Saphira (1) schrieb am 26.07.2016 15:56:
{Eskalation durch Gossen- bzw. Bau-Sprache}
D'accord.
Es geht, wie Du schon richtig festgestellt hast, immer darum, wie jemand damit umgeht, und darauf wollte ich letztendlich hinaus. Jemand, der psychisch gefestigt ist, der wird zunächst versuchen, zu de-eskalieren und zu analysieren, warum jemand jetzt so völlig daneben babbelt. Allerdings wird jemand, und das ist ein Extremfall, was ich an dieser Stelle explizit festhalten will, der ohnehin schon einen Amoklauf vorhat, durch solche Umgangsformen nur in seinem Vorhaben bestätigt. Es gießt Öl ins Feuer. Meine Theorie war nun, daß die Zugabe von Öl deutlich verringert werden kann, wenn sich alle Menschen in einem Grundton (halbwegs!) respektvoll gegenüber verhielten. Übelster Rassismus, wie ihn der Baggerfahrer an den Tag legte, kann ich niemals gut heißen, egal, ob der mit einem Amokläufer, einem Bankangestellten oder mit der Putzfrau redet, die aus Indien kommt.
Das stimmt, jedoch ist eben alles nicht so einfach. Und es würde Seiten füllen, darüber referieren zu mögen - wo verorten wir eine Erstursache ( also können wir eindeutig an einem bestimmten Punkt anfangen, von welchem alles ausging, wo das 'wheel of fortune' begann, sich zu drehen, und dann 'nochmal von vorn anfangen und alles ändern?)
Das wird niemals klappen. Die Menschen leben von Erinnerungen, die leider oft auch Traumata beinhalten. Diese lassen sich nicht löschen, nur eleminieren (Demenz bzw. Alzheimer einmal ausgeschlossen, aber das wünsche ich niemandem, nicht einmal mir selbst).
Es ist also (alles IMHO) wichtig, daß die Zivilbürgerschaft anerkennt, daß sie immer mehr auf einem Pulverfaß lebt, weil das die Politik so vorangetrieben hat. Wenn man das eigene Verhalten, was ja per se am schwierigsten zu ändern ist (mit dem Finger auf Andere zeigen ist super-einfach), nur ein bißchen anpaßt, dann denke ich, daß sich Konflikte wesentlich leichter entschärfen ließen. Es bedarf nicht einmal einer 180°-Wende; nur ein wenig die eigenen, PEGIDA-artigen Ressentiments runterschrauben, sich an den Respekt erinnern, den man selbst gerne im Alltag erfahren würde, und schon sieht die Welt gleich viel besser aus. Ja, ich weiß, blauäugiges Geschwafel™. Aber das ist meine Theorie, und ich denke, daß sie gar nicht so abwegig ist.
So viele Menschen es gibt, so viele Meinungen gibt es auch.
Das finde ich wichtig.
Und unterschiedliche Sichtweisen übers 'Warum'. Hier dann fächert sich alles weit auf wie ein Flügel, und (symbolisch) jeder 'Flaum' und jede 'Feder' ist Experte auf seinem-ihrem Gebiet, schlußendlich 'brabbeln' letztlich alle durcheinander. Die einen ideologisieren, andere psychologisieren, wieder andere sehen 'alles in den Genen', die nächsten sehens aus soziologischer und nochmal andere aus philosophischer Sicht - und hier fächert sichs nochmal in die Spreizen diversester Philosophischer Richtungen...und dann haben wir ein 'Universum von Staub' - jedes Staubkörnchen ist eine Meinung/Richtung/Ansicht, und hier, in dieser Verirrung und Verwirrung, sehe ich einen Hinweis darauf, dass, wer äußerst sensibel ist und wem die Orientierung fehlt, der, weil ihm früh vermittelte Inhalte fehlen, etwa: ' du bist willkommen auf dieser Welt, du wirst geliebt' , einen (In)HALT sucht, stattdessen noch verlacht und verspottet wurde, für den gibt's dann oft keinen Kompass mehr.
Den kann einem nur vermitteln, wer selbst einen hat. Da dieser Kompaß immer mehr Menschen in dieser durch-ökonomisierten Welt, in der nur Konkurrenz anstatt Kooperation zählt, abhanden kommt, bildet sich ein (voraussagbares) Chaos, was leidlich von den Meinungsbildnern und politischen Eliten genutzt wird, Stichwort: Flüchtlingsdebatte. Aus einem "Wir schaffen das!" wird plötzlich ein "Ich bin überfordert" -- mit allen Folgen.
