brandbrief an alle Bundestagsabgeordneten von SPD
und Grünen. Und da fragt man sich, wieso braucht ein Finanzministers,
der eigentlich Dorfschullehrer ist, einen Medienberater und nicht
einen Wirtschaftsmathematiker. Und da stellt man sich die Frage –
wieso ausgerechnet die drei Berufsgruppen, – Lehrer, Rechtsanwälte
und Gewerkschafter – die per Definition denken können, - aber nicht
wirklich, - den Sozialstaat retten sollen.
P.S. Sorry, die Theologen wie Rau habe ich vergessen...
>
> Ja A. das ist mir alles vollkommen klar. Diese Analyse ist mir sehr
> wohl vertraut. Ich glaube nur nicht, dass wir, wie durch ein Wunder
> des Himmels, Leute geschickt bekommen, die mit einem Male kompetent,
> offen, integer, intelligent, weitsichtig, der Korruption unverdächtig
> usw. sind. Ich will nicht ausschließen, dass es doch eintritt, aber
> meinst Du nicht, dass beten zu Gott oder zu den Göttern eine etwas
> schwache Dienstleistung ist heutzutage? Ich glaube auch nicht, dass
> durch einen punktuellen Eingriff in das System, wie sie Dein
> Vorschlag intendiert, die politischen Tugenden, die Diderot,
> Montesqieu u.a. im 18ten Jahrhundert, dem vernünftigen,
> idealistischen Volksvertreter, der am Ende doch in Platons
> Ideenhimmel das Allgmeinwohl zu lesen verstand, hergestellt werden.
> Solche Leute mögen auch heute noch existieren, auch in den Parteien,
> aber sie werden vom politischen System verbraucht. Dass sie überhaupt
> noch darin existieren können, ist der Grund, warum wir die
> Demokratie, trotz all ihrer Schwächen akzeptieren.
>
Da ist doch offensichtlich etwas faul am parlamentarischen System.
Man hört zwar, nicht das System habe versagt, sondern die Moral. Das
System sei gut, nur einige Menschen seien schlecht. Wer das
Durchschnittsalter des Schröder-Kabinetts von 57 längst erreicht
hat, wie Wolfgang Thierse oder einfach die Geschichte kennt, wird
hier das Kernargument der Marxismusverteidiger wieder erkennen: Das
System ist gut, man muss nur die Menschen verändern. Die Frage muss
also sein, was ein parlamentarisches System wert ist, wenn es Leute,
denen es so deutlich an Moral mangelt, für so langer Zeit in so
großer Zahl in solche Parlamenten bringt und sie dort so lange
misswirtschaften lässt, bis so große Schäden angerichtet sind.
Die Not der Bundesregierung, die aus Eichels Appellen spricht,
beschreibt der Finanzminister so: "Unser Land befindet sich in einer
wirtschaftlich und sozial äußerst schwierigen Lage. Drei Jahre in
Folge mit wirtschaftlichen Stagnationstendenzen hat es in den
vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben. Deutschland ist seit Mitte der
90er Jahre beim Wachstum hinter andere Länder zurückgefallen." Die
Schuld sieht der Minister in "der wachstumshemmenden Finanzierung der
Einheit und in versäumten Strukturreformen der Kohl-Regierung, die
wir nicht so schnell nachholen können". Darf man zumindest fragen,
was die Schröder Regierung in den letzten fünf Jahren überhaupt
gemacht haben.
Hans Eichel hat nur für sich richtig vorgesorgt (Rentenanspruch für
450 Jahre) und vertreibt sich jetzt die Zeit auf dem Rat seines
Medienberaters Schmidt-Dequelle mit Briefe schreiben: "Wir müssen den
Sozialstaat retten, indem wir ihn reformieren", schreibt Eichel in
einem achtseitigen Brandbrief an alle Bundestagsabgeordneten von SPD
und Grünen. Und da fragt man sich, wieso braucht ein Finanzministers,
der eigentlich Dorfschullehrer ist, einen Medienberater und nicht
einen Wirtschaftsmathematiker. Und da stellt man sich die Frage –
wieso ausgerechnet die drei Berufsgruppen, – Lehrer, Rechtsanwälte
und Gewerkschafter – die per Definition denken können, - aber nicht
wirklich, - den Sozialstaat retten sollen.
P.S. Sorry, die Theologen wie Rau habe ich vergessen...