Fritz (5) schrieb am 16.07.2024 12:10:
Die Balten und die Polen ...
... haben zusammen ein Verteidigungsbudget von um die 20 Milliarden Euro, weniger als 10 % des Verteidigungsbudgets der EU. 20 Milliarden sind nicht viel mehr, als sie von der EU - zum Großteil also von Deutschland - jedes Jahr überwiesen bekommen.
Die baltischen Staaten fühlen sich nach eigenen Angaben von Russland massiv bedroht. Wenn man allerdings die Größe ihrer Armeen anschaut, dann erreichen diese Staaten noch nicht einmal die relativen Größe der Armeen, in Soldaten als Prozentsatz der Bevölkerung, in den beiden deutschen Staaten in den 1980er Jahren, also zur Zeit des kalten Krieges.
Und das obwohl die baltischen Staaten nicht Teil des KSE Abkommens sind und von daher keinerlei konventioneller Rüstungsbegrenzung unterliegen.
Deutschlands Armeen 1980:
BRD 61,7 Mio Einwohner => 490.000 Soldaten : 0,79%
DDR 17,7 Mio Einwohner => 170.000 Soldaten : 0,96%
Die baltischen Armeen heute:
Estland 1.3 Mio Einwohner => 7.100 Soldaten : 0.55%
Lettland 1.9 Mio Einwohner => 6.700 Soldaten : 0,35%
Litauen 2.8 Mio Einwohner => 17.900 Soldaten : 0,64%
Wenn die baltischen Staaten als "Frontstaaten" zu Russland nur die Werte von Westdeutschland als Frontstaat im kalten Krieg erreichen wollten sähe das so aus:
Estland 1.3 Mio Einwohner => 10.200 Soldaten : +44,6%
Lettland 1.9 Mio Einwohner => 15.010 Soldaten : +124%
Litauen 2.8 Mio Einwohner => 22.120 Soldaten : +23,6%
Solange diese Staaten diese Werte nicht annähernd erreichen, sind Aussagen wie folgende aus dem Artikel einfach nur lächerlich:
Aus baltischer Sicht bedeutet das Wort "Sicherheit" ausschließlich militärisches, nämlich Aufrüstung, Abschreckung, Nato. Wladimir Putins Verhandlungsforderung, die Nato-Osterweiterungen zur Debatte zu stellen, erschien den Osteuropäern als Bedrohung dessen, was sie unter "Sicherheit" verstehen.
(...)
Artis Pabriks, damals lettischer Verteidigungsminister, las am 25. Januar 2022 in einem Bild-Interview den Deutschen die Leviten. Er kritisierte, dass die deutsche Russlandpolitik nicht mehr in die Zeit passe und Deutschland eine "beschämende Position" einnehme.
(...)
Außenministerin Annalena Baerbock schien von dieser kompromisslosen Position sehr beeindruckt, als sie im April 2022 Riga besuchte, wo sie auch ihren Amtskollegen Edgars Rinkevics traf.Sie übernahm die baltischen Vorstellungen von "Sicherheit". Von den drei baltischen Staaten könne Deutschland viel über Wehrhaftigkeit lernen; sie wolle "genau zuhören". Sie setzte sich dafür ein, dass Deutschland die eigene Wehrhaftigkeit stärke und einen Beitrag leiste, die "Sicherheit" in Europa neu auszurichten.
Kompromisslos sind die Positionen der baltischen Staaten (einem Teil von Donald Rumsfelds "neuen Europa") gewiss, nur ist ihre eigene Sicherheitspolitik der eigenen Rhetorik nicht angepasst.
So ergibt sich das Bild, dass die baltischen Staaten sich lieber von anderen verteidigen lassen wollen, als dies selbstverantwortlich in die eigene Hand zu nehmen.
Dann allerdings hat man auch kein Recht diese anderen Staaten zu kritisieren.