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  • Karsten W.

mehr als 1000 Beiträge seit 19.10.2000

Re: Das Problem ist nicht zuwenig Lohn, sondern zu hohe Preise

kill-1 schrieb am 17. Februar 2010 13:32

> Natürlich ist es wichtig Statistiken anzuzweifeln. Ich weiß gut
> genug, dass man mit einer geschickt manipulierten Statistik zu
> beinahe jeder beliebigen Aussage kommen kann.

Exakt. Und man darf auch nicht vergessen, das die Leute, die
überhaupt erst den Begriff "Reallohn" erfunden haben, ihre eigene
Agenda haben. Manipuliert wird auf allen Seiten.

> Aber du argumentierst letztendlich nur damit, dass es den Menschen in
> Deutschland nicht auffällig schlechter geht. Das stimmt im Großen und
> Ganzen, aber das ist nicht genug. Wenn es Wirtschaftswachstum gibt,
> muss es auch spürbar bei der ganzen Bevölkerung ankommen.

Es kommt an. Wenn man heute für einen Bruchtteil an Arbeitszeit einen
Großbildfernseher kaufen kann, wie noch vor 10 Jahren, dann ist das
Wirtschaftswachstum, was beim Bürger ankommt. Genauso, wenn man
überlegt, wie lange man heute arbeiten muß, um sich "1 Gigaflop
Rechenleistung" kaufen zu können.

Natürlich sind diese Steigerungen nicht in allen Branchen derart
verteilt. Aber das liegt halt daran, das die Leute, die Produkte
herstellen, ja auch höhere Löhne wollen - logisch, das die Produkte
dann entsprechend teurer werden, oder?

Wenn ein Produkt in Herstellung und Vertrieb 90% Arbeitlöhne kostet
und nur 10% pure Materialkosten, dann sollte für jeden einsichtig
sein, das bei 10% Lohnsteigerung das Produkt entsprechend 9% teurer
werden muß. Oder? Wenn nun aber allgemein 80% des Warenkorbes aus
solchen Gütern besteht, und gleichzeitig auch noch die Preise für
Resourcen auf den Weltmärkten steigen, wie dann jemand erwarten, das
höhere Löhne auch nicht zu entsprechend steigenden Preisen führen und
das dann die Lohnsteigerungen ensprechend ausgleicht? Das ist doch
simple Mathematik, mir ist schleierhaft, wie man das übersehen kann.

Steigen die Materialkosten nun anteilig stärker (wie wir das z.B.
beim Ölpreis haben, denn Öl wird ja nicht nur für die Herstellung
sondern auch z.B. für den Transport von Gütern benötigt und daher
steckt der Ölpreis in praktisch allen Gütern und Dienstleistungen mit
drin), wie kann man dann erwarten, das die Preise sinken? Natürlich
werden dadruch dann manche Produkte weniger stark billig oder teils
auch teurer und bei geeigneter Auswahl und wenn man die anderweitig
steigende Qualität unberücksichtigt läßt, kann man so dann natürlich
"sinkende Reallöhne" konstruieren.

> > Aber bei all diesen Sachen ist halt immer eine Menge "über den Finger
> > gepeile" mit drin.

> Ich denke, ich habe trotzdem genug Argumente und Zahlen dafür
> geliefert, dass sich zumindest der Verdacht aufdrängen muss, dass die
> effektiven Löhne eines großen Teils der deutschen Bevölkerung in den
> letzten 10-20 Jahren unproportional wenig gestiegen sind, wenn nicht
> sogar gefallen.

Unproportional wozu? Zu den Gewinnen? Auch da muß man dann ja
"Realgewinne" von nominellen Gewinnen unterscheiden. Und man muß die
konjunkturbedingten Schwankungen berücksichtigen: Arbeitnehmer
erwarten ja recht konstante Löhne, bei Firmen schwanken die Gewinne
dagegen oft extrem. Da wird in einem Jahr Riesengewinn gemacht, im
nächsten Jahr ist es dann ein Verlust. Wenn man Gewinne nun immer nur
in den Boomphasen anschaut, anstatt sie über längere Zeiträume zu
mitteln, dann kann man da sehr irreführende Zahlen konstruieren.

> Hast du irgendwelche Zahlen, die das Gegenteil vermuten lassen?

Ich habe einfach berechtigte Zweifel an der Grundlage auf der die
Statistiken, auf die du ich bezeihst zustandegekommen sind. Man kann
auch mit korrekten Zahlen und korrekten Rechnungen völlig falsches
herausbekommen.

Wenn ich mir nun z.B. diese Grafik anschaue:

http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-26883.html

dann fallen zwei Dinge auf: Die Schwankungen sind übertrieben
dargestellt (der "Nullpunkt" der Grafik liegt bei 1200, tatsächlich
sind es ja nur magere 2% Rückgang) und die Nominallöhne sind ja
deutlich gestiegen (um ca. 7%).

Das ganze steht und fällt also mit der Berechnung der
Preissteigerung. Wenn man nun bedenkt, wie massiv z.B. allein der
Ölpreis in den letzten Jahren gestiegen ist, und das im Warenkorb ja
auch Verbrauchssteuern enthalten sind (z.B. bei Tabak und Benzin),
dann kann ich nur folgern, das deine These, das da tatsächlich eine
"Umverteilung nach oben" schuld dran ist, falsch ist. Tatsächlich
profitieren aber alle (auch die ärmsten) massiv vom
Wirtschaftswachstum, denn sonst wären die "Reallöhne" schon allein
aufgrund der gestiegenen Energiepreise viel stärker gefallen (Rohöl
ist heute ca. doppelt so teuer wie 2000).

> Doch es ändert schon etwas. Reiche haben ja in erster Linie
> Kapitaleinkünfte.

Die natürlich auch besteuert werden (z.Zt). 

Beim unsatzsteuerfinanzierten BGE wäre das nun zwar anders, aber
Kapitaleinkünfte sind erst mal nur Zahlen auf Papier. Wenn nun also
jemand sein Geld wachsen läßt, aber nicht ausgibt, dann ist das eh
egal. Das ist dann einfach nur eine Zahl, die da wächst, ohne das
reale Dinge dahinterstehen.

Erst wenn jemand Geld ausgibt (und es damit real macht), dann zahlt
er dafür Steuern. Gibt er viel aus (bekommt er also viel reales)
zahlt er viel Steuern, gibt er wenig aus, zahlt er wenig Steuern. Und
wenn jemand mehr ausgibt, erhöht er das Steuereinkommen und damit
dann automatisch das BGE für alle. Ist doch perfekt. 

> Wenn man die zu gering besteuert, können sie über
> den Zinseszinseffekt ihre Vermögen noch schneller in astronomische
> Höhen steigern als ohnehin schon der Fall ist. 

Den Zinseszinseffekt hat man immer. Auch bei kleinen Vermögen.
Natürlich sieht es "bombasitischer" aus, wenn ein Vermögen von 100
Mio auf 1 Mrd wächst, als wenn es von 1000 auf 10000 steigt
(letzteres geht übrigends aufgrund der Freibeträge deutlich
schneller).


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