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  • Jens Niestroj

131 Beiträge seit 23.07.2023

es fehlt nicht an Munition...

... sondern am Willen (der westlichen Eliten) den Krieg zu beenden.

So wird versucht, Russland (sind Russen Orks? Die Entmenschlichung der Feinde der westlichen Eliten geht also weiter, Palästinenser sind menschliche Tiere, Russen Orks) bis zum letzten Ukrainer zu schwächen.

Indem ein unrealistischer Siegfrieden propagiert wird.

Schon ein vorsichtiger Rückblick in die Geschichte zeigt aber, dass das Streben nach einem Siegfrieden nichts bringt, außer der Potenzierung des menschlichen Leides.

Warum handeln unsere Eliten so? Die offizielle Begründung: „Wir sind die Guten, hinsichtlich Menschenrechte und Freiheit dürfe es keine Kompromisse geben. Keine Fußbreit den neuen Hitlers“ kann mich nicht überzeugen.
Eine der Folgen dieser „kompromisslosen“ Geisteshaltung sind endlose Konflikte. Was aber von den Eliten auch so gewollt ist, da durch die ewigen „äußeren“ Feinde
zum einen die „eigene“ Bevölkerung ruhig gestellt wird, indem sie sich auf den äußeren „Feind“ konzentriert und die inneren Machtverhältnisse nicht in Frage stellt und
zum anderen weil ewiger Krieg auch ein wunderbares Geschäftsmodell ist.

In der Vergangenheit konnten Kriege dagegen immer verkürzt werden, wenn keine der Beteiligten „in die Ecke“ gedrängt wurde. Absolute Forderungen dagegen haben immer zu Kriegsverlängerungen mit mehr Opfern geführt.
Beim deutsch-französischen Krieg 1870/71 wäre keine der beiden Seiten auf die Idee gekommen, die andere Seite in ihrer Substanz in Frage zu stellen. Die Kriegsfolgen (Reparationen, Abtretung von Elsass-Lothringen) waren für die französischen Nationalisten zwar bitter, aber in keiner Weise existenzbedrohend für "Frankreich".
Allerdings gab es bereits im 19. Jahrhundert totale Kriege mit dem Ziel die Besiegten vollständig zu unterwerfen und auszubeuten. Die Rede ist von den Kolonialkriegen, die Europa ab 1830 vor allem in Afrika und Asien führte (die USA kamen in Mittelamerika ab 1850 und im pazifischen Raum ab Ende des 19. Jahrhunderts dazu).
Schon 1885 fragt sich J. Hornung:

Wenn wir gegen andere "zivilisierte" Staaten [in Europa] Krieg führen, gilt das Kriegsrecht mit Schonung der Zivilbevölkerung. Führen wir aber gegen „untere Staaten“ Krieg, muss die gesamte Nation bestraft werden. Aber wenn wir ihre Felder zerstören, ihre Frauen, Kinder und Alten massakrieren, glauben wir dann wirklich, dass sie damit die Zivilisation lernen?


Unmenschliche Kriege gegen die Menschen im Süden haben immer eine Verrohung der Gesellschaft zur Folge. J.A. Farrer stellt 1885 fest:

Die Kolonialkriege werden als Kriege gegen Rebellen und Verbrecher bezeichnet. Hier ist alles erlaubt. Dies führt aber unweigerlich dazu, dass auch [zukünftige] Kriege in Europa ähnlich verlaufen werden, d.h. da wird es keine Hemmungen durch ein Kriegsrecht mehr geben.

Wie wahr…
1896 (und seitdem mehrfach wieder aufgelegt) erschien das Handbuch „Kleine Kriege“ gegen Rebellen und "Wilde" von Colonell C.E.Caldwell:

In kleinen Kriegen wird nicht gegen eine reguläre Armee gekämpft, die kapitulieren kann, sondern gegen das gesamte Volk. Mittel sind daher: Vieh stehlen, Felder verwüsten, Nahrungsspeicher zerstören, Dörfer niederbrennen. Damit dauerhaft „Respekt“ vor den Weißen [Kolonialherren] erreicht wird.

Oder, ein paar Jahre später Winston Churchill vor dem British Air Council:

Ich vermag das ganze Getue um den Gebrauch von [Gift]Gas nicht zu verstehen. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen. Das hätte eine gute moralische Wirkung und würde einen lange währenden Schrecken verbreiten.

Diese Haltung (der Kolonialkriege) gab es im ersten Weltkrieg – auf beiden Seiten. Der erste Weltkrieg wurde so, wie die Kolonialkriege geführt – ohne Erbarmen gegenüber „Zivilisten“ (weil das gesamte Volk der Gegenseite als „Feind“ gesehen wurde) und ohne Rücksicht auf geschlossene Verträge.
Der "Blutzoll" des ersten Weltkrieges war wesentlich größer, als man annimmt, beschränkte sich aber schwerpunktmäßig auf Soldaten. Etwa 50% der männlichen Franzosen, die 1914 18 bis 30 Jahre alt waren, starben in diesem Krieg. Von den gleichaltrigen Deutschen und Briten starben etwa 35% bis 40%. Der erste Weltkrieg löschte also wesentliche Anteile einer ganzen Generation Männer aus. Und dies betraf nicht nur das "einfache" Volk. Der deutsche und britische Adel musste anteilig sogar noch höhere Verluste hinnehmen.

