Ich habe kürzlich ein längeres Zitat aus einem Lawrow-Interview gepostet, in dem dieser die deutsche Weigerung beschreibt, Wiedergutmachungszahlungen an nicht-jüdische Opfer - den jüdischen hätten die Deutschen zwei Mal Zahlungen zukommen lassen - der Vernichtungesbelagerung Leningrads durch die Wehrmacht zu leisten.
Wie auch Nowak schreibt, kann man einen besonders aggressiven Teil der aktuellen deutschen Stellungsnahmen als mehr oder minder bewussten irrationalen Versuch werten, den Ausgang der Operation Barbarossa post festum zu ändern. Deutsche haben auf alle Zeiten das Recht verwirkt, anderen moralische Vorhaltungen zu machen, speziell Juden und Russsen gegenüber, aber nicht nur. Die Zahl der im Zweiten Weltkrieg durch Deutsche verübten Massaker ist Legion.
Aber im Gegenteil, qua angeblich erfolgreicher Vergangenheitsbewältigung hat sich das Land vorgeblich in die moralische Speerspitze unter den Nationen gewandelt. Diese Umwertung der Realität ist unerträglich. Aber auch gefährlich, denn der moralisierende Zugang zu den aktuellen Ereignissen ermöglicht eine Verdrängung aller Vorgeschichte, in der schon wieder Deutsche, etwa Steinmeier eine sehr zwielichtige Rolle gespielt haben. Westliche Aggression gegen Russland wird ausgeblendet und niemand stellt die Frage, warum die aktuellen militärischen Auseinandersetzungen in der Nähe der russischen Grenze stattfinden, im Gegensatz zu den Gelegenheiten, in denen der Westen Kriege initiiert hat, wie etwa Afghanistan, Serbien, Irak, Libyen...
Russland bedrohe die Weltordnung. Das stimmt. Eine Ordnung mit vielen menschenfreundlichen Regeln, deren erste aber lautet, dass sie für die usa nur nach Bedarf gelten. Das ist wie ein Schachspiel, in dem die eine Dame beliebig viele Züge hintereinander ausführen kann, während die Gegenpartei pausieren muss. Diese Weltordnung ist jetzt in der Tat bedroht.
Die Ukraine kann den Krieg nicht gewinnen und die Verluste nehmen täglich zu. Der einzige Weg, den Krieg zu beenden wäre, die Kampfhandlungen einseitig einzustellen und danach auf dem diplomatischen Parkett zu retten, was noch zu retten ist. Das wissen auch die Westler. Dennoch befördern sie das Gegenteil, lassen kämpfen bis zum letzten Ukrainer. Die Logik ist offensichtlich, je länger der Krieg dauert, umso grösser die Schwächung Russlands.
Dafür nehmen sie auch das Risiko einer unheilvollen Eskalation in Kauf.