Die Befürworter eines bellizistischen Kurses im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine wissen im Grunde genau, welches Risiko sie eingehen. Dass sie es trotzdem für richtig halten, "Russland ruinieren zu wollen", und so die Gefahr eines atomaren Konflikts deutlich erhöhen, mag am Spieltisch eines Casinos, wo man vielleicht auch alles verlieren kann, akzeptabel sein - wenn es um das Überleben der Menschheit geht, eher nicht.
Warum sich kein Strurm der Entrüstung entwickelt, der den Hassardeuren auf beiden Seiten Grenzen aufzeigt, bleibt rätselhaft und gibt möglicherweise Aufschluss darüber, wie groß letztendlich der manipulative mediale Einfluss immer noch ist.
Für die Koalitionsregierung ergibt sich aus der fehlgeleiteten Strategie im Zusammenhang mit der russischen Aggression, die sich vielleicht noch immer auf diplomatischem Weg entschärfen ließe, ein zusätzliches Problem. Durch die grotesk anmutenden Sanktionsmaßnahmen, die die erhofften Wirkungen offenbar verfehlen, dafür aber Hundertausende in die Armut treiben und das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins bringen, muss sie eine Erklärung dafür konstruieren, warum die von ihr ergriffenen (an Selbstverstümmelung erinnernden) Maßnahmen - trotz aller hilflos wirkenden Versuche der "Abmilderung" - in eine Katastrophe zu führen scheinen. Die derzeit favorisierte Begründung, man könne aus der "europäischen Solidarität" nicht ausscheren, klingt wenig überzeugend, denn den Nachbarn schadet der von der Ratspräsidentin so gewünschte Wirtschaftskrieg ebenfalls.
Dass die Friedensbewegung unter dem Beifall der Befürworter eines kompromislosen Kurses mittlerweile als moralisch fragwürdig (Lumpen-Pazifisten) bezeichnet werden kann, wirft ein Schlaglicht auf einen Paradigmenwechsel, der nichts Gutes erwarten lässt.