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  • archenoe

mehr als 1000 Beiträge seit 05.02.2004

Notenpresse und Bankensystem

Die Begriffe "Notenpresse" und "Geld drucken" sind irreführend, weil
die meisten Bürger darunter Bargeld verstehen. Dieses spielt aber
eine immer geringere Rolle.

Es geht um Geldschöpfung durch Kredite, weil jeder Kredit "erfundenes
Geld" ist. Selbst wenn nach Basel III die Kernkapitalquote
(Eigenmittel der Banken) von 2 auf 4,5% mit zusätzlichem 2,5%igem
Puffer (= insgesamt 7%) angehoben wird, die Banken also Kredite mit
diesen Eigenmitteln absichern müssen, zeigen diese "Absicherungen",
auch wenn man die Mindestreserve von 2%, die Banken bei z.B. der EZB
hinterlegen müssen, als weitere Sicherungsmaßnahme interpretiert, wie
exorbitant hoch die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken sind. 

Die Zentralbanken (v.a. die EZB) verstanden sich bisher als Hüter der
Währung, also als Steuerungsabteilung der Versorgung des Marktes mit
ausreichender Geldmenge. Die Geschäftsbanken als eigentliche
Geldschöpfer waren und sind an die Zentralbank gebunden:
Refinanzierung = Geldversorgung über verschiedene Verfahren mit
zentral festgelegten Zinsen (z.B. Leitzins) oder Hinterlegung der
Mindestreserve.

Wenn nun Zentralbanken z.B. Staatsanleihen kaufen, bringen sie selbst
unmittelbar Geld in Umlauf, ebenso wie die nationalen Zentralbanken
mit denen im Artikel beschriebenen Maßnahmen.

Das Gezeter darüber ist aber relativ durchsichtig, weil es immer noch
um das gleiche Ziel geht: Schaffung einer ausreichenden Geldmenge für
den kapitalistischen Wirtschafskreislauf, nur dass durch diese
Verlagerungen der Geldschöpfung die privaten Geschäftsbanken, sofern
sie noch nicht (teil)verstaatlicht sind, weniger Einfluss auf diesen
Prozess nehmen können und möglicherweise durch Basel III zusätzlich
ein wenig mehr eingeschränkt werden.

Eine andere Frage ist, ob die Zentralbanken, die teils eine Art Trust
der Geschäftsbanken (FED) oder formal von Geschäftsbanken und Staat
unabhängige, aber vom Staat beauftragte Institute (EZB) oder direkt
als Staatsorgane zu betrachten sind (People's Bank of China), den
Geldsteuerungsprozess in direkterer Form "besser" erledigen können
als die privaten Geschäftsbanken unter Aufsicht der Zentralbanken.
Wichtig ist aber bei der Diskussion dieser Frage die
Vorab-Feststellung, dass die stärkeren Eingriffe der Zentralbanken in
den Geldschöpfungsprozess überhaupt nur durch den Finanzcrash, an dem
private Geschäftsbanken ja wesentlich beteiligt waren, entstanden
bzw. notwendig geworden sind.

Notwendiger ist noch die Frage, ob das Welt-Geld-System überhaupt
noch zu retten ist. Und dahinter steht die noch grundsätzlichere
Frage, ob der Weltkapitalismus überhaupt zu retten ist bzw. überhaupt
gerettet werden soll.
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