Captain Data schrieb am 28.02.2022 12:34:
Gut, wir haben noch unsere "Freunde und Partner" aus den USA stationiert und natürlich gibt es formal die Bundeswehr. Es gibt Soldaten, es gibt Züge, Regimenter, Divisionen usw. usf. Und natürlich haben wir eine Luftwaffe, eine Panzerwaffe, U-Boote, hochseetaugliche Kriegsschiffe und vieles, vieles mehr. Das ganze ist auf dem Papier nicht wenig.
In der Realität auch nicht.
Nur: der Generalinspekteur der Bundeswehr müsste seit Jahren mit verheulten Augen vor dem Bundesverteidigungsministerium auftauchen, weil das meiste Gerät bestenfalls "bedingt einsatzbereit" ist - oder gar so vernachlässigt wurde, dass auch umfassende Reparaturen keine vollständige Einsatzfähigkeit herstellen werden können. Manches Material ist schlichtweg so veraltet, dass Ersatzteilbeschaffung schwierig ist bzw. die Teile neu aufgelegt werden müssen, was eben auch wieder die Preise treibt. Und selbst wenn wir all das mal ignorieren: selbst die "Königin der Waffen", der Infanterist, ist in einem bedauernswerten Zustand. Danken wir dafür der aktuellen EU-Kommissariatspräsidentin, Frau v.d.Leyen, die vorher als Bundesverteidigungsministerin vor allen Dingen SMS "verloren" hat, viel Geld für "Berater" ausgab und auf die lustige Idee kam, dass das G36 gar kein für Dauerfeuer ausgelegtes Maschinengewehr ist und deshalb ausgemustert werden müsse - obwohl es ein für kurze Feuerstöße ausgelegtes Sturmgewehr sein soll. Selbst ein altgedienter Wehrdienstverweigerer wie ich kennt den Unterschied zwischen den beiden Dingen.
Jetzt kommt Scholz und kippt 100 Milliarden Euro auf die marode Truppe. Im Grunde gießt er mit vollem Überschwang so viel Wasser auf die vertrocknete Erde, dass selbige gar nichts aufnimmt und die Pflanze bestenfalls von einem Bruchteil des erquickenden Nass profitieren wird. Der Rest lappert wirkungslos über die trockene Erde und entschwindet dann irgendwohin.
Die 100 Milliarden Euro sind praktisch Verschwendung. Denn erst einmal müsste feststehen, wie man aus dem einsatzuntauglichen Material wieder etwas brauchbares machen kann. Panzer reparieren, Hubschrauber sanieren, die U-Boote wieder auf Vordermann bringen? Was wird gebraucht für die Kriege des 21. Jahrhunderts, brauchen wir da noch Panzer? Oder sind bunkerbrechende Marschflugkörper taktisch sinnvoller zu gebrauchen? Was ist mit dem Infanteristen, wie rüstet man den aus, wie schult man ihn? Welche Waffe bekommt er in die Hand gegeben, wenn das G36 ausgemustert werden soll?Fragen über Fragen.
Ich denke, man kann all diese Fragen, die ich durchaus berechtigt sind, hin und her drehen wie man möchte - am Ende kommt man immer auf einen grundlegenden Punkt. Und der besteht in der Frage, ob man denn nun eine Armee zur Verteidigung des eigenen Landes und zur Abdeckung von Bündnisverpflichtungen unterhalten möchte oder nicht. Und ich finde, wenn man das denn machen möchte, dann sollte man es auch bitteschön nicht halbherzig, sondern richtig machen.
Nun hat Kanzler Scholz dazu gestern eine sehr klare Aussage gemacht - es soll getan werden.
Damit steht Frau Lamprecht als Verteidigungsministerin nun vor einer echten Mammutaufgabe. Sie besteht darin, all die Versäumnisse, die sich unter ihren Amtsvorgängern in den vergangenen 30 Jahren aufgetürmt haben, in Rekordzeit abzuarbeiten.
Da sehe ich im Moment tatsächlich einen der größten Knackpunkte bei der Aktion: die Frau ist Anwältin und Verwaltungsexpertin, hat mithin von Militär so viel Ahnung wie ein Mühlstein vom Schwimmen.
Ich bin mir sicher, nicht eine davon ist auch nur am Rande im Bundestag erwähnt worden. Nur, dass man "viel Geld, 2% des BIPs, wie gefordert von der NATO" ausgibt.
