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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Differenzierungsdefizit

Fehlen solche Tatsachengrundlagen, ist die Bezeichnung als Faschist oder Nazi hingegen rechtswidrig...

Für ein Gericht ist das eine reichlich ungenaue Aussage. Begriffe 'Faschist' und 'Nazi' sind nicht deckungsgleich. Ein Nazi ist ein Faschist, ein Faschist aber nicht zwingend ein Nazi, also ein deutscher Faschist respektive ein Faschist in der Tradition der NSDAP. Viele aktuelle rechtsextreme Parteien sind nur marginal antisemitisch, manche unterhalten sogar gute Beziehungen zu Israel. Nicht überall und nicht bei allen, aber bei einer Mehrheit ist die Islamophobie an die Stelle des Antisemitismus getreten, als Sündenböcke fungieren also nicht mehr Juden, sondern Moslems. Das ist bekanntlich auch weit übers rechtsextreme Spektrum hinaus weit salonfähiger.

Ein nicht, oder nur marginal antisemitsch denkender Mensch ist gewiss kein Nazi, aber unter Umständen ein Faschist, also ein Befürworter autoritärer Staatsstrukturen, starrer Geschlechtsrollenbilder, völkischen Nationalismus, in sozialer Hinsicht absolut illiberal. Wirtschaftspolitisch gibt es ebenfalls grosse Unterschiede. Es gibt diejenigen, die die Privatwirtschaft unter enge staatliche Tutel nehmen wollen, wie historisch die NSDAP, und andere, die bis zum Exzess neoliberal sind, also den Staat praktisch aus der Gleichung streichen, ein aktuelles Beispiel ist der argentinische Präsident Milei, den man aufgrund seiner Bewunderung für die ehemalige argentinische Militärdiktatur sicher als Faschisten, aber nicht als Nazi bezeichnen kann, da er ein geradezu fanatischer Israel-Apologet ist, der sich sogar mit einem Übertritt zum Judentum trägt.

Wer die AFD als Nazipartei bezeichnet, betreibt Geschichtsklitterung. Als faschistisch gesinnte Partei kann man sie dagegen wohl schon bezeichnen. Dass in Deutschland nicht differenziert wird, hängt wohl paradoxerweise mit dem praktizierten politischen Reduktionismus zusammen, der Reduktion der Ungeheuerlichkeit der Politik der NSDAP auf den Judenhass, den Holocaust (was an sich ja mehr als abscheuerregend ist, aber leider nicht alles). Einer rechtsextremen deutschen Partei wird automatisch derselbe rasende Antisemitismus unterstellt, auch wenn es dafür kaum Belege gibt, umso mehr aber für Islamophobie.

Disclaimer: Das Vorstehende ist meine persönliche Ansicht und verfolgt keinesfalls die Absicht, irgendjemanden irre zu führen. Im Gegenteil.

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