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  • qatsi

mehr als 1000 Beiträge seit 09.01.2002

Tauschhandel vs Kapitalismus

In den entlegenen Gebieten von Nepal ist der Kapitalismus noch nicht angekommen. Dort existiert statt dessen Tauschhandel, sowohl bei Waren als auch bei Arbeit: "Hilfst du mir, so helf ich dir!".

Echte dörfliche Strukturen also, wie sie auch bei uns bis weit ins Mittelalter bei der ländlichen Bevölkerung gang und gäbe waren. Geld und Reichtum war der Oberschicht (Adel, Klerus, Gilden) vorbehalten, das normale Volk musste sich mit Kooperation untereinander behelfen, da es schlicht zuwenig Geld hatte, um es als universelles Zahlungsmittel zu verwenden.

Und in so eine Struktur kommt nun "Hochtechnologie" rein, die bezahlt werden muss, da die Zulieferer natürlich Geld haben wollen. - Sorry, wie soll das funktionieren?!

Man müsste die Dörfler erstmal in die Lage versetzen Geld zu erwirtschaften. Das funktioniert nur mit Außenhandel. Aber was könnten die völlig verarmten Bauern ihrem kargen Boden abringen? Landwirtschaft? Bodenschätze? Da sieht es mau aus (vom erstklassigen Hanf mal abgesehen). Tourismus? Sicher nicht auf breiter Front, eher was für Rucksack-Abenteuerer, die bescheidene Verhältnisse akzeptieren.

Es stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage: wollen die Dörfler so etwas überhaupt? Sogar im reichen Westen gibt es Leute, die sich aus der Hochtechnologie und dem Kapitalismus verabschieden, back to the roots, - sie entfliehen dem Leistungs- und Konsumdruck.

Im Buddhismus hat das Glück (im Sinne von glücklich sein) die zentrale Bedeutung. Das spiegelt sich auch in der Mentalität der Dörfler wieder.

"Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht leiden können." (Volker Pispers)

Ok, grundlegende technologische Errungenschaften wie künstliche Beleuchtung sind ohne Zweifel sinnvoll. Ein nachhaltiger Umgang mit den verbliebenen Ressourcen ebenfalls (s. zB Abholzung). Hier kann man ansetzen, man muss sogar ansetzen, um den Kindern die Chance auf eine bessere Bildung zu geben. Aber man darf nicht erwarten, dass die Dörfler plötzlich den Kapitalismus adaptieren, bloß weil da jemand eine Insel aus Hochtechnologie hinstellt.

Und zuallerst muss die Mangelwirtschaft beendet werden: Wasser, Essen, Wärme, Bildung. Das ist die Basis, die die Dörfler selbstverantwortlich organisieren und handhaben müssen. Und zwar mit den Mitteln und Ressourcen, die dort zur Verfügung stehen. - Hilfsprojekte, die das unterstützen, aber nicht-lokale Ressourcen einsetzen, müssen akzeptieren, dass ihr Engagement für eine lange Zeit ein "Zuschußgeschäft" bleiben wird.

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