elChoclo schrieb am 23.09.2024 11:12:
Das Narrativ 'Die 5%-Hürde verhindert eine Unregierbarkeit' hat sich ins Gegenteil verkehrt. Es wäre imho an der Zeit, über deren Sinnhaftigkeit zu diskutieren.
Die 5%-Hürde gehört generell abgeschafft. Voraussetzung zum Einzug in den jeweiligen Landtag ist entweder ein Direktmandat oder genügend Stimmanteile, um einen Sitz zu erringen. Wenn je die Hälfte aller Sitze auf Direktmandate und auf Listenkandidaten entfallen, sind es 44 Sitze im Brandenburger Parlament, um die es dann am Ende geht - und dafür bräuchte man rund 2,27% Stimmanteile.
Interessant ist übrigens noch eins:
Ursprünglich ging mancheiner davon aus, das BSW würde der AfD Stimmen abspenstig machen und somit schwächen. Nun sind drei Landtagswahlen durch mit immer dem gleichen Ergebnis: die AfD gewann an Stimmen hinzu, das BSW zog ein.
Sachsen:
AfD: 30,6% (+3,1%)
BSW: 11,8%
Protestkoalition: 42,4%
Thüringen:
AfD: 32,8% (+9,4%)
BSW: 15,8%
Protestkoalition: 48,6%
Brandenburg:
AfD: 29,2% (+5,7%)
BSW: 13,5%
Protestkoalition: 42,7%
In allen drei Bundesländern ist der eigentliche Gewinner die "Protestkoalition". Nach Abzug der an der 5%-Hürde gescheiterten Parteien gewinnt diese Konstellation noch an Stimmen und kann in Thüringen sogar die Mehrheit verbuchen, in Brandenburg praktisch Stimmparität erringen im Landtag.
Die Hoffnung, das BSW würde die AfD schwächen, indem viele Wähler, denen die Partei zu rechtslastig ist, zum BSW abwandern würden, hat sich also nicht bestätigt. Im Gegenteil: das BSW profitiert vor allen Dingen von unzufriedenen Wählern der Linken, der Grünen und der SPD. Außerdem sind wieder mehr Wahlberechtigte an die Urne getreten und haben ihre Stimmen abgegeben - die meisten davon dürften sich für die AfD oder das BSW entschieden haben.
Damit ist beiden Parteien gelungen, den Negativtrend bei den Nichtwählern umzukehren und sie zu Protestwählern zu machen. Es herrscht eine gewisse "Wendestimmung", insbesondere wenn die aus Protest gewählte BSW in einem der Länder Regierungsverantwortung übernimmt und in ihrem Selbstbewusstsein die nötigen politischen Kursänderungen einläuten kann.
Also ich empfinde das als POSITIV für die Demokratie.