Es erstaunt mich immer wieder, wie manipulativ die deutsche/westliche
Berichterstattung werden kann, wenn es um Serbien geht.
Tatsächlich ist die neue serbische Verfassung eine bürgerliche
Verfassung - was denn sonst? Dazu muss man nur die ersten beiden
Artikel der Verfassung lesen und nicht nur auf sie - in der für die
meisten Deutschen nicht überprüfbaren serbischen Version - verlinken.
"Bürger" und "bürgerlich" kommen in diesen beiden Artikeln vier Mal
an zentraler Stelle als konstitutives Merkmal der Verfassung vor.
Der Artikel 1 der Verfassung definiert Serbien auch anders als im
Artikel dargestellt nicht nur als "Staat des serbischen Volkes",
sondern als "Staat des serbischen Volkes und aller seiner Bürger, die
in ihm leben". Es handelt sich hier lediglich um eine Ergänzung der
bisherigen rein bürgerliche Definition um das nationale Prinzip und
nicht um seine Aufhebung. Das ist für mich ein idealtypisches
Beispiel, wie durch Auslassungen der Gehalt einer Aussage manipuliert
werden kann, um sich daraus eine sachlich falsche Unterstellung zu
basteln. Im Übrigen ist unser Grundgesetz auch das Grundgesetz des
deutschen Volkes
Dass es eine breite öffentliche Kritik an der neuen serbischen
Verfassung gab, wie der Artikel suggeriert, ist auch falsch. Es gab
eine lautstarke aber zumeist unsachliche Kritik bestimmter
Interessensgruppen und Parteien, welche im Westen dankbar
Aufgegriffen wurde. Etwa der extremistischen vojvodinischen
Provinzpartei LSV um Nenad Canak, die sich selber als
"sozialdemokratisch" bezeichnet, Ceda Jovanovics LDP, welche für
einen autoritär-voluntaristischen "Liberalismus" steht, die
"bürgerliche" GSS, welche sich grundsätzlich im politischen
Manichäismus übt und natürlich einige NGOs. Zusammen repräsentiert
diese illustre "Öffentlichkeit" nach dem serbische Politologen
Vukadinovic maximal 8% der serbischen Wählerschaft.
Dass die Verfassung die "Idee einer Zivilgesellschaft" negiert, ist
eine hübsch gesagte ideologisierte Worthülse der Helsinki Föderation.
Denn eigentlich will uns der Urheber damit nur sagen, dass die
Verfassung den NGOs nicht die politische Relevanz beimisst, die sie
sich unter Umschiffung demokratisch-republikanischer Spielregeln
immer gerne selber geben. Da kann es dann schon für den einen oder
anderen marginalen NGO ein erhebliches Problem werden, wenn die
Verfassung für einen externen Gesetzesvorschlag in der
Nationalversammlung eine Hürde von 30.000 Unterschriften vorsieht.
Und auch dass angeblich internationale Rechtsakte nur schwer in die
nationale Gesetzgebung übernommen werden können, ist ein
unglaublicher Vorwurf. Der Artikel 194 sieht lediglich vor, dass
internationales Recht, dass der serbischen Verfassung widerspricht,
nicht ratifiziert werden darf. Das gleiche gilt aber auch
andersherum, es dürfen keine Verfassungsartikel eingeführt werden,
die bereits ratifizierten internationalen Verträgen oder Rechtsakten
widersprechen. Wo liegt hier das Problem? Wenn man berücksichtigt
unter welcher demokratietheoretisch problematischen
Entscheidungsfindungsprozessen internationale Verträge und Rechtsakte
zustande kommen, dann ist das ein völlig legitimer Schutzmechanismus
eines republikanisch organisierten Gemeinwesens.
Über die Möglichkeit einer "parlamentarischen Diktatur" in Serbien
möchte ich mich im Detail lieber nicht äußern. Das ist mir nun
wirklich zu blöd. Möglicherweise regt sich demnächst noch ein NGO
darüber auf, dass das serbische Parlament tatsächlich die
Dreistigkeit besitzt für das ganze Land bindende Gesetze zu
verabschieden.
Zum serbischen Zentralismus ist kurz zu sagen, die neue Verfassung
sieht zumindest die Möglichkeit einer regionalen Neugliederung vor.
Die bisherige - miloschevicsche - Verfassung sah diese Möglichkeit
nicht vor. Eine Neugliederung ist seit 2000 aber auf Grund der
Verweigerungshaltung der "westlich orientierten" Parteien (G17 Plus,
DS) nicht erfolgt, die an der zentralistischen Struktur weitestgehend
festhalten, und deshalb fand sie auch keinen Eingang in die neue
Verfassung.
PS. Die neue serbische Verfassung kann der geneigte Leser übrigens
von der Seite der serbischen Nationalversammlung problemlos als
engliche Version herunterladen. Dann erspart man sich auch das
kryptische hantieren mit serbischen und zu allem überfluss
kyrillischen Dokumenten.
http://www.parlament.sr.gov.yu/files/eng/pdf/2006/UstavRS_pdf.zip
Berichterstattung werden kann, wenn es um Serbien geht.
