Taupunkt schrieb am 22.02.2025 22:27:
Das mit dem "Markt" für Strom ist sowieso so eine Sache. Wie du sagst, geht es letztendlich um das EXAKT gleiche Produkt. Dafür kann es eigentlich keinen Markt im klassischen Sinn geben.
Andersrum: Einen Markt im Sinne von Adam Smith gibt es NUR bei austauschbaren Produkten, sobald sie nicht mehr exakt austauschbar sind, gelten die Marktgesetze nur noch eingeschränkt.
Genau deshalb versuchen Hersteller ja, ihre Produkte NICHT austauschbar zu machen: Damit sie die lästige Konkurrenz loswerden. Das sind alles Versuche, die Marktgesetze mit ihrem Zwang zum möglichst günstigen Produzieren auszuhebeln; auch Kundenbindung und dergleichen sind Versuche, den Marktgesetzen zu entkommen und die eigenen Gewinne zu steigern. Apple verdient hauptsächlich deshalb so viel Geld, weil es seine Produkte inkompatibel gestaltet und damit die Konkurrenz außen vor bleibt.
Und genau deshalb hält der Staat dagegen und macht so Dinge wie eine Gruppenfreistellungsverordnung, die Autohersteller zwingt, die Spezifikationen so exakt zu veröffentlichen und den Nachbau zu ermöglichen, dass der Autoteilemarkt nahezu perfekt ist.
Ich habe mal für einen größeren Autoteilehändler gearbeitet; die Jungs konkurrieren nur noch über Preise und Lieferfähigkeit (was hat man auf Lager), weil die Qualität exakt austauschbar ist, die Autoteilehändler können nicht mehr über Qualität konkurrieren - und das ist gut so, denn es hat sich praktisch überall die maximal sinnvolle Qualität durchgesetzt.
Und auf jedem normalen Markt wird sich der durchsetzen, der ein ähnlich gutes Produkt zum niedrigeren Preis anbieten kann. Nun haben wir den Fall, dass die Gestehungskosten für Erneuerbare wesentlich niedriger liegen als die der konventionellen Kraftwerke, sie aber ihren Strom nicht für einen niedrigeren Preis anbieten können, weil ausgerechnet das letzte und teuerste Kraftwerk zur Abdeckung des Strombedarfs den Preis für alle bestimmt. Und das soll vernünftig sein?
Ist es.
Denn angesichts der hohen Gewinne haben die EE-Hersteller den Anreiz, ein EE-Kraftwerk oder einen Speicherpark herzustellen und noch mehr dieser tollen Gewinne einzufahren.
Bis auch das letzte Kohlekraftwerk endgültig abgeschaltet wird, weil es einfach nie mehr benötigt wird.
Und solange das letzte Kohlekraftwerk läuft, kriegen die EE-Hersteller die Einnahmen, die sie brauchen, um ihre Investitionen zu tätigen.
Die schütten das Geld auch nicht aus. Die wissen genau: An dem Tag, an dem das letzte teure Kraftwerk abgeschaltet wird, zählt, wer die meisten Anlagen hat, den größten Marktanteil und damit die besten Skaleneffekte für sich arbeiten lassen kann. Das Geld geht in Investitionen, nicht an die Teilhaber, denn wer klein ist, für den sind die Fixkosten ein höherer Anteil der Gesamtkosten und er stirbt irgendwann daran, dass er selbst bei perfekter Effizienz teurer bleibt als die Konkurrenz, die ihre Fixkosten auf eine größere Kundenbasis verteilen kann.
Ich mein, ich versteh ja, warum das gemacht wurde. Aber es ist doch völlig kontraproduktiv. Es wird immer posaunt, dass der Ökostrom billiger ist, was aber schlicht falsch ist. Für Endkunden bleibt alles sehr teuer.
Die teuren Kraftwerke sind bald weg.
Die Energiekonzerne winken ja schon heute ab, wenn jemand was von Nukleartechnik murmelt.
Auch Kohlekraftwerke werden abgebaut.
Die Energiekonzerne würden die Dinger am liebsten alle abreißen. Dürfen sie nur nicht, ein paar sind von der Regierung als Notfallreserve im Zwangs-Standby. Die Energiekonzerne kriegen dafür Gelder aus Umlagen, die letztlich wieder auf der Stromrechnung stehen, und eigentlich sind diese Reservekraftwerke völlig überflüssig, aber da gewisse Kreise eine derartige Panik wegen möglicher Stromausfälle geschürt haben, hat man sich eben doch genötigt gesehen, das zu machen.
