"Gen-Food ist nicht ungesund"
Gemeinsame Aktion deutscher Wissenschaftler gegen Gentechnikgesetz
von Norbert Lossau
Berlin - Die Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften hat
gestern in Berlin ein Memorandum zur Grünen Gentechnik
veröffentlicht. Das Papier, so ihr Präsident Professor Gerhard
Gottschalk, sei den Abgeordneten des Bundestages und aller Landtage
zugestellt worden. Damit soll die Ablehnung der geplanten Änderung
des Gentechnikgesetzes durch die Wissenschaft dokumentiert werden,
erklärte Gottschalk in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften.
Im Kern geht es bei der Aktion der Wissenschaftler um die geplante
gesetzliche Festlegung eines Grenzwertes: Wie groß darf der Anteil
gentechnisch veränderter Inhaltsstoffe in einem Lebensmittel sein,
ohne dass dies deklariert werden muss? Die EU hatte hier im September
2003 in einer Verordnung den Wert 0,9 Prozent vorgegeben.
Gottschalk appelliert an die Politik, diesen Wert zu akzeptieren und
nicht zu unterschreiten, wenn hier zu Lande Wissenschaft und
Wirtschaft nicht Schaden nehmen sollen. Die vorgesehenen Auflagen für
den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen würden faktisch das Ende
von Forschung und Entwicklung im Bereich der Grünen Gentechnik
bedeuten. Die Wissenschaftler weisen eindringlich darauf hin, dass
gentechnisch veränderte Lebensmittel in keiner Weise ungesünder als
herkömmliche Produkte seien. Daher sollten die "Parlamentarier die
Tragweite ihrer Entscheidung überdenken", mahnt Gottschalk, "das
geplante Gesetz ist ein Innovationskiller und
Arbeitsplatzvernichter".
Professor Klaus-Dieter Jany vom Karlsruher Bundesforschungsinstitut
für Ernährung gibt zu bedenken, dass im Bereich der
Lebensmittelenzyme bereits die gesamte Industrie Deutschland
verlassen habe und allein 1000 Arbeitsplätze nach Österreich
verlagert worden seien. Ähnliches drohe nun bei der Saatgutindustrie.
Professor Hans-Walter Heldt von der Universität Göttingen betonte,
dass es letztlich irrelevant sei, ob in Deutschland gentechnisch
veränderte Lebensmittel produziert würden. Es gehe vielmehr darum,
dass "wir unser Forschungspotenzial erhalten können". Ein sehr
kleiner Grenzwert würde nämlich zu nicht zu versichernden
Schadenersatzrisiken führen - wenn etwa Ökoprodukte nicht mehr
verkauft werden könnten, weil diese wegen winzigster Spuren als
Gen-Food gekennzeichnet werden müssten. Keine Universität könnte
dieses Risiko eingehen, so dass dann Forschungsarbeiten nur noch im
Ausland möglich wären.
Artikel erschienen am Fr, 10. September 2004
Quelle: http://www.welt.de/data/2004/09/10/330575.html
Gemeinsame Aktion deutscher Wissenschaftler gegen Gentechnikgesetz
von Norbert Lossau
Berlin - Die Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften hat
gestern in Berlin ein Memorandum zur Grünen Gentechnik
veröffentlicht. Das Papier, so ihr Präsident Professor Gerhard
Gottschalk, sei den Abgeordneten des Bundestages und aller Landtage
zugestellt worden. Damit soll die Ablehnung der geplanten Änderung
des Gentechnikgesetzes durch die Wissenschaft dokumentiert werden,
erklärte Gottschalk in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften.
Im Kern geht es bei der Aktion der Wissenschaftler um die geplante
gesetzliche Festlegung eines Grenzwertes: Wie groß darf der Anteil
gentechnisch veränderter Inhaltsstoffe in einem Lebensmittel sein,
ohne dass dies deklariert werden muss? Die EU hatte hier im September
2003 in einer Verordnung den Wert 0,9 Prozent vorgegeben.
Gottschalk appelliert an die Politik, diesen Wert zu akzeptieren und
nicht zu unterschreiten, wenn hier zu Lande Wissenschaft und
Wirtschaft nicht Schaden nehmen sollen. Die vorgesehenen Auflagen für
den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen würden faktisch das Ende
von Forschung und Entwicklung im Bereich der Grünen Gentechnik
bedeuten. Die Wissenschaftler weisen eindringlich darauf hin, dass
gentechnisch veränderte Lebensmittel in keiner Weise ungesünder als
herkömmliche Produkte seien. Daher sollten die "Parlamentarier die
Tragweite ihrer Entscheidung überdenken", mahnt Gottschalk, "das
geplante Gesetz ist ein Innovationskiller und
Arbeitsplatzvernichter".
Professor Klaus-Dieter Jany vom Karlsruher Bundesforschungsinstitut
für Ernährung gibt zu bedenken, dass im Bereich der
Lebensmittelenzyme bereits die gesamte Industrie Deutschland
verlassen habe und allein 1000 Arbeitsplätze nach Österreich
verlagert worden seien. Ähnliches drohe nun bei der Saatgutindustrie.
Professor Hans-Walter Heldt von der Universität Göttingen betonte,
dass es letztlich irrelevant sei, ob in Deutschland gentechnisch
veränderte Lebensmittel produziert würden. Es gehe vielmehr darum,
dass "wir unser Forschungspotenzial erhalten können". Ein sehr
kleiner Grenzwert würde nämlich zu nicht zu versichernden
Schadenersatzrisiken führen - wenn etwa Ökoprodukte nicht mehr
verkauft werden könnten, weil diese wegen winzigster Spuren als
Gen-Food gekennzeichnet werden müssten. Keine Universität könnte
dieses Risiko eingehen, so dass dann Forschungsarbeiten nur noch im
Ausland möglich wären.
Artikel erschienen am Fr, 10. September 2004
Quelle: http://www.welt.de/data/2004/09/10/330575.html