Tatsächlich ist die neue serbische Verfassung eine bürgerliche
Verfassung - was denn sonst? Dazu muss man nur die ersten beiden
Artikel der Verfassung lesen und nicht nur auf sie - in der für die
meisten Deutschen nicht überprüfbaren serbischen Version - verlinken.
"Bürger" und "bürgerlich" kommen in diesen beiden Artikeln vier Mal
an zentraler Stelle als konstitutives Merkmal der Verfassung vor.
Der Artikel 1 der Verfassung definiert Serbien auch anders als im
Artikel dargestellt nicht nur als "Staat des serbischen Volkes",
sondern als "Staat des serbischen Volkes und aller seiner Bürger, die
in ihm leben". Es handelt sich hier lediglich um eine Ergänzung der
bisherigen rein bürgerliche Definition um das nationale Prinzip und
nicht um seine Aufhebung. Das ist für mich ein idealtypisches
Beispiel, wie durch Auslassungen der Gehalt einer Aussage manipuliert
werden kann, um sich daraus eine sachlich falsche Unterstellung zu
basteln. Im Übrigen ist unser Grundgesetz auch das Grundgesetz des
deutschen Volkes
Dass es eine breite öffentliche Kritik an der neuen serbischen
Verfassung gab, wie der Artikel suggeriert, ist auch falsch. Es gab
eine lautstarke aber zumeist unsachliche Kritik bestimmter
Interessensgruppen und Parteien, welche im Westen dankbar
Aufgegriffen wurde. Etwa der extremistischen vojvodinischen
Provinzpartei LSV um Nenad Canak, die sich selber als
"sozialdemokratisch" bezeichnet, Ceda Jovanovics LDP, welche für
einen autoritär-voluntaristischen "Liberalismus" steht, die
"bürgerliche" GSS, welche sich grundsätzlich im politischen
Manichäismus übt und natürlich einige NGOs. Zusammen repräsentiert
diese illustre "Öffentlichkeit" nach dem serbische Politologen
Vukadinovic maximal 8% der serbischen Wählerschaft.
Dass die Verfassung die "Idee einer Zivilgesellschaft" negiert, ist
eine hübsch gesagte ideologisierte Worthülse der Helsinki Föderation.
Denn eigentlich will uns der Urheber damit nur sagen, dass die
Verfassung den NGOs nicht die politische Relevanz beimisst, die sie
sich unter Umschiffung demokratisch-republikanischer Spielregeln
immer gerne selber geben. Da kann es dann schon für den einen oder
anderen marginalen NGO ein erhebliches Problem werden, wenn die
Verfassung für einen externen Gesetzesvorschlag in der
Nationalversammlung eine Hürde von 30.000 Unterschriften vorsieht.
Und auch dass angeblich internationale Rechtsakte nur schwer in die
nationale Gesetzgebung übernommen werden können, ist ein
unglaublicher Vorwurf. Der Artikel 194 sieht lediglich vor, dass
internationales Recht, dass der serbischen Verfassung widerspricht,
nicht ratifiziert werden darf. Das gleiche gilt aber auch
andersherum, es dürfen keine Verfassungsartikel eingeführt werden,
die bereits ratifizierten internationalen Verträgen oder Rechtsakten
widersprechen. Wo liegt hier das Problem? Wenn man berücksichtigt
unter welcher demokratietheoretisch problematischen
Entscheidungsfindungsprozessen internationale Verträge und Rechtsakte
zustande kommen, dann ist das ein völlig legitimer Schutzmechanismus
eines republikanisch organisierten Gemeinwesens.
Über die Möglichkeit einer "parlamentarischen Diktatur" in Serbien
möchte ich mich im Detail lieber nicht äußern. Das ist mir nun
wirklich zu blöd. Möglicherweise regt sich demnächst noch ein NGO
darüber auf, dass das serbische Parlament tatsächlich die
Dreistigkeit besitzt für das ganze Land bindende Gesetze zu
verabschieden.
Zum serbischen Zentralismus ist kurz zu sagen, die neue Verfassung
sieht zumindest die Möglichkeit einer regionalen Neugliederung vor.
Die bisherige - miloschevicsche - Verfassung sah diese Möglichkeit
nicht vor. Eine Neugliederung ist seit 2000 aber auf Grund der
Verweigerungshaltung der "westlich orientierten" Parteien (G17 Plus,
DS) nicht erfolgt, die an der zentralistischen Struktur weitestgehend
festhalten, und deshalb fand sie auch keinen Eingang in die neue
Verfassung.
PS. Die neue serbische Verfassung kann der geneigte Leser übrigens
von der Seite der serbischen Nationalversammlung problemlos als
engliche Version herunterladen. Dann erspart man sich auch das
kryptische hantieren mit serbischen und zu allem überfluss
kyrillischen Dokumenten.
http://www.parlament.sr.gov.yu/files/eng/pdf/2006/UstavRS_pdf.zip