Ich war 2003 in Damaskus, um Arabisch zu lernen (weit gebracht habe ich es nicht). Zuvor war ich häufiger in Nordafrika, wo ich als Frau oft deutliche Ansagen machen musste, um mich diverser Aufdringlichkeiten zu erwehren.
Welche Wohltat war dagegen Syrien. Die Leute waren nicht nur freundlich. Sie besaßen außerordentlich gute Manieren. Ich habe in der ganzen Zeit nicht ein lautes Wort gehört. Selbst freche Kinder wurden von ihren Eltern in der Öffentlichkeit nur angezischelt, um sie zur Raison zu bringen.
Mein Hausaufgaben habe ich in der Umayyaden-Moschee erledigt. Das wurde nicht nur toleriert (ich wusste aber, dass das eine dem Haus angemessene Tätigkeit war), sondern rief unter den regelmäßigen Moschee-Besuchern Interesse hervor. Das waren in ersten Linie alte Männer, die das Gotteshaus außerhalb der Gebetszeit zu heiteren Treffen nutzten. Nach zwei Tagen haben sie mich gegrüßt und einen weiter Tag später hat mich der mutigste unter ihnen angesprochen. So kamen wir ins Gespräch – alles sehr nett, alles sehr lustig.
Die Leute haben mir stets geholfen, waren liebenswürdig und großzügig. Ich habe mich selten in einem fremden Land so gut aufgehoben gefühlt. Religiöse Fragen hat nie jemand mit mir diskutieren wollen. Vielmehr wollte meine frisch verheiratete Lehrerin etwas über Sex wissen, was mich sehr erstaunt hat (ich konnte mit gutem Rat helfen).
Was ich allerdings jetzt hier mit tatsächlichen oder vermeintlichen Syrern erlebe, deckt sich mit keiner meiner Erfahrungen. Die Leute sind laut, fordernd, distanzlos und gehen mir mit ihrem Religionsfirlefanz gehörig auf die Nerven. Ich halte Abstand und will keinen Kontakt.
Ich kann mir nicht erklären, was seit 2003 in Syrien geschehen ist. Vielleicht war der Fehler, zwei Millionen irakische Flüchtlinge dort aufzunehmen, die zunächst mit viel Hilfsbereitschaft angenommen wurden. Wenig später erwiesen sie sich als extrem lässige Gäste.