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mehr als 1000 Beiträge seit 01.09.2002

Politik und Geschichte II

--> Fortsetzung

> > Haben Sie sich einmal Gedanken darüber gemacht, wie absurd es ist,
> > einen Krieg mit tausenden von Opfern zu führen, wenn man nur einige
> > wenige Personen fangen möchte? 

> Ich habe mich mißverständlich ausgedrückt. Die Festsetzung oder
> Tötung Herr Bin Ladens war/ist ein Ziel der Amerikaner, doch das
> Hauptziel des Militäreinsatzes in Afg. war die Zerschlagung der
> Operationsbasen der von dem Genannten geführten Mörderbande. In der
> Tat ist es absurd, Krieg zu führen nur um ein paar Verbrecher zu
> fangen; erinnert mich an das amerikanische Vorgehen gegen Noriega.

Es ist schön, daß Sie sich an Noriega erinnern. Der war genau so wie
Usama bin Ladin eine Kreatur amerikanischer Geheimdienste, was auch
kaum ernsthaft bestritten wird.

> > Ich habe das Ultimatum der US-Regierung an die Taliban schon mit dem 
> > Ultimatum verglichen, das die k. u. k. Monarchie mit der Rückendeckung des 
> > Deutschen Reiches an die serbische Monarchie gerichtet hatte. Glauben Sie 
> > vieleicht, daß das Attentat auf den österreichischen Thronfolger die 
> > Ursache für den Ersten Weltkrieg war?

> Nein, ich denke, wir haben da recht nah beieinander liegende
> Einschätzungen. Ich finde aber nicht, dass dieser Vergleich zutrifft. 

Ich denke schon, daß der Vergleich zutrifft oder wollen Sie ernsthaft
behaupten, die Niederwerfung der al Quaida sei das Ziel des
Afghanistanfeldzuges gewesen, nachdem Brzezinski bereits 1998 die
herausragende strategische Bedeutung Mittelasiens festgestellt hatte
und die Verhandlung mit den Taliban über eine Erdgas- und
Erdölpipeline durch ihr Gebiet gescheitert waren?
 
> Wenn kein anderer bereit und in der Lage ist, das Feuer zu löschen,
> sollen wir es also brennen lassen?

Wenn der Brandstifter ganz bestimmt noch weiteres Öl in das Feuer
gießen wird, sollten wir seinen Beteuerungen glauben, er wolle es
löschen?

> Ich teile diese Ansicht nicht, und halte es darüber hinaus für
> infame Legendenbildung, die Mudjaheddin seien von den USA
> 'gezüchtet' worden.

Wofür Sie das halten, ist im Prinzip irrelevant. Der genannte
Brzezinski hatte ebenfalls 1998 in einem schon woanders hier in dem
Forum zitierten Interview den eigenen Beitrag bei der Zucht eben
dieser islamischen Fundamentalisten in Afghanistan herausgestrichen.
Bereits vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen waren amerikanische
Geheimdienste in dieser Einflußsphätre der Sowjetunion präsent um
"ihr ein Vietnam zu schaffen", wie es Brzezinkis, seinerzeit enger
Berater Carters, selbst ausdrückte.

> Ich habe keine Sympathie für
> diese Leute, im Gegenteil, damals war ich auf Seite derer, die die
> amerikanische Unterstützung für die kritisiert haben. Schon zu dieser
> Zeit stand eine gesellschaftlich vergleichsweise hochentwickelte
> Kultur auf der einen und Kämpfer mit (aus meiner Sicht) arg
> primitiven Vorstellungen auf der anderen Seite. 

Im Gegensatz dazu halte ich die Kriegsführung der Sowjetunion dort
für genau so barbarisch wie die der Amerikaner jetzt. Die
Entscheidung über ihre Regierungs- und Gesellschaftsform ist zu
allererst eine Entscheidung der Afghanen selbst.

> Doch diese Kämpfer haben sich die Sowjets durch ihren Einmarsch
> selber geschaffen. Dass im Zuge des Kalten Krieges die USA nach
> Kräften und erfolgreich den afghanischen Widerstand unterstützten -
> na ja, aus heutiger Sicht bin ich fast geneigt zu sagen, sie hätten
> besser den Sowjets die Hand gereicht. Damit wären wir aber beim
> ultimaten Bündnis der Supermächte angekommen, auch kein prickelnder
> Gedanke.

Auch nicht so prickelnd finde ich Ihre ziemlich zynischen Ansichten,
die in Konsequenz darauf hinauslaufen, daß es im Prinzip schon ganz
richtig ist, über Leichen zu gehen, wenn es Ihren selbstsüchtigen
Interessen dient.

> > Bei der Betrachtung der Opferzahlen und der Frage, wer die Opfer
> > sind, sollte man immer noch berücksichtigen, daß eine
> > undifferenfzierte und ziemlich rücksichtslose Kriegsführung, wie sie
> > für die USA typisch sind, einen Sieg erschweren und sogar unmöglich
> > machen kann. 

