Das ehemalige Nachrichtenmagazin verhöhnt den Aufklärungswunsch der Angehörigen,behaupt es sei am plausiblsten,dass Böhnhardt und Mundlos den Heilbronn-Tatort ZUFÄLLIG während ihrer Radtouren entdeckten,definiert die FBI Spur weg und ignoriert Kiesewetters Thüringen Bezüge:
"Um die Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien und Legenden. Mal berichtete der "Stern", hereingefallen auf einen gefälschten Geheimdienstbericht, es seien US-Agenten am Tatort in Heilbronn gewesen. Andere glaubten, Kiesewetters thüringische Herkunft habe mit dem Anschlag zu tun. Beweise dafür gibt es nicht. Zudem wurde die Polizistin für den Dienst an ihrem Todestag kurzfristig eingeteilt. Wie die Mörder diese Information erhalten haben sollen, hat noch niemand erklärt. Am plausibelsten ist die These, wonach Böhnhardt und Mundlos bei ihren Radtouren durch Heilbronn zufällig auffiel, dass Polizisten am Rande eines Festplatzes öfter in ihren Streifenwagen Pause machten. Die beiden Mörder dachten offenbar, dies sei eine günstige Gelegenheit, die verhasste Polizei anzugreifen - und raubten als Trophäen Waffen sowie Ausrüstung."
Die FBI Spur/Heilbronn:
Bemerkenswert, auch das umgeht Drexler, sind vor allem die zeitlichen Abläufe: Am 15. Oktober 2012 teilte das FBI dem BKA mit, es habe damals in Heilbronn keine Überwachungsmaßnahme durchgeführt. Doch schon am 13. Oktober, morgens gegen 8 Uhr, hatte Spiegel online (SPON) unter Bezug auf die Bundesanwaltschaft gemeldet: "Bundesanwaltschaft beendet Spekulation um FBI-Operation". Bis dahin hatte aber kein Medium etwas Derartiges berichtet gehabt. Vorausgegangen war allerdings die Anfrage eines Berliner Journalisten bei der Karlsruher Behörde am 12. Oktober, der Auskünfte über die FBI-Spur haben wollte. Dadurch war der Bundesanwaltschaft klar, dass die FBI-Spur in Journalistenkreisen gehandelt wurde. Noch am selben Tag, am 12.Oktober 2012, schrieb das BKA an die US-Botschaft in Berlin und bat um eine schriftliche Stellungnahme des FBI zu den Fragen. Unter anderem, "ob am 25.4.2007 eine Observation durch das FBI in Heilbronn durchgeführt wurde". Die Antwort, die erst drei Tage später kam, wartete der Generalbundesanwalt aber nicht ab, sondern gab seine FBI-Negativ-Mitteilung direkt an jenem Freitag, den 12. Oktober, via SPON an die Öffentlichkeit. Manipulationen und Winkelzüge, die der Ausschussvorsitzende Drexler nicht etwa entlarvt, sondern mitträgt.
Und noch ein Sachverhalt will nicht so recht zur programmatisch wegdefinierten FBI-Spur passen. Aus einem Schriftwechsel zwischen BND, MAD und Bundesanwaltschaft vom Dezember 2011 nach dem Auffliegen des NSU geht hervor, dass dem BND von US-Seite angeboten wurde, über die Hintergründe einer FBI-Operation in Heilbronn zu reden, was der BND ablehnte. (Telepolis hat den Schriftwechsel bereits im September 2016 veröffentlicht.)
Heilbronn und Kiesewetter Verbindungen nach Thüringen:
Bemerkenswert ist auch eine Aussage von Kiesewetters Onkel Mike W. acht Tage nach der Tat. Der damals beim Staatsschutz der Thüringer Kripo auch mit Rechtsextremisten und der organisierten Kriminalität befasste W. sagte in einer Vernehmung: „Meiner Meinung nach besteht … ein Zusammenhang mit den bundesweiten Türkenmorden. So viel ich weiß, soll auch ein Fahrradfahrer bei den Türkenmorden eine Rolle spielen.“ Wie kam W. im Mai 2007 auf diese – wie sich später zeigen sollte: zutreffende – Vermutung? Und woher wusste er von einem angeblichen Hinweis auf einen Fahrradfahrer, der sich vom Tatort wegbewegt haben soll? W. will sich heute nicht mehr daran erinnern können. Mit dem Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger (CDU), Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses und selbst jahrelang in Baden-Württemberg als Polizist tätig gewesen, kann man stundenlang über die Unklarheiten im Fall Kiesewetter debattieren. Von der These, dass die Polizistin nur ein Zufallsopfer gewesen sein soll, hält er wenig. „Wir haben ein Täterduo, das sich angeblich daheim in Zwickau dazu entschließt, Polizeibeamte zu ermorden, und dazu 450 Kilometer quer durchs Land fährt“, sagt er. „Dann irren die beiden tagelang durch Baden-Württemberg und finden unter 200 000 Polizisten in Deutschland schließlich die eine Streife, bei der ein Opfer aus Thüringen stammt, dessen Patenonkel als Staatsschützer mit Neonazis zu tun hat und eine Woche nach dem Mord eine Verbindung zu den Ceská-Morden herstellt“, zählt er auf. „Das soll Zufall sein?“
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