Zunächst einmal danke für die ausführliche Antwort. Sie hat mich angeregt, mich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen.
Ich habe nie behauptet, dass die Ukraine im Falle eines Friedensschlusses keine Kompromisse hätte schließen müssen, insbesondre ein Beitritt zur NATO hätte nicht erfolgen können. Aber, und das ist der springende Punkt, es wäre um Längen besser gewesen als das, was nach April 2022 leider eingetreten ist.
Das aber nur, wenn sich Russland auch an die Abmachung gehalten hätte. Aus westlicher Sicht hatte Putin ja bereits die Minsker Abkommen von Anfang an hintertrieben und gebrochen. Die Absprachen in Istambul betrafen aber nicht nur die Ukraine sondern auch die Garantiemächte. Vor allem Boris Johnson äußerte mangelndes Vertrauen in Putins Zusagen.
Zudem existierte bei Abbruch der Verhandlungen noch kein fertig ausgehandelter Vertrag, wie Putin behauptete. Laut Bennet waren die Modalitäten der Sicherheitsgarantien und die territorialen Fragen zum den russisch besetzten Landesteilen Donbass und Krim weiterhin nicht geklärt. Unterschriftsreif war da gar nichts.
Putin wedelte in einem Interview zwar mal kurz mit einem „unterschriebenen“ Dokument herum, er hat es aber nie veröffentlicht und somit fehlt jeglicher Beweis.
Die ablehnende Haltung von Boris Johnson könnte Selenski dazu bewogen haben, die Verhandlungen abzubrechen. Bennet hat sich diesbezüglich in einem Interview geäußert. Es gibt aber keinen Beweis, dass dies so war. Die Entscheidung für den Abbruch lag bei der Ukraine, nicht beim Vereinten Königreich.
Zudem haben Teilnehmer der Verhandlungen aus der ukrainischen Delegation in einem Interview erklärt, man habe dem russischen Angebot, den Angriffskrieg zu beenden, wenn die Ukraine auf einen Nato Beitritt verzichten und sich weitgehend entwaffnen würde, keinerlei Vertrauen entgegengebracht.
Bennet bewertete später in einem Interview das Massaker von Butscha als den Zeitpunkt, an dem eine Einigung zwischen den Verhandlungspartnern nicht mehr möglich war.
Und dem was zweifelsohne noch kommen wird, nämlich dem Verlust aller Gebiete der Ukraine, in der die russischstämmige Bevölkerung die Mehrheit bilden. D.h. die Ukraine wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Zugang zum Schwarzen Meer verlieren und bis auf einen kleinen, eigenständig wohl nicht mehr lebensfähigen Rest im Nordwesten von der Landkarte verschwinden.
Ob dies so kommen wird, hängt nach meiner Einschätzung stark davon ab, ob Russland bereit ist, den Preis dafür zu bezahlen. Eine so genannte russischstämmige Bevölkerung ist, abgesehen von der Krim, in der Ukraine schwer auszumachen. Viele Ukrainer sprechen heute russisch, weil die ukrainische Sprache während der Sowjetunion unterdrückt wurde. Das scheint für diese Menschen aber kein Grund zu sein, sich dem Putin-Regime anzuschließen. Kharkiw ist z. B. eine komplett russischsprachige Stadt. Dennoch haben sich ihre Einwohner mutig gegen die russischen Angriffe verteidigt. Das Gleiche kann man von Odessa behaupten.
Dieser "Rest" wird dann wohl Polen, Rumänien und Ungarn zugeschlagen werden, die historisch betrachtet auf diese Gebiete durchaus Ansprüche geltend machen können.
Zumindest Polen und Rumänien haben sich diesbezüglich eindeutig geäußert. Da gibt es wohl kein Interesse aus revanchistischen Gründen wieder Grenzen zu verändern. Sollte die Ukraine der EU und dem Schengener Abkommen beitreten, tritt die Bedeutung der alten Grenzen ohnehin in den Hintergrund.
