In der Ukraine wird NS2 recht einhellig als außenpolitische Niederlage des Landes angesehen. Interessanterweise gibt es mittlerweile darunter auch einige Stimmen, die die Schuld daran durchaus auch bei der Ukraine selbst sehen.
Das von der Sowjetunion geerbte Gasleitungssystem wurde über viele Jahre hinweg als quasi garantierte Geldquelle angesehen, die man einfach nur melken muss. Gesetzlich war eine Privatisierung des Gasleitungssystems verboten, es wurde als wertvoll betrachtet und sollte nicht in die Hände von Ausländern fallen. Mittlerweile sagen viele, dass es für die Ukraine besser gewesen wäre, wenn man das Gasleitungssystem rechtzeitig an z.B. die EU oder Deutschland übertragen hätte - mit der Konsequenz, dass in diesem Fall Ausländer (gegen Entgelt) das System betrieben (und auch instandgehalten) hätten und somit auch Russland einen verlässlicheren Vertragspartner gehabt hätte. Dann, so die nicht ganz abwegige Schlussfolderung, hätte Russland weniger Anreiz besessen, NS1 und nunmehr NS2 zu bauen. Allerdings kommen diese Überlegungen jetzt natürlich zu spät und dementsprechend geht es für die Ukraine nur noch darum, Konsequenzen aus der neuen Sachlage zu ziehen.
Leider lügen sich Politik und Medien in einem wesentlichen Punkt immer noch selbst etwas vor: Es funktioniert auf Dauer nicht, einerseits Russland bei jeder Gelegenheit ans Bein zu urinieren und zugleich zu erwarten, dass Russland weiterhin brav die alten Transportwege unverändert weiternutzt und Geld an die aktuell ziemlich russlandfeindliche Ukraine zahlt. Das würde im Privatleben nicht funktionieren, und es funktioniert in der Außenpolitik nicht (jedenfalls nicht bei Russland).
Mal schauen, wann diesbezüglich in der Ukraine die Einsicht reift.