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  • T. McKenna

91 Beiträge seit 23.01.2023

Der Begriff "Nazi" ist nunmehr sinnentleert

Zum Thema: Der Begriff "Nazi" wurde in den letzten Jahren derartig häufig gegenüber so vielen verschiedenen Individuen und Menschengruppen gebraucht, dass er vollkommen sinnentleert wurde. Er hat seine Schärfe verloren. Er ist das schärfste rhetorische Mittel, das wir haben, um absolute Inhumanität zu beschreiben - nun ist der Begriff stumpf geworden.

Zur NS-Ideologie: Die Nationalsozialisten glaubten an die Überlegenheit und Auserwähltheit der "arischen"/"nordischen"/"germanischen" (je nach NS-Rassemodell) Rasse. Sie sahen in Slawen und Juden minderwertige Menschen, strebten die Unterwerfung ersterer, die Vernichtung letzterer, und den Zugewinn von Lebensraum im Osten an.
Sie brachten Millonen Juden auf industrielle Art und Weise um. (Nicht zu vergessen die tausenden Toten sowjetischen Kriegsgefangenen, politisch Verfolgte und behinderte Menschen). Für Menschen wie Rudolf Höss oder Adolf Eichmann war die Vernichtung der europäischen Juden lediglich eine organisatorische und logistische Herausforderung, die bewältigt werden musste.
Ein derartiges Verbrechen - das massenhafte Töten von Menschen als Industrie - hat es zuvor und seitdem in der Menschheitsgeschichte nicht mehr gegeben und es überschattet neuere Genozide wie in Ruanda m.M.n. in seinen Dimensionen immernoch bei Weitem.

Wenn man jemanden als einen Nazi zu bezeichnet, rückt man ihn demnach in eine Reihe von Menschen, die nichtsweniger als den Holocaust geplant und durchgeführt haben... Desweiteren ist die NS-Ideologie selbst unter faschistoiden Regimen eine sehr spezielle Weltanschauung - Rassenhierarchische Supremität, Lebensraum im Osten, Vernichtung der Juden, Blut und Boden. Wenn wir jemanden "Nazi nennen, werfen wir demjenigen vor, an all das oder zumindest an wesentliche Teile dieser Ideologie zu glauben. Wie viele Menschen tun das heutzutage?

Nunmehr können intellektuelle Tiefflieger, wie Jan Böhmermann, schreiben, dass die CDU "Nazis mit Substanz" seien. Und so leistet er dem öffentlichen Diskurs in Deutschland einen weiteren Bärendienst, denn nunmehr ist offenbar jeder ein Nazi, der sich kritisch zur deutschen Migrationspolitik äußert oder der nicht gendert. Gratuliere. Ja, so werden die NS-Verbrechen relativiert und der Begriff "Nazi" bedeutet nunmehr rein garnichts.
Vielleicht gibt es einige wenige wirkliche Nazis in der AFD, bestimmt sogar, aber die Partei deswegen als Nazi-Partei bezeichnen? Unfassbar. Nichts aus der Geschichte gelernt. Anstatt sich inhaltlich mit der AFD auseinanderzusetzen und Menschen mit realpolitischer Weitsicht zurückzugewinnen, verwässert man lieber das dunkelste und mahnenste Kapitel der eigenen Landesgeschichte.

Und wenn es wirklich einmal wieder zu entsetzlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Deutschland kommen sollte, dann werden uns die Wörter fehlen, die die notwendige, gesellschaftlich anerkannte Schärfe hätten.

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