Die hohen Opferzahlen machten aber mit jedem Tag der Fortdauer des Krieges einen Kompromissfrieden unwahrscheinlicher. Wie sollte man schließlich dem „eigenen“ Volk z.B. Ende 1914 nach über 1 Mio. Tote erklären: „Wir kommen mit dem Krieg nicht voran. Die Gegenseite ist vielleicht nicht ganz so böse, also: Schwamm drüber, lasst uns die ganze Sache vergessen.“ Eine derartige Aussage hätte doch die Legitimität aller Regierungen in Frage gestellt…

Der erste Weltkrieg schleppte sich noch weitere 3 Jahre hin, vor allem, weil Großbritannien und Frankreich jede Andeutung Deutschlands zu einem Kompromissfrieden brüsk zurückwiesen.
Henry Petty-Fitz Maurice, der 5. Marquess of Lansdowne schrieb 1917 einen Leserbrief an die Times, in dem er für einen Verhandlungsfrieden mit Deutschland warb. Die Times druckte seinen Beitrag nicht ab, weil die britische Regierung diesen vollständig ablehnte. Der Leserbrief wurde im Daily Telegraph veröffentlicht und fand breite Zustimmung in der Öffentlichkeit – die britische Regierung ignorierte den Willen des Volkes, weil sie den totalen Sieg anstrebte.
Die Partei des „totalen Sieges“ gab es selbstredend auch in Deutschland, wenn diese auch bis 1917 nicht so stark war, wie in Großbritannien und vor allem in Frankreich. Spätestens mit der offiziellen Entmachtung des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg durch die oberste Heeresleitung Mitte 1917 gab es aber auch in Deutschland keine nennenswerte Gruppierung, die für einen Verständigungsfrieden eintrat.
Mit Eintritt der USA in den ersten Weltkrieg war aber die Möglichkeit eines Kompromissfriedens (14-Punkte Programm des US Präsidenten Wilson. Hierzu aber eine kleine Anmerkung: Da die 14 Punkte von Wilson nach der Veröffentlichung der geheimen alliierten Kriegsziele / -gründe durch Lenin formuliert wurden (in denen nur ein totaler Sieg der Entente akzeptiert wurde und der als Argument gegen die Alleinschuld der Mittelmächte dienen konnte), kann man auch sagen, dass Wilson mit seinen 14 Punkten nur von der Veröffentlichung Lenins ablenken wollte. Für diese These spricht, dass bei den Friedens"verhandlungen" von den 14 Punkten Wilsons nahezu nichts umgesetzt wurde ) gegeben, und zwar sowohl für die „Eliten“ in Deutschland, als auch für die „einfachen“ Soldaten, die es tatsächlich in Erwägung zogen (und dies auch praktizierten) sich gegenüber US-amerikanischen Truppenteilen zu ergeben. Dies geschah gegen Briten und Franzosen nicht, weil man sich nicht der Willkür des „Feindes“ aussetzen wollte (was im übrigen auch für Briten und Franzosen galt, die sich aus ähnlichen Gründen nicht den Deutschen ergeben wollten). So endete der erste Weltkrieg.

Selbst im zweiten Weltkrieg gibt es Beispiele dafür, dass das Anbieten von Bedingungen bei Kapitulation die Anzahl der Opfer auf beiden Seiten deutlich reduziert. Hier sei als Beispiel die Stadt Graudenz genannt, die sich nach Verhandlungen der Roten Armee ergab. Es gab also auch im zweiten Weltkrieg und selbst zwischen Wehrmacht und Roter Armee Alternativen zu „bedingungsloser“ Kapitulation.

Und noch etwas: Nach den „bedingungslosen“ Kapitulationen Deutschlands und Japans wurden nicht etwa alle Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen.
Im Gegenteil: Klaus Barbie (und andere Folterknechte, Pardon - -spezialisten), KZ-Ärzte, Fremde Heere Ost usw. usw. wechselten einfach die Seiten (oder – ketzerisch betrachtet: blieben auf der selben Seite) und wurden von den westlichen Siegermächten in ihren ursprünglichen Funktionen weiter „beschäftigt“. Sie mussten noch nicht einmal ihre „Gesinnung“ wechseln.
Nazi-Richter bleiben in Amt und Würden und konnten noch bis in die 1960ger Jahre bei den Staatsschutzsenaten Kommunisten (oder mutmaßliche Kommunisten) terrorisieren. In den selben Gerichtssälen haben die selben Richter, die selben Angeklagten mit z.T. den selben Gesetzen in der Nazi-Zeit ebenso, wie in den 1950ger und 1960ger Jahren verurteilt. Das nennt man Kontinuität.

Warum dann „Bedingungslose Kapitulation“?
Interessanterweise ist es heute nicht anders. Nach dem (illegalen) Einmarsch der westlichen Truppen in den Irak (der ja vorgeblich der Beseitigung des die eigene Bevölkerung terrorisierenden Regimes von S. Hussein galt) machten weder US-Truppen noch britische Truppen auch nur den Versuch, Akten der irakischen Geheimpolizei in den Foltergefängnissen zu sichern (Beweissicherung). Vielleicht, weil es beabsichtigt war, die "Spezialisten" (für das Foltern) weiter einzusetzen. Fakt ist, dass die US-Besatzungstruppen Abu Ghuraib als Foltergefängnis weiterbetrieben haben, und dabei nicht nur die Örtlichkeiten, sondern auch mehr als 50% des Personals übernommen haben. Unter der neuen US-Hoheit durften nicht nur untere und mittlere Chargen weiter „arbeiten“, sondern z.B. auch der Gefängnisarzt...

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