kreative Politologie

Natürlich passt die attische Demokratie nicht in unsere Zeit, schon nur deshalb, weil jede Zeit ihre eigene Gestalt besitzt, erst recht in einer Kultur, die laufend durch die Einführung atemberaubender technischer Errungenschaften durchgeschüttelt wird, wie der modernen westlichen. Das ist übrigens auch ein Grund, warum es nicht sinnvoll ist, Grundgesetze de facto in Stein zu meisseln, wie es etwa in der usa der Fall ist.

Dazu kommt die alles andere als diskriminierungsfreie Konzeption, wirtschaftliche Mindestpotenz, männliches Geschlecht, Status als freier Mensch waren, wie im Text erwähnt, alles Voraussetzungen, um zu den Stimmberechtigten zu gehören.

Schliesslich gibt es noch das quantitative Problem, in seinem Schlepptau die Kürze des Lebens (vita brevis)-Problematik. Schon unter athenischen Verhältnissen war der Aufwand enorm und frass objektiv zu viel der verfügbaren Lebenszeit. Moderne Massengesellschaften sind auf die athenische Weise nicht in den Griff zu kriegen, dazu sind es einfach zu viele Menschen.

Schon nur aus den genannten Gründen - es gibt noch viele weitere - benötigt man für die heutige Praxis ein Repräsentationssystem, das allerdings nicht zwingend Parteien-vermittelt sein muss. Es gibt andere Möglichkeiten, z. B. durch die breite Einführung aleatorischer Elemente, die richtig dosiert, das Entstehen einer Politikerkaste verhindert, einer der Nachteile der Parteienwahl-gesteuerten repräsentativen Demokratie nach bürgerlichem Muster.

Wichtig ist die geistige Offenheit, eine Bereitschaft, Alternativen zum heutigen System in Betracht zu ziehen. Nichts darf heilig sein, nicht einmal die Entscheidung nach dem Mehrheitsprinzip. Offenes Denken kann alles Bestehende über den Haufen werfen. Intensive Diskussion stellt sicher, dass sich unpraktikable Spreu vom Weizen trennt, denn man gelegentlich praktisch testen kann.