Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Da bricht Russland einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun, und die einschlägigen Spezialisten hier im Forum verlangen von den anderen europäischen Staaten, jetzt ja nicht noch Öl ins Feuer zu gießen, zu deeskalieren, die russischen Forderungen, die man vor dem Überfall auf die Ukraine abgelehnt hatte, jetzt zu akzeptieren und bloß nicht einen Atomkrieg zu riskieren.
Hallo, geht's noch? Die NATO-Länder und die übrigen Nachbarstaaten Russlands sollen jetzt präventiv kapitulieren, weil sie sonst dafür verantwortlich wären, dass Putin einen Atomkrieg vom Zaun bricht? Was ist denn das für ein Unfug?
Selbstverständlich löst ein derart brutal geführter Angriffskrieg gegen die Ukraine Ängste in anderen osteuropäischen Ländern aus. Wenn hier jemand für die von den Putin-Freunden hier beklagte Eskalation verantwortlich ist, dann ist das doch wohl der Aggressor, und das ist nun einmal Wladimir Putin.
Vor drei Jahren hatte der französische Präsident der NATO attestiert, schon hirntot zu sein. Hat der gute Herr Putin davon nichts mitbekommen - oder davon, dass führende Politiker in Deutschland seit Jahren auf das 2-Prozent-Ziel der Nato shicen und den Wehretat weiterhin als primäres Kürzungsobjekt betrachten? Vor dieser NATO soll das große, mächtige Russland so furchtbare Angst, dass es einen Präventivschlag gegen die Ukraine führen muss?
Russland hätte eigentlich nur gemütlich dabei zusehen müssen, wie die NATO vor sich hin verwest. Aber nein, der Superstratege im Kreml meinte, russische Erde sammeln zu müssen und hat damit der laut Macron hirntoten NATO neues Leben eingehaucht.
Und selbstverständlich wird ein Volk wie die Finnen, denen der Winterkrieg von 1939/40 noch in den Knochen steckt, angesichts der Kriegsgräuel in der Ukraine zusehen, wie man sich dagegen absichern kann, dass so etwas im eigenen Land passiert.
Jetzt hat dieser Superstratege wirklich das, was er nach den einschlägigen Forums-Experten mit seiner "Spezialoperation" verhindern wollte: Eine wiederbelebte, gestärkte NATO, die geschlossen Russland als Hauptfeind betrachtet und wirklich in die Enge treibt.
Man kann für uns, für Russland und die Welt wirklich nur hoffen, dass es in Moskau noch aufrechte Patrioten gibt, die Putin und seine Clique auf die eine oder andere Weise aus dem Kreml entfernen. Klar ist aber auch: Niemand kann von den übrigen europäischen Ländern erwarten, auf Putin in einer Weise zuzugehen, die dieser als Schwäche interpretieren könnte. Denn niemand will das Schicksal der Ukraine teilen.