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  • JohnGeorge24

mehr als 1000 Beiträge seit 30.06.2015

Aggressiv ist, wer zwischenstaatliche Regeln des Agierens überschreiten kann,

ohne dass man selbst etwas dagegen zu tun im der Lage ist. 'Man selbst' kann durch jedweden Landesnamen oder Bündnisnamen ersetzt werden.

Ich persönlich bin der Meinung, dass die Zeit nach 1989 bis zum 11. September 2001 nicht genutzt wurde, um ein vernünftiges Regelwerk der Mächte auf der Nordhalbkugel für zwischenstaatliches Handeln aufzusetzen. Über die Gründe kann ich, der ich mich informationstechnisch von den Brosamen der internationalen Presse ernähren muss, nur spekulieren: die menschliche Natur, der Drang, das zu tun, was möglich erscheint.
Russland schien kollabiert, China verhielt sich noch für die Öffentlichkeit sehr zurückhaltend und so sahen die USA die Möglichkeit, die Gefahrenherde in ihrem Sinne neu zu ordnen.
Die Rede von Wladimir Putin im Deutschen Bundestag am 25.09.2001 scheint ungehört verhallt zu sein, was angelsächsischem Sportgeist entspricht: the winner takes all, oder, silver medal, loser medal.
Dass schon damals auch ein eher unbedeutendes Land für Weltmächte zum unlösbaren Problem werden kann, wollte man noch nicht sehen. Nord Korea ist ein solches Land, der Iran ein anderes. Russland wurde damals maßlos unterschätzt und heute ist man in Panik, befürchtet, sie könnten einem das Licht ausknipsen.

Meiner Überschrift hinzuzufügen ist, dass der mächtige Staat sich dadurch auszeichnet, dass er Regeln überschreitet, ohne dafür sanktioniert zu werden. Am besten Regeln, die man selbst aufgestellt hat: quod licet Jovi non licet bovi.
Es macht allen anderen Mitspielern ihre Ohnmacht klar. So sehe ich die Einflussnahme damals in der Ukraine, heute in Belarus und die Gegenmaßnahmen: Annektion der Krim, Verhaftung der Protestierenden in Minsk, Einflussnahme über Trump. Tit for tat, wie die Engländer sagen. Ärger im Baltikum und in Moskau erscheint meiner Meinung nach fast schon zwangsläufig.

Die NATO muss nun zwangsläufig größer gedacht werden. Aus westlicher Sicht. Sie muss als Inkarnation des Bösen dargestellt werden, aus Sicht der Konkurrenten. Alles Teil der hybriden Auseinandersetzung.

Wo sehe ich persönlich unseren Platz? Ganz klar in Europa. Wir können mit Diversität umgehen, müssen uns aber vor Zerfledderung schützen. Wir können keine Machtpolitik mehr. Wir müssen lernen, Regelverletzern jedweden Geschlechts und jedweder Ethnie und jedweder Staatszugehörigkeit auf die Finger zu klopfen, auch mit Waffengewalt, und alle daraus folgenden Konsequenzen ertragen. Nur wenn wir bereit sind, unsere Interessen auch aggressiv durchzusetzen, werden wir andere davon abhalten, aggressiv gegen uns vorzugehen.

Die angelsächsische Welt, die sich durch den Brexit für die Zukunft neu aufgestellt hat, steht uns sehr nahe. Die gemeinsame Kultur, die Aufklärung und Demokratie hervorbrachte und stetig weiterentwickelt, ist ein starkes Band. Die Globalisierungsbrachen in Amerika eine große Gefahr für diese Kultur.
Zu Russland müssen wir einen Weg finden, die Russen aber auch zu uns. Starke Symphatie auf beiden Seiten könnte den Weg ebnen. Das Christliche verbindet, die undemokratische Staatspraxis dort entzweit.

Wir haben 2021. Wir haben 20 Jahre vertrödelt. Ich halte es mit 'One Drop Only', einer Werbung aus meiner Kindheit: Es ist selten zu früh und nie zu spät.

Danke für den Artikel Herr Mühlbauer. Ihr Texte sind immer hervorragende Ausgangspunkte für eigene Kreativität. Aus meiner Sicht kann ich einem Journalisten kein größeres Kompliment machen.

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