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Avatar von Nützy
  • Nützy

mehr als 1000 Beiträge seit 11.06.2010

Weil so schön ist...

...nach ich noch einen Thread auf.
Inzwischen hab ich mir das Programm der Partei mal angesehen:
> https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Neugruendung-Hanfpartei-die-wahren-Sozialdemokraten/Ein-paar-Anmerkungen-zum-Text/posting-33202326/show/

Also noch mal 360 Gesetze im Jahr, jeweils 1000 Leute im "Bürgerparlament", die Abstimmungsphasen (Legislaturperioden?) sollen ca. 14 Tage dauern, in der Zeit gibt es staatlich finanzierten Sonderurlaub.
(Für Quelle, siehe Webseite der "Hanfpartei":
> https://hanfpartei.org/demokratie-buergerparlamente-los-statt-wahlen-regierung-direktwahl/ )

Wenn wir jetzt mal weiterhin nur den Mindestlohn annehmen und von einer 40 h-Woche ausgehen:
2*1000*40*8,84*360 = 254.592.000 €.
Das ist schon eine Größenordnung, die taucht im Bundeshaushalt auf. Und das nur unter einige extrem unrealistischen Bedingungen. Dazu kommt noch der Verlust, den das Wegbleiben der Bürger bei der Arbeit auslöst, und die Kosten für Anfahrt und Unterbringung und die Kosten für Belehrung und Schulung der Bürgerparlamentarier.

Nun kann man zurecht anmerken, diese Kosten sollten einen eine echte Demokratie schon wert sein. Mal abgesehen von der Streitfrage, was denn nun "echte Demokratie" ist, halte ich die Idee an sich für gar nicht so schlecht.
Ich habe allerdings noch vier weitere Probleme:
1. Wer überwacht die Schulungsunterlagen des "BEVIN"? Wenn es keine reine "Ja-oder-Nein-Abstimmung" sein soll, dann ist diese Frage wirklich essenziell. Es wäre ja vorstellbar, dass an sich wesentliche Argumente aus Parteilichkeit nicht genannt werden. Für einige Gesetze gibt es von Natur aus immer eine Lobby, die einseitig informieren könnte.
2. Die vorbereitenden Instanz "BEVIN" wird in diesem System praktisch unglaubliche Macht erlangen. Sie kann Gesetzesentwürfe zurückstellen, als "dringlich" einbringen oder gar als Scherz abtun.
Klar wird es da eine öffentliche Überwachung geben und ich zweifle nicht, dass zumindest die ersten Leute das mit besten Wissen und Gewissen tun werden. Das Problem ist nur, wenn der für mich dringende Antrag 7 Monate zurückgestellt wird, dann möchte ich darüber eine sehr exakte Begründung haben. Und diese Begründung garantiert nicht, dass sich dabei irgendwer ungerecht behandelt fühlt.
Hier brauchte man einen neutralen Urteilenden, der das überwacht.
3. Mich stört auch der privilegierte Zugang der Regierung auf die Gesetzgebung. Der scheint mir irgendwie ein bisschen begründungslos in der Luft zu hängen.
4. Wieso sollen die Bürger nach "repräsentativen Gruppen" aufgeteilt werden?
Wer bestimmt, welche Gruppen repräsentiert werden? Wieso z. B. Autofahrer und Radfahrer oder Aufteilung nach Religionsgruppen oder Wohnort?
Ich möchte nicht aussagen, dass die Zugehörigkeit zu so einer Gruppe keine Relevanz für ein Individuum hat. Das muss der einzelne Mensch natürlich selbst wissen. Mein Punkt ist, dass die Aufteilung in letzter Konsequenz willkürlich ist.
Das widerspricht meines Erachtens der Grundidee der "Lottokratie", dass eben bei der Losziehung jeder Bürger die exakt gleiche Chance hat ins Parlament zu kommen wie jeder andere Teilnehmer. Wenn man von vornherein festlegt, wie viele Mitglieder des Bürgerparlaments aus Hamburg oder wie viele Frauen sind, dann ergibt sich daraus natürlich eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit, gezogen zu werden, je nachdem welcher Gruppe man eben angehört.

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