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  • Prof. Dr. Klaus Moegling

326 Beiträge seit 02.05.2019

NATO-Osterweiterung. Eine Einschätzung.

Die ab 1998 schrittweise ratifizierte NATO-Osterweiterung um osteuropäische Staaten und die baltischen Länder wurde von Putin nachträglich mehrfach als Ausdruck gebrochener vertraglicher Vereinbarungen bezeichnet. Zusagen, dies nicht vorzunehmen, gab es jedoch im 2-plus-4-Vertrag nicht, nur im Vorfeld nicht-legitimierte mündliche Zusagen (Baker, Genscher), die wieder auf Druck des US-Präsidenten George H.W. Bush 1990 zurückgenommen wurden. Putin bezieht sich, die Geschichte passend zu seinen Absichten auslegend, bewusst auf diese Anfangsphase der Gespräche und lässt das eigentliche Ergebnis, die Festlegungen des 2-plus-4-Vertrags aus, den Russland allerdings mitunterschrieben hatte.
Ein souveräner Staat besitzt die Freiheit, sich sein Sicherheitsbündnis selbst auszusuchen. Dies konnte also aus einer völkerrechtlichen Perspektive auch überhaupt keine Verhandlungsmasse sein. Gorbatschow akzeptierte hingegen Zahlungen von Milliarden DM von Seiten der Bundesrepublik für die hochverschuldete UDSSR und verzichtete im Gegenzug auf Festlegungen des 2-plus-4-Vertrags hinsichtlich einer NATO-Osterweiterung.
Hierbei übte die NATO dann in den folgenden Jahren keinerlei Druck auf die osteuropäischen Staaten aus, der NATO beizutreten. Das NATO-Bündnis war für die einstigen Staaten unter sowjetischer Herrschaft wichtig, da sie sich hiervon den Schutz vor einer erneuten russischen Besetzung und Herrschaft versprachen.
Daher ist auch zu fragen: Was hätte es bedeutet, wenn osteuropäische Staaten und die baltischen Länder nicht in die NATO (und die EU) aufgenommen worden wären? Wären insbesondere Litauen, Estland und Lettland jetzt noch souveräne Staaten oder wären sie bereits von den Truppen der Russischen Föderation überrannt worden und per Parlamentsbescheid und Verfassungsänderung in die Russische Föderation eingegliedert?
Ein historischer Fehler war es m.E. dennoch von George W. Bush 2008 zusätzlich noch der Ukraine und Georgien eine NATO-Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen. Frankreich und Deutschland versuchten ein NATO-Beitrittsversprechen zu verhindern. US-amerikanische Analysten, aber auch russische Spitzenpolitiker, z.B. Putin, hatten mehrfach deutlich gemacht, dass hiermit eine ‚rote Linie‘ überschritten werden würde. Putin hat dementsprechend auch mehrfach deutlich gemacht, dass ein weiteres Heranrücken der NATO die Russische Föderation zu Maßnahmen zwingen würde. Hätte man von Seiten der NATO die Drohungen des russischen Präsidenten – auch wenn sie völkerrechtlich nicht legitimiert sind – ernster nehmen und die Konsequenzen in Verhandlungen mit Russland ausloten müssen, um das Leben von Hunderttausenden junger Menschen zu retten und das ganze Kriegsleid sowie die Zerstörung von Infrastruktur und Umwelt zu verhindern? Ist die NATO-Zusage für die Ukraine die Eskalation hin zu einem Nuklearkrieg wert? Hätte man sich nicht auf den zukünftigen EU-Beitritt einer sich entwickelnden Ukraine bei einem Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft konzentrieren sollen?

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