Damit Sie mich richtig verstehen, ich finde das auch nicht gut, aber dieser Ausgang wird kaum mehr zu verhindern sein, die USA sind offenbar nicht mehr interessiert und Frankreich und Konsorte fehlt bei Weitem die militärische Stärke.
Das wird sich zeigen. Europa ist aus meiner Sicht wirtschaftlich und militärisch durchaus in der Lage, der russischen Armee paroli zu bieten, wenn es will. Die Bereitschaft dazu scheint gerade eher zu steigen als zu sinken. Die Frage ist, ob die Ukraine noch so lange durchhält, bis der träge Tanker EU gewendet hat. Die Frage ist auch, ob Trump nach einem möglichen Wahlsieg jegliche Hilfe für die Ukraine verweigert. Schließlich war er es, der als Erster Panzerabwehrwaffen an die Ukraine geliefert hat.
- Putin, bei zahlreichen Gelegenheiten, letztmals im Februar 2024 während des Interviews durch Tucker Carlson.
Putin wird auch schwerlich eine Geschichte widerrufen, die seine Medien stark befeuern.
- Harald Kujat, 4 Sterne NATO-General sagt exakt das Selbe
Kujat bläst in das Horn Putins, schließlich wird er durch einen von Putins Think Tank bezahlt.
Kujat hat in der Vergangenheit schon öfter die Geschichten der russischen Propaganda vertreten, z. B. behauptete er noch lange nachdem klar war, dass 2014 die Invasion im Donbass mithilfe russischer Truppen durchgeführt wurde, dass es dort keine russischen Truppen gäbe.
Thali Bennet (damaliger Premierminister Israels)
Der war bei den Verhandlungen auch nicht dabei und kann nur das wiedergeben, was er von Bennet und Anderen Teilnehmern gehört hat.
Mevlüt Çavuşoğlu, Aussenminister der Türkei
Hier wäre mal interessant, was genau der gesagt hat.
Der deutsche Bundestag hat sich mit dem Thema Boris Jonson sei nach Kiew geflogen um die Friedensverhandlungen zu stoppen befasst
Das ist ja nett, dass er sich damit befasst hat. Gibt es ein Abschlusskommuniquee, welches alle Parteien unterschrieben haben?
- Washington Post, berichtete, dass der Deal mit Unterstützung Israels ausgehandelt worden sei und dass sich Putin und Selensky zur Klärung der restlichen Territorialfragen von Verfassungsrang hätten sich Selensky und Putin persönlich treffen sollen, ein wesentlicher Grund sei, dass Premier Boris Jonson Selensky den Friedensvertrag ausgeredet habe
Die WP kann aber auch nur über das berichten, war Bennet an Vermutungen geäußert hat. Sie ist aber den Beweis schuldig geblieben. Das übliche Rauschen im Blätterwald.
- New York Times, hat den unterschriftsreifen Friedensvertrag veröffentlicht und kongruente Hintergrundinformationen veröffentlicht
Wenn es einen unterschriftsreifen Vertrag gegeben hätte, müssten Bennet und die Ukrainer ja was davon wissen. Die sagen aber was ganz Anderes. Was also hat die NYT da veröffentlicht?
- Ukranische Online-Zeitung Ukrainska Prawda berichtete am 5.5.2022...
Da wird aber mit keinem Wort erwähnt, dass Boris ablehnende Haltung den Ausschlag für den Abbruch gegeben hätte.
Diese Quellen berichten übereinstimmend...
Im Grunde sind das keine Quellen. Die Einzigen echten Quellen sind die Anwesenden bei den Verhandlungen. Das sind Bennet, Johnson und Selenski und die zugehörigen Delegationen. Was die Presse daraus macht beruht auf Hörensagen und Vermutungen. Das heißt nicht, das es nicht so gewesen sein kann. Beweise für diese Vermutungen kann ich aber nicht entdecken.
Nun, angesichts der gegenwärtig vorhandenen Informationen steht es wohl außer Frage, das Boris Jonson im April 2022 den Frieden vereitelt hat.
Solange das die Ukrainer dementieren steht das für mich weiterhin in Frage.