Nein, nicht wie von der Nato gefordert, sondern wie mit Beitritt zur Nato zugesichert.
Aber man kann für 100 Milliarden Euro eben x Panzer erwerben oder y Flugzeuge oder z Hubschrauber. Oder man bekommt dafür 10 Millionen Infanteristen ausgestattet mit moderner Technik und Munition … oder man bekommt ein paar tausend goldene Kloschüsseln vom bevorzugten / exklusiven Wehrmateriallieferanten.
Das stimmt, man kann mit so viel Geld schon eine ganze Menge anstellen.
Achso, und wofür das alles? Für den neuen Ostfeldzug?
Welchen Ostfeldzug? Es zieht niemand gen Osten ins Feld.
Ich denke, als allererstes muß es darum gehen, die Bundeswehr so aufzustellen, dass sie wieder in die Lage versetzt wird, ihrem Auftrag gerecht werden zu können. Und der lautet in erster Linie Landesverteidigung.
Was, wenn der Russe nicht wartet, bis die Deutschen aufgerüstet haben? Was, wenn er sich entschließt, nächste Woche nach Berlin zu fahren?
Dann hat Putin sich mit der gesamten Streitmacht der Nato angelegt - über 3 Millionen Mann alles in allem, und zum Glück nicht alle so schlecht ausgerüstet wie derzeit unsere Armee.
Für den aktuellen Krieg kommt der Vorstoß, die marode Truppe wieder zu einer wehrtauglichen Einheit zu formen, reichlich spät.
Zu formen ist da nicht viel. Es ist nicht so, dass unsere Soldaten nicht wissen, wie man einen Raketenwerfer bedient oder einen Panzer fährt. Sie haben halt nicht genug von dem Zeug.
Besonders peinlich ist eigentlich nur, dass die größten Kriegsbefürworter in Europa in Berlin sitzen, SPD und Grüne heißen
Zeig mir eine Aussage, nur eine einzige, mit der SPD oder Grüne diesen Krieg beFÜRworten.
und nicht nur mal wieder Verrat an ihren eigenen Idealen begehen (Frieden und Umweltschutz),
Frieden funktioniert halt leider nicht, wenn irgend ein Befehlshaber daher kommt und mit seiner Armee durch Länder walzt, in denen er nichts zu suchen hat. Was sich dann stellt ist die Frage: möchte man ihn machen lassen? Um den Preis, dass nicht nur Frieden, sondern auch Freiheit, Gerechtigkeit, Rechtstaatlichkeit und letztendlich auch Wohlstand vor die Hunde gehen? Oder ist vielleicht eins oder mehrere dieser Dinge es wert, verteidigt zu werden? In dem Fall braucht man Waffen. Denn mit Idealen und schönen Worten ist es bis heute noch niemandem gelungen, eine einmarschierende Streitmacht aufzuhalten.
sondern auch noch mit nichts in der Hand den russischen Bären verärgern wollen.
So, wie ich das sehe, ist es eher der Bär, der andere zu verärgern sucht.
"Darwin Award" beschreibt nicht ansatzweise diese Grenzerfahrung, die uns da die Bundesregierung einbrocken will.
Ich würde hier nicht den Darwin-Award als Analogie heranziehen wollen. Was in der Ukraine geschieht, hat nichts mit natürlicher Auslese oder dergleichen zu tun. Da geht es einzig und allein um Macht. Das ist ein Unterschied.
Allein dafür - aus reinem Eigenschutz - gehe ich für Frieden auf die Straße. Und dann ist da noch die Hoffnung, dass nach dem "mit Waffen erwirkten Regime-Change"
Das muss Putin erst noch schaffen - der Drops ist mMn. noch lange nicht gelutscht.
in der Ukraine vielleicht sich der russische Bär zufrieden gibt und gar kein Interesse daran hat, der NATO vor die Füße zu schlagen. Wäre ein durchaus attraktiver Ausgang der Sachlage.
Ja. Man müsste sich dann nicht der unbequemen Frage stellen, was man, wenn es hart auf hart kommt, bereit ist zu tun.
Die Alternative ist: aus einem regionalen Handstrichkrieg einen großen europäischen Krieg machen. Ich mach da nicht mit.
Du möchtest also die Ohren für die Hilferufe aus der Ukraine verschließen, die Hände in den Schoß legen, das beste (nämlich dass der Krieg dort bleibt) hoffen, und am Sonntag vielleicht ein bisschen demonstrieren gehen?