Ansicht umschalten
Avatar von kill-1
  • kill-1

mehr als 1000 Beiträge seit 30.11.2001

Re: Das Problem ist nicht zuwenig Lohn, sondern zu hohe Preise

Karsten W. schrieb am 17. Februar 2010 20:58

> Aber was kostet eine Playstation (inflationsbereinig) verglichen mit
> einem C64? Nur einen Bruchteil. Und man kann sie noch als
> Blue-Ray-Player, Mediencenter usw. einsetzen. Früher mußte man für
> analoge Sachen zusätzlich noch Geräte kaufen. Das Zeug ist wirklich
> unglaublich billig geworden.

Die Hardware war damals inflationsbereinigt tatsächlich etwa doppelt
so teuer, die Spiele allerdings etwa genauso teuer. Dafür hatte man
einen C64 einige Jahre länger, während eine Spielkonsole heute
ziemlich schnell obsolet ist.

> > Ich wiederhole mich hier, aber es geht um die *Verteilung* des
> > Wohlstands. 

> Was spielt das für eine Rolle? Wenn ich heute wohlhabener bin als vor
> 10 Jahren, dann ist es doch egal, wenn jemand anderes gleichzeitig 5
> mal so wohlhabend geworden ist?

Nein, das ist eben der Punkt, den ich anders sehe. Erstens gibt es
Teile der Bevölkerung, denen es heute bestenfalls genausogut geht wie
vor 10 Jahren. Zweitens orientiert man sich nunmal auch danach, wie
gut es dem Nachbarn geht.

> "Arm" bezeichnet immer relative Armut, weil das am Median der
> Einkommensverteilung gemessen wird. Das bedeutet, das man automatisch
> "ärmer" wird, nur wenn andere reicher werden - selbst wenn der
> tatsächliche Wohlstand identisch bleibt oder gar steigt. Hör auf
> deine eigenen Worte und fang an, Statistiken zu hinterfragen. 
>
> Es gibt in D kaum echte Armut, man konstruiert die absichtlich um
> damit Politik zu machen damit sich der Staat immer weiter ins Leben
> des einzelnen einmischen kann. Daher schreiben auch alle Medien
> permanent gegen die FDP, denn das ist die einzige Partei, die
> zumindest in Ansätzen noch die Freiheit des Bürgers auf ihrer Agenda
> stehen hat.

Ich habe das schon mehrfach erwähnt: Wenn für manche
Bevölkerungsschichten das Einkommen stagniert, obwohl das
Volkseinkommen insgesamt steigt, ist das nicht gerecht. Andersherum
brauchen sich die Bevölkerungsschichten, deren Einkommen deutlich
steigen, doch auch nicht beschweren, wenn der Staat ein wenig mehr
davon abzwackt. Es geht ihnen immer noch besser als vorher.

Vor allem stimmt das Argument der FDP nicht, dass die Leute, die mehr
verdienen, auch mehr leisten würden. Die Klientel der FDP lebt ja zum
Großteil von Kapitaleinkünften, also ohne etwas zu leisten. Und wieso
sollte eine Putzfrau weniger leisten als ein leitender Angestellter?
Man kann Leistung doch nicht ausschließlich über das Einkommen
definieren.

> Warum ist das ein Problem, wenn man absolut trotzdem genug hat?

Diese Frage sollten sich vor allem FDP-Wähler stellen.

> Und
> nochmal: Höhere Löhne bedeuten NICHT mehr Geld, weil dadurch immer
> auch die Preise hochgehen. Oder kannst du mir erklären, wo das Geld
> für die höheren Löhne sonst herkommen soll?

Habe ich schon mehrfach erklärt: Es wird zu Lasten der
Kapitaleinkünfte umverteilt.

> > Das alles ändert nichts daran, dass das Volkseinkommen zwischen arm
> > und reich immer ungleicher verteilt wird.

> Zahlenspielereienm, wie ich mehrfach ohne das du da Widersprochen
> hast, gezeigt habe.

Nein, das sind keine Zahlenspielereien. Die Lohnquote ist auf dem
niedrigsten Stand seit Bestehen der BRD. Du hast ein paar Argumente
genannt, die das vielleicht relativieren, aber nicht widerlegen, und
schon gar nicht das Gegenteil beweisen.

> > die zwei Einkommensarten Arbeitslohn und Kapitaleinkünfte. Eines
> > meiner Hauptargumente bleibt, dass die Löhne *im Verhältnis zu den
> > Kapitaleinkünften* zu niedrig sind.

> Bitte belegen.

Der Anteil der Kapitaleinkünfte ist auf einem historischen
Rekordniveau. Das ist aus meiner Sicht zu hoch.

> Im Volkseinkommen (den ca. 2000 EUR/Nase) sind
> Kapitaleinkünfte übrigends schon drin.

Ja, in der Durchschnittsbetrachtung. Die Kapitaleinkünfte kommen aber
fast ausschließlich dem oberen Drittel der Gesellschaft zu Gute.