Nochmal also: wie Du schon sagst:kommt immer darauf an, wie Menschen miteinander umgehen.
Ja, siehe oben.
Mit dem Versuch, einander zu verstehen, sich auch mal in eine völlig gegenteilige Position hineinzuwagen (Empathie zulassen), oder mit ablehnender Kälte und hochnäsiger Arroganz, und was es noch so an Schattierungen gibt (es gibt nicht nur gut/böse-schwarz-weiß). Ich hab versucht, den Bauarbeiter zu verstehen, aber kann mich auch ein wenig in den Jungen (oder wie sich eine Frau, die vergewaltigt und dann noch verspottet dafür wurde) hineinversetzen, da ich selber schon öfters in meinem Leben sehr 'auf der Klippe' (kurz vorm Sprung) stand.
Damit wären wir wieder beim Thema "Traumatisierung". Ich finde es verantwortungslos, wie der Gesetzgeber damit umgeht, weil er die Rahmenbedingungen festlegt.
Weil seine Eltern konvertierten, wurde der hier in München aufgewachsene Deutsch-Iraner von den anderen Schülern noch islamischen Glaubens ja verspottet, wurde zum Ausgestossenen. Und konnte damit wohl nicht umgehen.
Mit Spott umzugehen, das ist nicht einfach, und das gelingt nur meist gefestigten Personen, die nun wirklich nicht dem klassischen Flüchtling entsprechen.
Lebte dann ja auch immer mehr in 'seiner' Welt. Nahm sich dann den Breivik zum 'Vorbild', das Attentat von Winnenden. Ich find's halt gefährlich, wenn dann nun von einigen wieder alle 'Ausländer' bzw. Andersgläubige unter Generalverdacht gestellt werden.
Da wären wir wieder bei der Instrumentalisierung. Wie ich in einem meiner anderen Beiträge anmerkte, wird erstaunlich oft ein "islamistischer Hintergrund" hinterher (!) geschoben.
Zur Deeskalation trägt natürlich das, was nun in Ansbach passiert ist, auch nicht grade bei. Und das ist bittere, wenn man schon sagen, will wie Du: Ironie.
Hier treffen schlicht verschiedene Welten aufeinander. Welten, die von der Politik erschaffen wurden.
Ich nehm' das zurück, wenn ich Dir zu nahe gereten bin, in meiner emotionalen Betroffenheit in der Sache an dem Tag.
Nein, Du bist mir nicht zu nahe getreten. Sonst wäre ich wohl eingeschnappt, anstatt zu versuchen, sachlich auf Deinen Beitrag zu antworten. Aber auch mir fällt es nicht leicht, den "Beißreflex" unter Kontrolle zu halten, aber ich versuche es, so gut es geht.
Niemand mag Menschen verlieren, die ihnen nahe sind. Und wenn so was passiert, wünsche ich jedem, dem so etwas passiert, die bestmögliche Hilfe, und die richtigen Freunde-Freundinnen, Familie, an seiner-ihrer Seite.
Wobei ich mir die Frage stelle, wie das bei einem Flüchtling geschehen soll, dem der Asylantrag abgelehnt wird (wie bei ihm) und damit der Nachzug dessen, was einem den größten Halt geben kann: der Familie. Auch dazu gab es schon, auch auf fefe's Blog, interessante Meldungen, daß -- aus Kostengründen! -- der Nachzug so lange vereitelt wird, bis er nicht mehr möglich wird, siehe hier:
https://blog.fefe.de/?ts=a96985b2
Zu der emotionalen Distanz:
Siehe oben: (wo alles verwirrend wird, wo mensch sich nicht konzentriert , bzw. konzentrieren kann, sich von Eindrücken manchmal regelrecht 'überflutet' fühlt.)
Auch der Streß auf der Arbeit, der einem die volle Aufmerksamkeit abverlangt, trägt eine Schuld daran, Stichwort: Arbeitsverdichtung.
Sorry, für den vielen Text, und für die verspätete Antwort, und abschliessend danke für die gute Diskussion.
Entschuldigung nicht angenommen -- ich kriege per eMail Benachrichtigung. ;-) Und: gern geschehen.
hier noch der oben erwähnte link
http://www.jungewelt.de/2016/07-25/045.php
Den Tab halte ich mir offen zum Nachlesen -- habe jetzt keinen Kopf mehr dafür. Ich danke!