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  • Estomil

mehr als 1000 Beiträge seit 13.10.2006

Und am Ende stirbt der Landwirt....

Ich bin selbst einer dieser Schweinehalter mit rund 400 Sauen und ca 1200 Schweinemastplätzen.

Wir erzeugen jedes Jahr etwa 13000 Ferkel. Ca zwei Drittel wird mit 30kg verkauft, der Rest wird selbst gemästet bis zu einem Gewicht von 125kg.

Wir Landwirte stehen hier leider komplett zwischen den Stühlen und werden grade regelrecht aufgerieben. Alleine in den letzten 12 Monaten sind die Schweinebestände in Deutschland um 12% reduziert worden. Dieses Jahr wird's nochmal ähnlich schlimm. In den letzten 5 Jahren sind die Bestände damit um rund ein Drittel reduziert worden bei allerdings auch gut 25% weniger Schweinefleisch Konsum.

Spanien hat im gleichen Zeitraum ihre Mengen entsprechend ausgeweitet und ist nun unangefochten der größte Schweinehalter in Europa.
Während wir Landwirte uns bei der Initiative Tierwohl arrangieren (obwohl da nix zu verdienen ist weil man bekommt nur 5,28€ pro Schwein) wird in anderen Ländern nach einfachsten Standart produziert.

Kein starkes Baurecht mit Umweltverträglichkeitsprüfungen, Luftwäschern, 10monate Güllelagerung, übertriebenen Statiken,
Hohem Brandschutz, Mindestlohn, keine Düngerordnung oder hohen platzvorgaben.

Überall in Europa kann ein Schwein 20-30€ billiger produziert werden weil die Auflagen die so lang sind wir mein Bein hier jedes Jahr verschärft werden.
Und was passiert in Deutschland? Während der Lebensmittel Einzelhandel noch reaktiv gut bezahlt, sich bei der Initiative Tierwohl arrangiert und wenig Fleisch aus dem Ausland verkauft sieht das in anderen Bereichen ganz anders aus. Die Gastronomie, Catering, Kontinen und Großküchen sowie der grosse Block der Industrie(Fertigschnitzel, Wurstwaren, Lasagne etc) kaufen Grundsatz nach Preis und nehmen damit eben sehr oft Fleisch aus dem EU Ausland. Wobei da auch aktiv Lobbyarbeit betrieben wird Importe aus den USA oder Brasilien zu erlauben.

Wie aber bitteschön soll sich hier eine andere Haltung durchsetzten wenn der Preis das entscheidende Kriterium ist, die günstige ware Dank offener Grenzen aus allen EU Ländern hier hin darf und der Verbraucher trotz anders lautender Medienberichten eben doch lieber günstig kauft.

Die letzten Wochen haben regelrecht gezeigt wo die Reise hingeht. Bioschweinefleisch wird aktuell 40% weniger verkauft als letztes Jahr.

Wir würden ja gerne zb auch Schweine auf Stroh mästen aber wenn die Mehrkosten von rund einem Euro pro Kilo nicht bezahlt werden dann wird das nix. Alleine beim Futter sieht es zb so aus, dass ein Strohschweine rund 40kg mehr braucht als ein Schwein auf spalten. Die futterverwertung sinkt von 2,7 auf 3,1.

Der Umbau der Schweinehaltung würde aktuell so etwa 4mrd € im Jahr Kosten und müsste so gesichert sein, dass dieses Geld zusätzlich zum konventionellen Schweinepreis ausbezahlt wird.

Auf 20 Jahre gerechnet also 80mrd um Mal hier eine Hausnummer zu vermitteln was das alles kosten wird.
Alternativ könnte man natürlich auch EU weit diese strengen Haltungsvorgaben machen. Dann kochen alle mit dem gleichen Wasser.

Das wird aber nicht passieren weil der Großteil der Länder kein Interesse an teuren Lebensmitteln hat und uns die nächsten Probleme eh schon bald treffen werden.
Die EU wird nämlich jede Menge Geld locker machen und die Tierhaltung in der Ukraine so fördern, dass wir hier alle bald die Bude dicht machen können.

Also um es kurz zu machen. Die Schweinehaltung wird hier Grade abgewickelt wie andere Wirtschaftszweige auch und ins Ausland verlagert.

Man sollte aber immer an den Spruch denken den der Handwerker bei sich im Laden hängen hat:
Es gibt immer einen der dir das Teil billiger liefert! Aber macht der das auch noch wenn ich nicht mehr da bin?

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