> Kapitaleinkünfte werden übrigends meist thesaurierend angelegt, was
> bedeutet, das davon meist einfach neue Anlagen gekauft werden - und
> das sind meinst die Bundesanleihen, die der Staat ausgibt.
> Prinzipiell gehen Kapitaleinkünfte also nicht nur über Steuern,
> sondern auch direkt zu großen Teilen wieder in den Staatshaushalt.

Ja und? Dafür bekommen diejenigen, die genug Geld zum Sparen haben,
auch noch Zinsen ohne Arbeitsleistung.

> > Die wachsende Ungleichheit lässt sich nicht weginterpretieren.

> Genau wie man sie herinterpretieren kann, kann man sie auch
> weginterpretieren. Alles Interpretationssache. Daher ist die
> Interpretation auch viel wichtiger als die nackten Zahlen.

Die wachsende Ungleichheit ist eine Tatsache, keine
Interpretationssache. Du behauptest lediglich, dass sie nicht schlimm
ist, so lange es niemandem schlechter geht. Ich sehe das anders.

> > Eben deshalb geht es darum, dass der wachsende Wohlstand gerecht
> > verteilt wird. 

> Und das wird er nicht, außer man meint, das "gerecht" auch immer
> "gleichmäßig" bedeutet. "Gerecht" kann auch bedeuten, das manche mehr
> und andere wenig bekommen. Immer eine Frage des
> Gerechtigkeitsbegriffs. Sozialisten sehen das natürlich anders als
> Kapitalisten, daher spricht man halt auch von Ideologien. Meine These
> ist aber, das es vor allem darauf ankommt, was für den einzelnen bei
> rauskommt und da ist es besser, wenn etwas "ungerecht" verteilt ist,
> wenn letztlich dann auch für die "armen" mehr abfällt als es bei
> "gerechter" Vertielung im Alternativsystem der Fall wäre.

> Mit anderen Worten: Lieber arm in Deutschland, als
> Durchschnittsverdiener in den meisten anderen Ländern der Welt.

Ja, das ist aber nur Polemik, kein Argument. Man muss übrigens kein
Sozialist sein, wenn man Umverteilung fordert.

> > Es gibt viele Studien, die belegen, dass das gefühlte
> > Glück der Bevölkerung eines Land stark mit einer möglichst gleichen
> > Verteilung der Einkommen korreliert.

> Logisch, der Grund ist der Neidkomplex: Viele Menschen sind lieber
> arm, als das ihr Nachbar mehr hat. Daher hat der Sozialismus auch so
> viele Freunde, viele Menschen können es einfach nicht ertragen, das
> es anderen besser geht als ihnen. Es gibt aber auch Studien, die
> zeigen, das das Glück der Bevölkerung ebenfalls mit dem absoluten
> Einkommen korreliert. Da sind immer mehrere Faktoren im Spiel.

Nein, es ist eben nicht der Neidkomplex. Mit dieser Erklärung machst
du es dir zu einfach. Siehe mein Buchtipp unten.

> > Nein, Geld ist eine Forderung. Forderungen sind durchaus real.

> Schau: Du magst "Forderungen" in Höhe von 1 Mrd EUR haben. Toll. Aber
> wirklich nutzen kannst du das erst, wenn du die Forderung eintreibst
> *und* dir von dem Geld auch was kaufst.
>
> Die meisten heute existierenden Forderungen kann aber eh niemand
> zurückzahlen. Denkst du etwa, D kann die Forderungen zurückzahlen?
> Die haben etwa die Höhe des kompletten jährlichen Volkseinkommens. Da
> müßten ca. 3 Jahre die kompletten Steuereinnahmen reingesteckt
> werden, um das zu finanzieren. Das ist de facto unmöglich, man
> bekommt ja nicht mal in guten Jahren einen Haushalt ohne
> Neuverschuldung hin.

Exakt. Das Problem entsteht, wenn du die Forderung eintreiben willst,
und der Schuldner nicht zahlen kann. Genau aus diesem Grund ist es
nicht egal, wenn sich das Vermögen auf immer weniger Menschen
konzentriert.

> > Unsinn, ein Großteil der Bevölkerung hat gar nicht die Ersparnisse,
> > um auf den Kapitalmärkten mitzuspielen.

> Auch mit 5000 EUR kann man da durchaus mitmachen.

Theoretisch, vielleicht. Praktisch, nein. Und selbst wenn du 5000 EUR
verfünffachst, bringt dich das nicht wirklich weiter. Bei 100.000 EUR
sieht das schon anders aus.

---

Ich glaube wir haben unsere unterschiedlichen Standpunkte zur Genüge
klar gemacht. Eine weitere Diskussion ist wohl fruchtlos.

Ich würde dir noch gerne einen Buchtipp mitgeben, der meine Sicht der
Dinge sehr schön illustriert:

"Gleichheit ist Glück"
von Kate Pickett und Richard Wilkinson

> http://www.zweitausendeins.de/artikel/buecher/sachbuecher/politik_zeitgeschichte/?ArticleFocus=0&show=250010&CT=1

Die Autoren kommen zu dem interessanten Schluss, dass in Ländern, in
denen es eine eher gleichmäßige Verteilung der Einkommen gibt, sogar
die Reichen glücklicher sind.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten