Wenn man deine Argumentation folgt gibt es gar keine Beleidigungen. Ein Schwein ist einfach ein Tier, ein Arsch ein Teil der Anatomie und ein motherf****r (nicht dass ich hier noch gesperrt werde) nur jemand mit einer ungewöhnlichen Sexualpräferenz. Und vielleicht ist es wirklich so dass es dich völlig kalt lässt, wenn du mit einem dieser Begriffe bezeichnet wirst. Aber falls du nicht unter einem Stein gross geworden bist und zumindest ein Minimum an Sozialisation erlebt hast, hast du vermutlich gelernt dass das nicht allen Menschen so geht.
Diese Schlussfolgerung ist unzutreffend. Ich schließe eine beleidigende Verwendung nicht aus. Meine Argumentation beabsichtigt vielmehr, dass diese Wörter je nach Kontext beleidigend oder wertneutral gebraucht werden können. Ich kann das Wort "Neger" benutzen, ohne es mit beleidigender Absicht zu gebrauchen. Für mich sind Neger, Indianer, Weiße, Zigeuner, Asiaten Begriffe, die ich wertneutral verwenden kann. Anders sieht es mit Begriffen wie "Schlitzauge", "Schwuchtel" oder "Nigger" aus, die ich als ausschließlich beleidigend empfinde und daher selbst nicht verwende. Gleiches gilt für die von Dir genannten Beispiele. Ich würde aber nicht "S-Wort" sagen, weil ich mich schäme, das Wort "Schwein" auszusprechen. Ich halte das für lächerlich.
Ich selbst mag z.B. die Begriffe "Alman" oder "Biodeutscher" nicht, würde aber dem Verwender nicht sofort an die Gurgel springen und ihm verbieten, diese Begriffe zu verwenden, sofern er dies nicht in beleidigender Art und Weise tut.
Ich kenne jemanden, der selbst teilweise von Zigeunern abstammt und das Wort "Zigeuner" in diesem Zusammenhang selbst verwendet, manchmal mit einem Augenzwinkern. Dies ist ein Beispiel für den von mir beschriebenen "entspannten" Sprachumgang.
Ich halte es beispielsweise für falsch, Kinderbücher sprachlich zu überarbeiten, nur weil das Wort "Mohr" dort vorkommt. Die so bezeichneten Menschen werden dort nämlich i.d.R. mit dieser Betitelung nicht beleidigt, sondern klar erkennbar wertneutral beschrieben. Ich halte es auch für falsch, die "Zigeunersauce" zwangsweise in "pikante Paprikasauce" umzubenennen.
Diese ganze Debatte ist aus meiner Sicht von Überempfindlichkeit und mangelnder Differenzierung geprägt. Manche verwenden hierzu den Begriff "Cancel Culture".
Diese Problematik ist beispielsweise treffend in dem folgenden Werk illustriert:
https://www.perlentaucher.de/buch/rene-pfister/ein-falsches-wort.html
(Ich habe es selbst noch nicht gelesen.)
Es ist für mich der Ausdruck einer US-amerikanischen Kultur der Bigotterie, in der z.B. Bier in der Öffentlichkeit nicht getrunken werden darf, obwohl der Alkoholkonsum durchaus ähnlich verbeitet ist wie hier. Ähnliches gilt für die dortige Einstellung zur medialen Darstellung von Nacktheit (verpönt) und Gewaltdarstellungen (unproblematisch). Viele Deutsche übernehmen völlig unreflektiert solche US-amerikanischen Idiotien. Je bekloppter, desto besser.
Speziell im Zusammenhang mit Rassismus wird diese konfrontative Geisteshaltung beispielsweise hier dargestellt:
https://www.luebbe.de/quadriga/buecher/gesellschaft/nicht-mein-antirassismus/id_8899794
Die wesentliche Problematik ist, dass es Vielen nur noch darum geht, einen Anlass zur Aggression zu suchen.
Ein grundlegender Appell der Autorin ist es, die verschiedenen Seiten zu mehr gegenseitigem Verständnis aufzufordern. Ich halte das für den richtigen Weg. Oft fehlt es den Beteiligten aber schon an der grundsätzlichen Bereitschaft dazu.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.05.2023 07:39).