Der erste Absatz ist absolut korrekt und das sehen wir aktuell mehr und mehr.
Der letzte Satz jedoch ist ,mit Verlaub gesagt, grober Unsinn.
Der Kommunismus ist per Definition die klassenlose Gesellschaft. Klassen sind gesellschaftliche Kohorten, die durch ein Macht/ bzw. Ausbeutungsverhältnis miteinander verbunden sind.
In der Antike waren es Sklavenhalter und Sklaven, im Mittelalter Feudalherren und Leibeigene, im Kapitalismus Kapitalisten und Lohnarbeiter.
Erstere beuten Letztere aus.
Wo es keine Klassen gibt, gibt es keine Ausbeutung.
Ergo gibt es im Kommunismus keine Ausbeutung.
Soweit erstmal begrifflich.
Was Sie jedoch meinen ist wahrscheinlich den Realsozialismus, den sie als autoritäre Gesellschaftsform sehen, in dem „Parteibonzen“ „das Volk“ ausgebeutet hätten.
Dazu eins: Man kann die Übervorteilung korrupter LPG-Vorstände, SED-Karrieristen und anderer Nomenklatura im Ostblock in keiner Weise mit der systematischen Ausplünderung ganzer Kontinente und 99% der lohnabhängigen Weltbevölkerung vergleichen, wie Sie im Kapitalismus seit 200 Jahren alltäglich ist.
Das ist einfach mit zweierlei Maß gemessen.
Natürlich gab es korrupte Politiker im Realsozialismus, natürlich war es falsch, dass die Leute 10 Jahre auf einen Trabbi warteten während die Partei mit dem Wolga rumfuhr.
Aber die „Luxusanwesen“ von Honecker und Co., die sich ja so sehr auf die Bevölkerung gesundgestoßen haben sind Wellblechhütten im Vergleich zu den Anwesen und Luxusgütern die die herrschende Klasse/Kaste im
Kapitalismus genießen.
Also ja, es gab eine gewisse Schere zwischen oben und unten im Sozialismus, aber die ist gar nichts im Vergleich zu der Schere, die in diesem System oben und unten trennt.
Das auf gleiche Stufe zu stellen ist bei genauerer Betrachtung lächerlich.
Zweitens:
Der Kommunismus arte immer in eine Diktatur aus sagen sie.
Wieder begrifflich: Kommunismus als klassenlose Gesellschaft kennt keine Ausbeutung, ergo auch keinen Staat, der diese mit Recht und Gewalt verteidigt/erhält/vermittelt, ergo auch keine Diktatur. Die Weltgeschichte bewegt sich von der „Herrschaft über Menschen (sämtliche Klassengesellschaften) hin zur Verwaltung von Dingen (kommunistische Produktionsweise)“.
Ich nehme auch hier an Sie sprechen über den Realsozialismus, den Sie diktatorisch nennen.
Man könnte sagen: Ja, die sozialistischen Staaten waren durchaus Diktaturen.
Weniger, aber auch im Sinne wie man sich den Begriff landläufig denkt, nämlich „Diktatur als Form“ („Einer sagt was gemacht wird und alle Anderen spuren“), aber vor Allem im Sinne eines politischen Inhalts, der kompromisslos verfolgt wurde.
Es sei nebenbei gesagt, dass der Großteil kapitalistischer Staaten auch durch autoritäre politische Systeme gekennzeichnet waren und sind, man darf nur nicht immer den Fehler machen seinen Blick auf Mitteleuropa heute zu verengen. Schauen wir in all die kapitalistischen Peripherieländer, in denen die Opposition verfolgt wird und schauen wir aktuell auf die exponenziell-an-Tempo-gewinnende Autokratisierung des „freien Westens“ ist der Zusammenhang evident, dass Kapitalismus genauso diktatorisch sein kann und eine einseitige Sicht „Sozialismus ist schlecht weil Diktatur“ zumindest beschränkt ist.
Aber nochmal zum Begriff der Diktatur, als Diktatur des politischen Inhalts.
Das Diktat, das die sozialistischen Staaten insofern verkörperten war das Diktat der Klasseninteressen des Proletariats.
Das Interesse der Lohnarbeiter an Befreiung vom Joch des Kapitals, an Frieden, Entwicklung der Produktivkräfte und Gesellschaft zur immer weniger mühseligen Lebensweise, zu immer höheren Leveln an allseitiger Bildung, Kultur und Teilhabe, die langfristige Entwicklung hin zur klassenlosen Gesellschaft, zum Kommunismus, das war in der Tat das, was in den sozialistischen Staaten sämtliche Gesetze und politischen Aktionen diktiert hat.
In gleicher Weise, aber mit komplett anderem Inhalt sind übrigens auch unsere heutigen kapitalistischen Staaten Diktaturen.
Hierzulande diktieren die Gesetze des Kapitalismus, was ökonomisch und politisch geschieht.
Auch hier haben wir den politischen Inhalt vorgegeben, diktiert. Der Staat muss, ob nun durch eine Ampel, Groko oder die AfD Bedingungen schaffen, die für das Kapital innerhalb seiner Grenzen vorteilhaft sind.
Warum? Weil er über Steuern auf Lohn und Unternehmung sich selbst finanzieren muss.
Die Bedingungen, die er schaffen muss sind vor allem die Garantie und Durchsetzung von Eigentum mit Justiz und Exekutive, den Bau und Betrieb betriebswirtschaftlich uninteressanter gesellschaftlicher Abteilungen wie Straßenbau, Schule, Infrastruktur, Bahnnetz, etc., sowie die Herstellung von wirtschaftlichen Bedingungen, die dem Kapital nützen (d.h. legere Arbeits- und Umweltgesetze, sowie niedrige Steuern auf Unternehmen). Bietet ein Staat dies nicht wandert das Kapital ab, und seine eigene Grundlage schwindet. Deswegen die weltweite Konkurrenz um Unternehmensansiedlungen, deswegen Staatenkonkurrenz, deswegen die Notwendigkeit von Kriegen im Kapitalismus.
Aber zurück zu den sozialistischen Diktaturen:
Zum Erhalt der oben vorgestellten gesellschaftlichen Entwicklung, zur Abwehr der feindlichen kapitalistischen Umwelt mussten durch die sozialistischen Staaten, durch diese Diktaturen des Proletariats Maßnahmen ergriffen werden, die in einer kommunistischen Gesellschaft nicht umgesetzt werden würden.
Alles Militärische verliert seinen Sinn im Sozialismus (und erst Recht im Kommunismus), wenn die Gefahr militärischer Intervention durch kapitalistische Staaten und Formationen wegfällt.
Dass der Ostblock gut daran tat seine Armeen und Waffentechnik zu entwickeln beweist die Geschichte unzähliger Interventionen vor Allem der USA im 20. Jahrhundert (die in 99% der Fälle auf die Unterdrückung neuer Revolutionen gerichtet waren), wobei diese Einsicht der Arbeiterbewegung schon seit der Pariser Kommune vorlag.
Aber der Umstand, dass eine Revolution sich gezwungenermaßen verteidigen muss, das soll jemand widerlegen.
Na klar, über die Berechtigung einzelner Maßnahmen und Aktionen in der Geschichte kann man streiten. Ob bestimmte historische Figuren im Namen der Revolution Verbrechen begangen haben oder nicht. Es geht nicht darum Alles und Jedes, was dem Sozialismus des 20. Jahrhunderts angehört weißzuwaschen oder zu beschönigen.
Aber man muss auch mal die Realität der Entwicklung anerkennen.