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  • Harry Boeck

mehr als 1000 Beiträge seit 14.03.2000

Interessanter Artikel, ich helfe mal zusammentragen...

Den Artikel finde ich spannend. Interessant vor allem die sachlich
treffenden Formulierungen.

> "Bis 1989 waren 14 Mitglieder des ZK der SED frühere NSDAP-Mitglieder."

Um das einzuordnen in einen Kontext:

> http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistische_Einheitspartei_Deutschlands#Zentralkomitee
> http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Deutsche_Arbeiterpartei#Mitglieder
> http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Reich_1933_bis_1945
(Bevölkerungszahl: rund 80 Millionen)

Wir stellen also fest, daß gegen 1945 rund 10% der gesamten
Bevölkerung Deutschlands in der National-SED organisiert waren. Wobei
mit Sicherheit ein wenig moralischer Spielraum existierte. Wobei
allerdings wiederum anzumerken wäre, daß die Übernahme aus der
Hitlerjugend (die Voraussetzung für die Aufnahme als neues Mitglied
war) in einem Alter geschah, wo die herangewachsenen Jugendlichen
gerade eben gut genug zum militärischen Verheizen geworden waren (18
Jahre). Unter der Rahmenbedingung, daß sie in ihrer gesamten Kindheit
und Jugend von einem Sumpf erwachsenen Faulschlamms umgeben waren,
von dem eine Kontaminierung abzuwenden eine erhebliche Intelligenz
und Frühreife verlangte, was rein statistisch nur bei einem
marginalen Anteil der Bevölkerung erwartet werden kann.

Daß die kommunistisch orientierte SED später den Einheits-Fanatismus
nachgemacht hat, ist zwar moralisch degradierend für DIE, aber kann
schon allein wegen der zeitlichen Folge mitnichten zur Belastung der
Jugendlichen in der Nazi-Zeit herbeigezerrt werden.

Ergo ist die hochprozentige Abdeckung der vor allem jungen Bürger
Deutschlands mit NSDAP-Mitgliedschaft schlicht und ergreifend als
gegeben hinzunehmen. Wer immer die Siegermacht war und was immer
diese sich für die Nachkriegszeit ausgedacht haben mag.

Man konnte schlecht alle NSDAP-Mitglieder aus gesellschaftlichen
Aktionen und Verantwortungen ausschließen, denn das hätte eine
Diskriminierung eines ganzen Altersbandes von 18-30 Jahren bedeutet.

Läßt sich propagandamäßig also schwer ausschlachten, daß
NSDAP-MITGLIEDER (wir reden hier nicht von Funktionären!) in der DDR
wie in der BRD gesellschaftlich aktiv wurden.

Interessant in diesem Zusammenhang fand ich beim näheren Hinsehen,
daß dies für beide Seiten der Deutschländer gleichermaßen zutraf. Und
daß es den einen oder anderen gab, der damals unter den Nazis genug
Arsch in der Hose hatte, den Jungs den Rücken zu kehren. Ausgerechnet
Gerhard Schröder zum Beispiel! So wenig ich seine neuzeitliche
Politik mochte, DAS muß ich ihm anerkennen!

Auch interessant ist, daß es so manches hochrangige NSDAP-Mitglied
gab, das in der DDR staatstragende Positionen einnahm. DAS hätte ich
so nicht erwartet... Jeder Mensch unterliegt halt den Gesetzen von
endlicher Zeit und endlichem Interessen- und
Datenverarbeitungsspielraum in einer Umgebung unendlicher Vielfalt.
Deshalb ist so ein Artikel zum Nase-drauf-stoßen mitunter ganz nett.

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Nicht ganz neu (wir hatten schon Artikel unter anderem bei
Telepolis), aber nichtsdestotrotz interesant ist es aber, vom
gezielten Mißbrauch von rechtsextremistischen Gruppierungen in der
DDR bzw. durch die Stasi zu lesen.

Was MICH an dem Artikel nun am meisten interessiert, ist:

Welchen GRUND (!) gibt es heutzutage noch, die Akten über
Verbindungen der Extremisten teilweise zu schwärzen bzw.
zurückzuhalten? WER in der BRD des HEUTE und JETZT hat an dieser
Geheimhaltung Interesse? Und welches Interesse?

Wer soll gedeckt werden? Wieso soll noch 30 Jahre und mehr nach der
Anlage der Akten jemand "geschützt" werden, der mit den Vorgängen und
Personen in Verbindung steht?

Wieviele Verbrecher laufen denn NOCH IMMER in gehobenen Posten des
Staatsdienstes herum, daß die die Macht haben, jene Schwärzungen und
Aktenrückhaltungen durchzusetzen?

Wie stark ist das Staatswesen der BRD von solch skrupellosem Abschaum
durchsetzt, daß die IMMER NOCH eine solche - mit rechtsstaatlichen
Mitteln offenbar unantastbare - Macht haben?

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Danke auf jeden Fall für die vielen Denk-Anregungen aus dem Artikel!

Noch ein P.S.: Regine Igel IST nunmal in eine bestimmte Richtung
eingeschossen. Das ist ihr Recht. Und weil unsere Welt unendlich
vielfältig ist, ist was anderes als eine Spezialisierung auch gar
nicht denkbar, wenn man Ergebnisse erzielen will. Wenn die Autorin
also bestimmte Aspekte einer vielschichtigen Sache hervorhebt, muß
man als interessierter Leser halt hinreichend tolerant sein, zu
ERLAUBEN, daß verschiedene Autoren unter verschiedenen Blickwinkeln
herangehen und verschiedenes entdecken. Und währenddessen all jene
Bereiche, für die sie sich jeweils nicht vordergründig interessieren,
eben nicht beleuchten. Das nennt man auch schlicht Arbeitsteilung.

Dafür ist man nun mal Leser und trägt als Leser Material
verschiedener
Autoren zusammen. Nicht wahr?!

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