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Re: Was habt Ihr bloß gegen das Neun-Euro-Ticket?

Pepane schrieb am 02.09.2022 08:46:

1. Das Neun-Euro-Ticket gilt nicht für ICE, also werden Eure Züge nicht voller.

Die Fahrt mit dem ICE ist teurer als die Fahrt mit dem PKW, insbesondere, wenn man relativ spontan fahren möchte. Beispielsweise kostet die Fahrt Ulm - Dresden ca. 120,- Euro (ohne Sitzplatzkarte) mit dem ICE. Pro Person, 2. Klasse, ohne Bahncard. Mit dem Auto bin ich bei aktuellen Spritpreisen aber bei ca. 80,- Euro dabei, mit bis zu vier Personen!

Der ICE ist sogar so teurer, dass, wenn man in der richtigen Stadt wohnt, sogar der innerdeutsche Flug billiger ist. Das muss man sich mal vorstellen. Die Reise mit dem ICE ist schlichtweg unerschwinglicher Luxus. Und je nach Streckenführung kaum schneller als die Bummeltour mit den Regionalexpresszügen. Vielleicht sollte hier die Bahn ihre Preispolitik überdenken.

2. Die Autobahnen werden leerer. Besonders Leute, die es sich nicht leisten können mit 130+ unterwegs zu sein, lassen das Auto zu Hause und Ihr habt freiere Fahrt für Euren Porsche.

Hab nix von "leeren Autobahnen" gemerkt. Was das Kraut fett macht, sind die ganzen LKW, die von Polen nach Frankreich und retour fahren, statt auf die Schiene verlastet zu werden.
Ich fahre übrigens Kleinwagen, einen Opel Corsa D. Und ich bin immer wieder amüsiert, wenn ich mit 140km/h an einem Tesla vorbeiziehe, der mit 120km/h oder weniger auf der Strecke rumschneckt, weil sonst die Reichweite nicht ansatzweise den Herstellerangaben entspricht. ;-)

3. Im ÖPNV werden Busse und Bahnen mehr genutzt und auch hier habt Ihr freiere Fahrt, um Eure Kinder mit dem SUV zum Kindergarten bzw. in die Schule zu bringen.

Auf dem Land fährt kaum ÖPNV und wenn, dann ist der nicht bedarfsgerecht angepasst. Auf die Taktung 15 Minuten zwischen 6 und 9 Uhr warte ich jedenfalls vergeblich, es fährt nur alle Stunde bzw. auch nur alle zwei Stunden mal der "Lumpensammler", der an jedem Stein anhält und ewige Umwege fährt, so dass eine Fahrt in die nächste Stadt nicht 20 - 30 Minuten braucht, sondern eher so 60 - 90 Minuten. Da möchte ich den ÖPNV nichtmal geschenkt nutzen!

Aber offenbar ist der Drang, denen, die in der sozialen Hierarchie vermeintlich unter einem stehen, selbst das schwarze unter den Fingernägeln nicht zu gönnen, viel größer: "Solange es im Vergleich Leute gibt, denen es noch schlechter geht als mir, geht es mir gut und deswegen darf es nichts geben, was deren Lage signifikant verbessert".

Oder einfach mal nachdenken: mit dem 9-Euro-Ticket finanzierst du keinen ÖPNV. Nicht der Kunde finanziert mit dem Ticket Bus, Bahn, Schiene und Haltestelle, sondern der Staat aus dem Steuersäckel, also wir Steuerzahler. Und nur die, bei denen es ein ordentliches Liniennetz gibt mit vernünftigen Taktzeiten profitieren davon, also Stadtbewohner. Aber zahlen sollen alle, auch die, die auf dem Land wohnen. Im Grunde reden wir über Öffi-GEZ, der SPD schwebt ja ein 365-Euro-Ticket vor, was aber ALLE zahlen sollen, dafür gibts "kostenlosen" ÖPNV. Dass aber mehr als die Hälfte der Bevölkerung nur zahlt und nix davon hat, wird gern mal verschwiegen.

Bauts erstmal den ÖPNV auf dem Land so aus, dass in den Hauptverkehrszeiten die Taktung bei 15 Minuten liegt, kürzeste Strecken in die Stadt gefahren werden und man höchstens 50% mehr Zeit auf der Strecke lässt, als mit dem eigenen PKW. Das ganze mit EINEM Tarifbereich, also nix mit Waben, Zonen usw, wo man für jede eine eigene Monatskarte braucht und am Ende mehr zahlt als für's Auto - alles schon gesehen. Grundsätzlich muss bei einer beliebig langen Strecke die Fahrt im ÖPNV günstiger sein als mit dem PKW auf der gleichen Strecke - und zwar nicht pro Person, sondern für vier, schließlich passen auch vier Personen in einen PKW. Gehe ich von einer durchschnittlichen Strecke von 2x20km am Tag aus, sind wir etwa bei der Monatskarte für 30,- Euro bzw. dem "365-Euro-Ticket" im Jahr, pro Person. Passt also.

Und sind wir ehrlich: Sardinenbüchsenfahren wie in Indien während uns die Politik was von Pandemie erzählt ... tut nur mir diese Logik weh?
Wieviele "unnötige" Fahrten (z.B. die Sylt-Tour) sind angefallen? Wenn Spaßfahrer die Öffis verstopfen und für Pendler unangenehm machen, dann ist das kontraproduktiv.
Tatsächlich sollte sich der ÖPNV an den Belangen der Schüler, Senioren und Pendler ausrichten und NICHT der Touristik, der Spaßfahrer oder ähnlichen Fahrgästen. Und diesbezüglich war das 9-Euro-Ticket einfach eine Katastrophe.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.09.2022 10:23).

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