Dabei hätte man das Geld wirklich besser in Energiespeicher gesteckt.
Hier ist ein Modell entstanden, dass die ganze Gesellschaft in Geiselhaft nimmt und wenige Konzerne einen Reibach machen. Seit der Strommarktliberalisierung 1998 hat sich der Strompreis von wenigen Pfennigen auf das heutige Niveau erhöht.
Das betrifft in erster Linie Privatkunden. Man subventioniert die Energiekosten der Industrie, weil die energieintensiven Industrien laut gejammert haben und der Kreis der Subventionsberechtigten still und leise immer weiter ausgeweitet wurde; mittlerweile profitiert so gut wie jede Firma davon.
Das schlägt sich in steigenden Privatkundenpreisen nieder und hat mit EE nichts zu tun.
Ich versteh das Geschrei wegen der Stromkosten sowieso nicht so recht.
Im Schnitt liegen die Stromkosten für einen Zweipersonenhaushalt bei 820 Euro im Jahr, macht 420 Euro pro Nase - oder etwas über 30 Euro pro Monat.
Das Handyabo ist teurer und das zahlen selbst Hartz-IV-Empfänger, ohne mit der Wimper zu zucken, aber bei Strom ist das ein Problem???
Die Sozialgeldsätze werden ja eh angepasst (und wenn nicht, ist das ein Skandal in der Sozialgesetzgebung), und für jeden mit auch nur minimal mehr Einkommen ist das kein Thema, ob er nun 30 oder 40 Euro im Monat zahlt - und 40 Euro wäre wirklich extrem teuer im Vergleich zu den Gestehungskosten.
Die Industriestrompreise sind in Deutschland oberes Mittelfeld, woanders wird viel mehr ausgegeben.
Und die tollen niedrigen Atomstrompreise der Franzosen sind durch Preisdeckel und Milliardentransfers zu EdF bezahlt, das zahlt dann der Steuerzahler.
Und/oder durch zu billige Sicherheitsstandards, das zahlt die Gesellschaft in Form eines erhöhten Unfallrisikos; wenn DAS eintritt, ist die Nuklearstrategie der Franzosen von heute auf morgen gescheitert. Dass die ihre Reaktoren Jahrzehnte länger als den Auslegungszeitraum betreiben wollen, ist eine völlig absurde Strategie, die sie auch nur beschließen können, weil sie bisher noch keine richtig großen Unfälle hatten (aber jede Menge kleinere, die Einschläge kommen schon dichter).
Diese Preisdiskussion ist wirklich nur Panikmache interessierter Kreise.
Und heute haben wir über 60% Erneuerbare, die zu einem Spotpreis produzieren können, aber der normale Bürger hat rein gar nichts davon. Weil der Preis durch das teuerste Gaskraftwerk bestimmt wird.
Das ändert sich.
Momentan werden überall Energiespeicher-Prototypen hochgezogen bzw. sind längst in Betrieb, wenn da die nötigen Erfahrungen vorliegen, wird das in der Breite ausgerollt und die ganzen Ersatzkraftwerke sind nicht mehr nötig.
Was auch noch fehlt, ist der Ausbau von PV und Windkraft.
Da stellen sich dann plötzlich die Bayern quer. Die wollen ja lieber "verlässliche, sichere und billige" Atomkraft, und alle drei Zuschreibungen stimmen nicht - selbst das mit "verlässlich" stimmt überhaupt nicht: Wenn so ein Atomkraftwerk einen Defekt hat, ist schlagartig fast ein Gigawatt weg aus dem Netz, wenn ein Windrad kaputtgeht, ist das meist nicht mal ein Megawatt.
Wenn hingegen Sonne und Wind wegbleiben, weiß man das sogar Tage vorher und kann die Speicher gezielt aufladen, statt hektisch wegen eines AKW-Ausfalls Stromleitungen umschalten zu müssen und hoffen, dass nichts schiefgeht.
Diese Gaslobby hat auch über Jahrzehnte billiges russisches Gas hier teuer verkauft. Wieder kein Nutzen für die Bevölkerung.
Das Geld ist meist in Produktionssteigerungen und höhere Auslandsexporte gegangen, das bedeutet schon Arbeitsplätze und so.
