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  • Gibbon

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Re: Warum neue Autobahnen und Brücken bauen?

khr schrieb am 04.11.2020 18:33:

Wir haben ja genug und wenn diese wegen Nichterneuerung nicht mehr benutzt werden können dann stellen wir einfach den Verkehr ein.

In Deutschland stammt der größte Teil der Verkehrsinfrastruktur aus den 60er Jahre welche so langsam aber sicher zerbröselt.

Der größte Teil aus den 60ern ist längst zerbröselt. Was noch steht, ist entweder viel älter oder viel neuer. Brücken aus den 70ern und 80ern sind inzwischen mindestens zweimal totalsaniert worden, und zwar nicht, weil damals gepfuscht wurde, sondern weil sie einfach nicht für die Verkehrslast geplant wurden, die sie inzwischen zu tragen haben. Aus den ursprünglich vorgesehenen 50-100 Jahren Nutzungsdauer sind durch die enorm gestiegene Belastung lächerliche 15-25 Jahre geworden, dann ist ein Neubau oder eine Verstärkung fällig.

Wäre die Autobahn in Hessen nicht schon seit Jahren genehmigt könnte man sie wegen all den Einsprüchen sowieso nicht bauen.

Für die Region wäre es besser, das Nordstück wäre so nie gebaut worden. Sie hätte durch Ost-West-Stichstrecken erschlossen werden müssen, die keine überregionale Abkürzung bieten, sondern den Durchgangsverkehr auf den umgebenden Autobahnen kanalisieren. Die A49 ist das perfekte Beispiel dafür, dass zusätzliche Straßen zusätzlichen Verkehr erzeugen, und wer glaubt, die Straßen zwischen Kassel und Gießen würden entlastet, wenn die A49 mal fertig ist, ist einfach naiv. Sie wird im Gegenteil mehr Verkehr in die Region bringen.

Inzwischen kann man in Deutschland kein Wandrad, keine Eisenbahn, keine Stromleitung, keine Brücke oder Straße bauen ohne das dies erst durch alle Gerichtsinstanzen gehen muss. Irgendjemand wird schon klagen und es versuchen zu verhindern.

Gerade bei der versuchten Wiederinbetriebnahme von Eisenbahnstrecken kann man diese beobachten. Obwohl sonst alle nach "mehr öffentliche Verkehrsmittel" schreien wird eine in der Nachbarschaft sofort bekämpft.

Bei vielen alten Nebenstrecken ist es auch viel sinnvoller, sie als Radschnellweg auszubauen als da wieder mit Gewalt eine Bahn fahren zu lassen, vor allem in Kombination mit Pedelecs. Wenn man sich die alten Fahrpläne und daraus resultierende Tür-zu-Tür-Zeiten ansieht, kann das Rad dabei nicht nur mithalten, sondern ist teilweise sogar schneller und vor allem nicht an einen extrem ausgedünnten Takt gebunden. In den zwei Stunden, die man oft auf den nächsten Zug warten musste, weil sich mehr Züge einfach nicht lohnten, ist man mit dem Rad nicht nur hin, sondern schon halb wieder zurück.

Irgendwie habe ich den Eindruck : Deutschland hat fertig

Nein, Deutschland muss seinen Verkehr neu denken. Einfach immer mehr konventionelle Verkehrswege (Straßen, Bahnstrecken) zu bauen, ist nicht die Lösung. Es muss sowohl die Notwendigkeit von Verkehr gesenkt als auch an weiteren Alternativen und Kombinationen (Rad/e-Kleinfahrzeug - ÖP(N)V) gearbeitet werden.

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