> Kannst du mir eine Macht nennen, die differenziert und rücksichtsvoll
> Krieg führt? Sieh dir an, was die Russen in Tschetschenien anrichten,
> und vergleiche Grosny mit Belgrad, oder die Opferzahlen in
> Afghanistan mit denen im Kaukasus. Für wen ist noch welche Art der
> Kriegführung typisch?

Habe ich das Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien
verteidigt? Aber interessant ist doch die Haltung des Westens dazu.
Das russische Vorgehen wurde so lange verurteilt, wie man sich eine
weiter Schwächung Rußlands und seine Einflusses im Kaukasus davon
erhoffen konnte. Sobald aber das geschwächte Rußland brav zu kreuze
kroch und Putin Dubya II. die Stiefel leckte, war von einer Kritik
kaum noch etwas zu vernehmen. Plötzlich hat man Verständnis für die
russische Situation.

> > Das war in Vietnam der Fall. 

> Du wirst noch bei den zornigsten Vorwürfen gegen die Amerikaner wegen
> Vietnam von mir keinen Widerspruch hören. Seit dem sind dreissig
> Jahre vergangen, hilfreich ist es zu beobachten, was in jüngerer
> Vergangenheit passierte, und wie es sich von Vietnam unterscheidet.

Es gibt keinen nennenswerten Unterschied und ich habe keinen Anlaß zu
glauben, daß die westliche Politik auch nur im geringsten am
Wohlergehen der Bevölkerung der Länder interessiert ist, über die sie
herfällt. Afghanistan wird dafür noch ein interessantes Beispiel
werden.

> > Wenn der Sieg in Afghanistan relativ leicht war, dann deshalb, weil die 
> > Taliban im Prinzip keine Massenbasis hatten und die Bevölkerung weitgehend
> > indifferent war und ist. Das hätte aber auch zu wesentlich weniger
> > Opfern auf seiten der Zivilbevölkerung führen müssen. 

> Das sagt sich leichter als es umgesetzt ist, insbesondere wenn der
> Feind von unserer Art der Unterscheidung zwischen Kombattant und
> Zivilist keinen Gebrauch macht und man weniger an Uniform und
> Organisation sondern am sichtbaren Tragen einer Waffe den Unterschied
> erkennen kann. Dass weniger zivile Opfer besser wären ist ohnehin
> immer richtig, solange man kein islamistischer Terrorist ist; für den
> verhält es sich umgekehrt.

Daß sich Ihre Haltung oder die von Dr. Seltsam, Crass Spektakel oder
tommix777 von der islamischer Terroristen unterscheidet, kann man
getrost anzweifeln. Auch Ihre Beiträge zeichnen sich immer wieder
durch ein hohes Maß an Menschenverachtung aus. Das kann man auch
weiter unten noch einmal sehen.

> > Das Opferverhältnis zeigt in diesem konkreten Fall, daß die Führung der
> > USA keinerlei Rücksichten auf die Ansichten und Bedürfnisse der
> > Zivilbevölkerung genommen hat. Das kann im weiteren Verlauf dazu
> > führen, daß sich der Zorn irgendwann gegen den Westen richten wird.

> Das ist bereits passiert, passiert zur Zeit, und wird in Zukunft
> passieren. Es ist die Folge des Eingreifens an sich. In meinem Kopf
> spukt seit Jahren, insbesondere nach dem von mir von vorneherein als
> vollkommen überflüssig betrachteten Einsatz in Somalia der Gedanke,
> dass der Westen sich grundsätzlich nicht in die Vorgänge in den
> Problemstaaten dieser Welt einmischen sollte. Mit allen Konsequenzen:
> Hunger? Macht mal selber. Terror, Diktatur? Uns egal. Elend,
> Analphabetismus, Krankheit? Euer Problem. Wir beschränken uns darauf,
> mit ihnen zu handeln. Wir kriegen die Rohstoffe, sie natürlich nur
> Fertigprodukte. Keine Produktionsanlagen, die sich eigentlich immer
> zur Herstellung ganz anderer Dinge als ursprünglich vorgesehen
> verwenden lassen. Der unerlaubte Transfer jeglichen technischen und
> wissenschaftlichen Know-Hows in diese Länder wird unter schwere
> Strafen gestellt.

Genau das ist es, was in den letzten einhundertfünfzig bis
zweihundert Jahren gemacht wurde, mit den heute sichtbaren Folgen.
Die "Problemstaaten" sind eine Folge der Kolonialpolitik sowie der
wirtschaftlichen und militärischen Politik, die der Westen in den
vergangenen Jahrzehnten ihnen gegenüber betrieben hatte.

> Eventuell könnte man auch den Handel weitgehend einstellen,
> jedenfalls, wenn wir einen Weg weg von der Petrochemie finden.

"Erst plündern wir sie aus, dann lassen wir sie links liegen. Und
wenn sie ihr Schicksal nicht akzeptieren wollen, rotten wir sie aus."

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