Jetzt steigen die großen Konzerne um auf Erneuerbare und machen wieder Milliarden. Bauen billige Kraftwerke, verkaufen den Strom aber so teuer wie das teuerste Kraftwerk. Und das soll vernünftig sein, das soll der tatsächliche Marktpreis sein?
Also, das hast du jetzt schon viel zu oft vorgetragen, ich widerlege das jetzt nicht zum dritten Mal.
Die deutschen Kohlevorkommen reichen noch weit über 1000 Jahre.
Nur die Braunkohle.
Und klimaschädlich sind die nur, wenn man keine Filter einbaut.
Selbst die heute üblichen, alles andere als perfekten Filter sind extrem teuer UND sie senken den Wirkungsgrad.
Und zwar auf die Hälfte oder sogar noch weniger.
Technisch kann man Kraftwerke bauen, die null Emissionen haben. Man muss es nur wollen.
Insbesondere muss man einen vielfachen Strompreis akzeptieren.
Die Kosten für CCS sind erheblich. Nicht nur, dass man eine Lagerstätte dafür erschließen muss, man muss das CO2 auch unter erheblichem Energieaufwand verdichten und unter nochmal erheblichem Energieaufwand durch Pipelines zur Lagerstätte leiten.
Auch das Ausfiltern kostet massiv Energie.
Macht man wirklich null Emissionen, kriegt man übrigens einen negativen Energiebedarf: der Aufwand fürs Abscheiden, Transportieren und Verdichten ist höher als der Energiegewinn aus der Verbrennung.
Es liegt nicht an technischen Möglichkeiten.
Es liegt an der Physik.
Und am Geld liegt es auch nicht.
Doch, genau daran.
Die drei großen Energieerzeuger haben allein in den letzten Jahren Milliarden an reinen Gewinnen eingefahren. Geld ist also da.
Auch nur, weil sie den Unsinn mit perfekter CO2-Abscheidung hübsch bleibenlassen.
Deshalb ja mein Vorschlag, zwei getrennte "Märkte" zu bestimmen. Einen freien, der die Erneuerbaren enthält und so funktioniert, wie ein richtiger Markt. Und dann der konventionelle Rest, der für die Deckung des Verbrauchs und bei Flauten eingreift. Und für diese Reserve gibts dann vom Staat meinetwegen Geld. Solange die Batteriespeicherinfrastruktur noch nicht vorhanden ist.
Die Speicherinfrastruktur muss nicht aus Batterien bestehen, aber ja.
Und genau das wird ja schon gemacht, die Reservekraftwerke sind staatlich angeordnet und bezahlt.
Es bleibt also nur, dass du vorschlägst, den Merit Order zu eliminieren, aber das gibt nur eine Marktzersplitterung und die Hersteller können leichter Oligopol- oder Monopolpreise durchsetzen, am Ende wird es nur NOCH teurer.
Dass der Staat massiv seine Ausgaben senken muss, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wird 100%ig kommen.
Der deutsche Staat hat weit unter 60% Schuldenquote.
Der hätte sogar Spielraum, wieder neue Schulden aufzunehmen. Auch wenn man das vernünftigerweise nur für die Problemphasen eines Konjunkturzyklus tun sollte und diese Schulden bei guter Konjunktur wieder abbauen - genau das hat Deutschland ja gemacht und genau deshalb ist der Schuldenstand so niedrig.
Da der EE-Umbau länger als einen Konjunkturzyklus dauert, sind Schulden dafür aber nicht der richtige Weg und es läuft eben über den Strompreis statt über Schulden bzw. Steuern. Angesichts der eher niedrigen Kosten im Gesamtbudget eines Haushalts ist das aber vertretbar, außer für die wirklich Armen, die bitteschön entsprechend subventioniert werden sollten - aber das ist eine andere Diskussion, da läuft viel Neiddebatte von wegen "wer arbeitet, soll mehr verdienen als ein Transferempfänger", aber die überzogenen Millionengehälter der Großverdiener sind doch, bitte, bitte, aus der Diskussion rauszuhalten - ich finde das ausgesprochen heuchlerisch, aber es funktioniert, die Leute mit wenig Einkommen schielen jetzt voller Neid auf das angeblich schöne Leben der Hartz-Empfänger. Dabei geht es den Hartzern wirklich nicht gut, die permanenten Sanktionsdrohungen sind eine irrsinnige psychologische Belastung; effektiv arbeiten Menschen dann, wenn sie eben nicht permanent von Existenzsorgen geplagt sind, Leute unter Dauerstress verlieren massiv Leistungsfähigkeit.
