Mit Franz Alt bin ich alt geworden, doch im Gegensatz zu ihm - als Verfasser mehrerer Jesusbücher möge er mir diese kleine Spitze im Sinne der Bergpredigt verzeihen - habe ich dazugelernt.
Die Probleme sind weit vielschichtiger, als es meistens dargestellt wird. Die Fokussierung alleine auf Schlagwörter wie "Klimawandel" oder "Wachstum" wird der Sache nicht gerecht, selbst wenn man alles noch irgendwie in CO2-Äquivalente oder dem BIP reinmodellieren kann. Für Normalbürger werden die Dinge gerade deswegen noch undurchsichtiger.
Womit ich beim grössten Problem bin: der alle Lebensbereiche durchdringenden Propaganda. Leider benutzt auch der alte Herr unsachliche Begriffe wie "Klimawandel-Leugner".
Auch "Grünes Wachstum" ist inzwischen ein Propagandabegriff geworden, so wie Klimawandel, Nachhaltigkeit, Veganismus usw.. Und mit allem wird Geld gemacht. Fehlt nur noch der Aufdruck 'Vegan' auf dem Klohpapier.
Ich habe heute einige Schokowaffeln aus einem Discounter gegessen. Auf der Plastikverpackung (innen sind je 2 Waffeln nochmals in Plastik verpackt) ist ein grüner Stempel der "Rainforest Alliance" mit einem hübschen Frosch zu sehen. Drunter steht nur "Kakau". Auf der Rückseite lese ich, dass der Kakau für die Waffeln nachhaltig angebaut wurde. Doch stop, dort steht wörtlich: "Wir unterstützen den nachhaltigen Kakauanbau". Alles klar, oder? Im Propagandozän muss man eben ganz genau lesen. Mein Fehler.
Grünes Wachstum oder "eine Balance zwischen der klassischen Ökonomie und einer zeitgemäßen Ökologie" wird es im jetzigen Kapitalismus (bei uns fälschlich "soziale Marktwirtschaft" genannt, wie ua. bei Ulrike Hermann nachzulesen ist) wegen dessen intrinsischer Probleme nicht geben. Das haben Nico Paech - und vor ihm andere - schlüssig belegt. Die weitere Ausplünderung der Erde, sowie die massenhafte Ausrottung in Flora und Fauna durch den Menschen ist nicht aufzuhalten. Das ist meine feste Überzeugung.
Persönlich lebe ich seit Jahrzehnten nachhaltig. Hier mal ein paar Details:
- jährliche Stromnutzung als Single unter 900kWh,
- Zimmertemperatur auch im Winter zwischen 18-20 Grad,
- seit ~ 55 Jahren durchgehend i.d.R. Radfahrer (auch mit Auto), der Rest ÖPNV,
- ein eigenes Auto hatte ich mal zur Sturm und Drang Zeit Anfang der 1980'er und um 2010 ein paar Jahre (ich empfinde Autofahren als langweilig und reine Zeitverschwendung, selbst wenn Pink Floyd läuft),
- als Chroniker esse ich möglichst wenig Fleisch,
- In > 60 Jahren nur 2 Flüge, zuletzt 1986 nach Rhodos. Nebenbei: Ausflug damals mit dem Leihkrad nach Prasonisi. Die letzte Pause machten wir in dem winzigen Kattavia. Im Zentrum gab es 2 Cafes. In dem einen führte uns eine freundliche, ältere Frau nach hinten zu einer kleinen, schmuddeligen, primitiven Kochnische, wo auf einem Herd 2 grosse Töpfe mit Suppe standen. Wir durften auswählen - es war sehr lecker. Danach gesättigt wieder auf den Bock. Das letzte Stück von der Hauptstrasse aus war eine staubig-sandige Piste. Die ganze Gegend, die Sandbank (der Isthmus) war weitgehend menschenleer. Keine Bebauung, keine Wohnwagen. Der Leuchtturmwärter an der Südspitze freute sich über unerwarteten Besuch und begrüsste uns mit Ouzo. Unterhalb in der Bucht schaukelte sein Boot mit Harpune und Schnorchelmaske drauf im glasklaren Wasser. Alles war einfach nur paradiesisch, unvergesslich. Wenn ich heute Bilder von dort sehe: ätzend.
Doch zurück. Trotzdem habe ich noch einen Fussabruck von 5,6 Tonnen CO2/Jahr nach dem CO2-Rechner des UBA. Selbst wenn 83 Millionen Deutsche ab sofort so wie ich leben würden, wie soll ein ganzes Volk auf eine Zielmarke von 1-2 Tonnen CO2/Jahr herunterkommen? Das ist physikalisch unmöglich, würde der fachfremde Lindner sagen. Und er hätte ausnahmsweise mal recht.
Wenn ich mich recht erinnere, gehörten zur christlichen Ethik mal Demut und Bescheidenheit. Demnach lebe ich als Atheist/Antitheist christlicher als die meisten Christen, die doch angeblich die Schöpfung bewahren wollen.
Wir müssten das derzeitige Modell des 'Kapitalismus' im Sinne Nico Paechs total umkrempeln und alle unwilligen Industrieoligarchen zum Teufel jagen. Ich stimme da in vielen Punkten mit Nico Paech überein. Doch das wird leider erst kommen, wenn die Masse der Menschen in den Industriestaaten durch eine Mega-Katastrophe aufwachen und umgestimmt werden. Das ist heute meine feste Überzeugung. Den bewundernswerten Optimismus von Franz Alt kann ich schon lange nicht mehr teilen.
So, das war jetzt ziemlich lang. Zum Schluss (speziell für Franz Alt) noch kurz ein Anreisser aus den Niederungen der Realität zur Entwicklung vor Ort hier in Dortmund, was sehr gut zum Thema passt.
Denn F4F, LG, Grüne, NABU usw. sind seltsam am schweigen, wenn die Stadt eine grosse CO2-Senke, nämlich den nach der letzten Eiszeit entstandenen, citynahen Wald "Westerholz" (auch Fredenbaumpark genannt) aktiv plattmacht und den Profitinteressen von Veranstaltern zum Frass vorwirft.
Seit letzter Woche wird im Westerholz für eine Grossveranstaltung aufgebaut. Ein Laster bzw. Lieferwagen nach dem anderen fährt in den ökologisch sensiblen Bereich mit Wasservögeln, Nutria und ab der Dämmerung Fledermäusen über dem Teich. Ein grosser Teil der Fläche wurde teils quer durch das Unterholz mit einem ca. 3m hohen Bauzaun inkl. Sichtschutz abgetrennt. Der Zugang zu den öffentlichen Toiletten wird dadurch den normalen Spaziergängern verwehrt. Wer mal 'muss', kann die Notdurft ja im Wald verrichten. Auch der Kinderspielplatz ist nicht mehr zugänglich.
Hier sollte F4F mal demonstrieren oder LG sich anketten oder ankleben. Doch von denen und den anderen genannten ist auf weiter Flur niemand zu sehen. Ich vermute mal, die bekommen von der Stadt irgendwelche monetären Zuschüsse. So funktioniert Kapitalismus eben.
Näheres dazu mit Fotos und Fotos von der Waffelverpackung in Kürze unter lohoff.wordpress.com.
MfG