hm wenn man jetzt anfängt religiöse Texte aus dem alten Testament wörtlich zu nehmen, wäre das Leben der Christen heute damit auch kaum vereinbar.
Ist zwar nicht falsch, aber der Vergleich hinkt. Da gibt's doch einen riesigen Unterschied: Der Koran gilt dem Islam (im Gegensatz zur Bibel dem Christentum) als der von Allah selbst verfasste Text, dessen Verhaltenskodex ewige Gültigkeit hat und ohne jegliche Relativierung ewig und wörtlich gilt.
Nicht dass es im Islam nicht auch Exegese geben würde… aber infolge des o.g. technischen Unterschieds ist das eben in der überwältigenden Mehrheit was ganz anderes als im Christentum und Judentum. Und das macht es auch dem Islam enorm viel schwerer bis eigentlich faktisch unmöglich, sich von den problematischen Textstellen wegzurelativieren, wie es das Christentum (im übrigen auch langsam und unter Zwang durch den Einfluss v.a. säkulärer gesellschaftlicher Entwicklungen) konnte.
Nur fundamentalisten berufen sich auf aus dem Kontext gerissene Zitate aus religiösen Texten die vor Hunderten von Jahren geschrieben wurden, im Kontext dieser Zeit.
das würde man als säkulärer Westler gerne glauben… aber die Realität ist eben, dass unser Wunschbild eines stark kontextualisierenden und dadurch von den riesigen Problemen befreiten modernen Islam in der Realität eben nur eine verschwindend kleine (und v.a. auf eine Sub-Teilmenge im Westen lebender Muslime konzentrierte) Minderheit des realen Islam darstellt. Anders gesagt: wäre deine Zeile tatsächlich ein Kriterium, um Fundamentalisten von anderen zu unterscheiden, dann müssten demnach real die überwältigende Mehrheit der Muslime als "Fundamentalisten" gelten.
Und genau das unterscheidet die normalen Gläubigen von den Extremisten und Fundamentalisten. Moslems von Islamisten.
wie gesagt: schön wär's.
Sufis von Salafisten etc...
Sufis stellen im Islam auch nur eine verschwindend kleine Minderheit dar, die vom relevanten gesamt-theologischen Diskurs ziemlich abgetrennt ist… im übrigen eine Strömung, die von der überwältigenden Mehrheit der Muslime weltweit als üble bid'a gesehen wird: bestenfalls als häretisch, schlimmstenfalls als gar nicht zum Islam zu zählende Ungläubige. Dass im Westen seltsamerweise ausgerechnet die Sufis immer genannt werden, liegt eben daran, dass die viel eher als die tatsächlich relevanten mehrheitlichen Islam-Strömungen unserem westlichen Wunschtraumbild eines "friedlichen" Islam entsprechen.