Aber gut. Anderes Thema.
Ich könnte mich nur stundenlang drüber aufregen.
Das Schulsystem ist bankrott. Alle können alles. Alle zusammen...Alles nur Romantik. Realität ist, dass im gegenwärtigen Schulsystem alle, die aufrecht stehen können, durchgewunken werden. Dadurch wurde das Leistungsprinzip völlig aufgegeben. Und damit alles, was einen Staat ausmacht. Da muss es nämlich Leistungsträger geben.
Ach, auch das ist falsch.
Also, das mit dem kaputten Schulsystem stimmt schon, aber aus anderen Gründen, als du denkst.
Es braucht nicht die "Leistungsträger". Wenn man genauer hinschaut, sind 90% dieser "Leistungsträger" nur die, die es schaffen, Andere für sich arbeiten zu lassen und sich selbst diese Leistung zuzuschreiben.
Die echten 10% Leistungsträger erschaffst du auch nicht in der Schule, sondern damit, dass du ihnen keine Steine in den Weg legst, ihrer Neugier freien Lauf lässt.
Aber leistungsfähig wird die Gesellschaft von denen allein nicht. Du brauchst die Assistenten, die Labortechniker, die Ingenieure, die Facharbeiter, und für alle die auch die Bauern, Lebensmittelchemiker, Friseure, Mediziner.
Und was machen sie? Spitzenförderung. Und der akademische Mittelbau hangelt sich von befristetem Vertrag zu befristetem Vertrag durch, die Schulen werden finanziell und personell ausgeblutet, und es wächst kein Mittelbau mehr durch.
Wie soll ein Lehrer eine 40-Schüler-Klasse überhaupt betreuen? Ich weiß EXAKT, wie: Nämlich gar nicht. Wirklich lernen kann man unterhalb von 30 Schülern, und ideal sind Klassen unter 20, da geht WIRKLICH was voran, weil der Lehrer dann Zeit hat, auf die großen und kleinen Probleme der Schüler einzugehen.
Mit 40-Schüler-Klassen kann der Lehrer vielleicht vier, fünf Hanseln fördern, mehr geht nicht, weil er die restliche Zeit mit Disziplinproblemen verbringt statt mit Schülerförderung. Und dann wundern sie sich, weil aus den Schulen lauter Analphabeten rauskommen... verkehrte Welt.
Aber Breitenförderung ist halt unsexy. Der Deutsche bewundert nur die Spitzenleistung statt gut funktionierende Institutionen. Oder zumindest die deutsche Politik - und die lässt dann all die Nicht-"Leistungsträger" rechts und links runterfallen und wundert sich, warum die AfD so viel Zulauf hat.
Ich kann es dir verraten: Rechtes Gedankengut gedeiht überall dort, so die Menschen Existenzängste haben. In den Zeiten von "mehr Demokratie wagen" und "Wohlstand für alle" waren die Rechten eine gesellschaftlich unwichtige Randgruppe, aber das ist halt schon über 50 Jahre her und die Neoliberalen träumen von einer Gesellschaft, in der die "Leistungselite" den Karren aus dem Dreck ziehen soll und für alle Anderen ist Sozialhilfe, die man denen auch noch neidet und am liebsten auf Null senkt. Was, wenn man es so ausformuliert, eine völlig untragbare Lösung ist.
Das, was heute passiert, kann man ja noch nicht mal sozialistisch nennen. Da gab es nämlich ein Leistungsprinzip. Da haben nur zwei drei aus jeder Klasse Abitur gemacht, die dann später auch studieren konnten. Mehr braucht man ja auch nicht.
Hauptteil waren Arbeiter. So wie heute auch noch welche benötigt werden. Und was wird stattdessen gemacht. Alle sollen Abitur haben. Alle sollen studieren. Das geht halt nur, wenn man das Niveau senkt. Und wir wundern uns, warum die Unis überfüllt sind mit Menschen, die nichts können. Oder warum der 10 Klässler nichts kann und nichts will, wenn er eine Lehre anfängt.
Aber Bildung wird eh kleingeschrieben in diesem Land.
Nee, "Zukunftsperspektiven für Alle" wird klein geschrieben.
Und eine Gesellschaft, die das tut, zerfällt.