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  • Alexander Durin

mehr als 1000 Beiträge seit 21.03.2013

Anmerkungen

Zitat:

Als schwarzstartfähige Kraftwerke [Pumpspeicherkraftwerke] garantieren sie den Übertragungsnetzbetreibern TransnetBW und Amprion, dass sie im Fall eines Netzzusammenbruchs Energie liefern können.

Das ist mehr oder weniger aus der Pressemitteilung abgeschrieben und verkürzt die dahinter stehende Komplexität der Stromversorgung.

Irgendwie klingt das so, als ob nach einem Netzzusammenbruch ein paar Pumpspeicherkraftwerke anwirft und man hat wieder Strom. Vielleicht wenig – aber immerhin etwas.

Dem ist aber nicht so. Die schwarzstartfähigen Kraftwerke haben eine ganz andere Funktion: sie sind die Keimzellen, um viele kleine Inselnetze peu a peu wieder aufzubauen, um dann die Inselnetze zusammen zu fahren.

Beim Netzwiederaufbau können schwarzstartfähige Kraftwerke nicht nur aus eigener "Kraft"* starten, sondern ihnen kommt die wichtige Aufgabe zu, die Netzfrequenz vorzugeben wie ein Metronom. Denn in einem Stromnetz müssen alle Kraftwerke nicht nur die gleiche Frequenz (hier: 50Hz) halten, sondern auch die gleiche Phasenlage haben. "Normale" Kraftwerke synchronisieren sich an der vorhandenen Frequenz automatisch: ohne Frequenzvorgabe kein Betrieb. Und die Vorgabe kommt von den schwarzstartfähigen Kraftwerken.

Die schwarzstartfähigen Kraftwerke können keinesfalls genügend Energie liefern, damit alles wieder läuft. Sie liefern aber Energie und Frequenz für andere Kraftwerke, damit die wieder hoch laufen können. Kraftwerk für Kraftwerk - das dauert.

Ob das bei dem hier beschriebenen Test geschehen ist, weiß man nicht. Darüber wurde nicht berichtet.

Zusätzlich waren Verteilnetzbetreiber und andere Netznutzer in die Vorbereitung eingebunden, damit der Praxistest die Versorgung an keiner Stelle einschränkte.

Das ist ein interessanter Punkt.

Dummer Weise kann man ein Kraftwerk nicht mit Leistung laufen lassen, wenn nicht gleichzeitig Last (Stromverbraucher) am Netz sind. Und zwar ziemlimlich genauso viel Last, wie das Kraftwerk erzeugt.

Bei einem Netzwiederaufbau besteht demnach die hohe Kunst darin, kleine Segmente des Versorgungsnetzes (Verbraucher) zuzuschalten, damit Erzeugung und Verbrauch ausbalanciert sind. Sind sie es nicht, bricht das Inselnetz wieder zusammen.

Dummer Weise kann man den zu erwartenden Verbrauch allenfalls abschätzen und die Anfahrströme sind riesig. Da aber in diesem Test die Verbraucher gar nicht abgeschaltet wurden, konnte das nicht getestet werden (Anmerkung: so einen Test mit Abschaltung kann man gar nicht machen).

Mit dem Praxistest wollte man die Systemrelevanz von Pumpspeicherkraftwerken verdeutlichen, die schnell und in großen Mengen Strom bei Bedarf ins Netz leiten oder auch aus dem Netz ziehen können.

Die Bedeutung von Pumpspeicherkraftwerken war in der jüngeren Vergangenheit in Zweifel gezogen worden, weil man hoffte, mit chemischen Speichern kostengünstiger zu fahren.

Hier hat der Autor seinen sachlichen Bericht mit eigenen und falschen Vorstellungen vermischt.

Die Bedeutung von Pumpspeicherkraftwerken hat nie jemand, der sich mit Stromversorgung aus kennt, in Zweifel gezogen. Und schon gar nicht zu Gunsten von "chemischen Speichern" (Akkus oder PtG).

Sehr missverständlich ist die Formulierung, dass Pumpspeicherkraftwerke "schnell und in großen Mengen Strom bei Bedarf ins Netz leiten" können. Schnell schon, aber nicht in "großen Mengen": Pumpspeicherkraftwerke können nur wenig Energie speichern. Wahrscheinlich meinte er "mit hoher Leistung".

Den hohen Wert der Pumpspeicherkraftwerke kann man eher vermitteln, wenn man das Stromsystem mit Momentan-, Primär-, Sekundär- und Tertiärreserve verstanden und verdeutlicht hat (Pumpspeicher bieten v.A. Sekundärreserve).

* Selbst Pumpspeicherkraftwerke können die schweren Schieber nicht mit der Energie von Notstromgeneratoren sinnvoll bewegen, sondern sie haben kleine Hausturbinen (natürlich mit Wasserkraft), die die Energie liefern. Und damit werden auch die Hauptturbinen in Betrieb genommen. Genauso macht man es übrigens bei Gasturbinenkraftwerken (natürlich mit Gas statt Wasser)

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