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Avatar von observer3
  • observer3

mehr als 1000 Beiträge seit 31.12.2005

Man kann bezweifeln, dass ein Professor für Informatik wie Raúl Rojas

der richtige Experte ist, um über unser gegenwärtig aktuelles Modell vom Universum, sowie dessen Probleme und all das, was in diesem Zusammenhang noch unverstanden ist, umfassend und kompetent zu schreiben.

Zunächst mal fehlt mir hier die genauere Beschreibung des Standard-Modells mit Big Bang, kosmischer Inflation und beschleunigter Expansion, das immer noch das beste Modell ist, das wir haben.
Erst darauf aufbauend macht es Sinn von den offenen Problemen und z.T vollkommen unverstandenen Dingen zu schreiben.

Die Vorstellung des Big Bang ergab sich aus der zeitlichen Rückberechnung der Expansion, die Inflation lieferte eine Erklärung für die Flachheit des Universums. Um die Tatsache zu verstehen, dass die Expansion beschleunigt abläuft, wurde die negative Energie postuliert. Aus der Beobachtung der Rotation von Galaxien folgte das Postulat der Existenz von dunkler (nicht strahlender) Materie.

Dass das Universum in einem frühen Stadium hoch verdichtet gewesen sein musste, darüber besteht wohl Konsens. Manche Astrophysiker meinen jedoch, es könnte statt eines Big Bang auch periodische Expansions- und Schrumpfphasen gegeben haben. Die Inflationsphase ist wohl auch noch unverstanden (was genau löste sie aus, warum kam sie zum Stillstand?), für die Existenz von negativer Energie und dunkler Materie gibt es noch keinen experimentellen Beweis.

Das allergrößte unverstandene Rätsel betifft die Synthese der Quantentherie mit Einsteins Relativitätstheorie. Beide Theorien haben sich glanzvoll bestätigt, jeweils in der Mikrowelt der Quanten und in der Makrowelt der Gravitation auf der größten Skala (praktisch im sichtbaren Bereich des Universums). Aber sie passen in keiner Weise zusammen.

Nichts destotrotz haben wir ein Modell, mit dem wir die Entwicklung von Galaxien, die Bildung und Explosion von Sternen verstehen können und (mit Hilfe der Newtonschen Bewegungs und Gavitiationsgleichungen inkl. der relativistischen Korrekturen) äusserst präzise Satelliten bis an den Rand unseres Sonnensytems schicken können. Das bedeutet auch, dass unser Modell von Raum und Zeit zumindest auf dieser Skala sehr gut "funktioniert".
Wir haben also gewaltige Fortschritte gemacht in den letzten ca 400 Jahren.

Die offenen Probleme laden natürlich zu Spekulationen aller Art ein (und jede Wissenschaft beginnt mit intelligenten Spekulationen), die aber, und das ist das Problem, mathematisch sauber beschrieben werden und irgendwie mit Experimenten und realen Beobachtungen "belegt" werden müssen.

Die Spekulationen über all das, was durch gegenwärtige Experimente nicht ausgeschlossen werden kann, schiessen teilweise ins Kraut.
Paralleluniversen, Wurmlöcher, ...
Bis jetzt steht der Beweis aus, dass diesen Dingen Realität zukommt.
Neben der Standard-Theorie der Elementarteilchen gibt es verschiedene Varianten der Stringtheorien mit 14 und mehr Dimensionen. Diese sind m.W. mathematisch nicht wirklich ausformuliert, also intelligente Spekulationen, und ihre Implikationen für die Makrowelt sind unklar.

Wer das nötige Grundlagenwissen besitzt,kann sich über all dies in unzähligen Artikeln der Fachpress und Populärwissenschaft informieren.

Wenn es um die Vorstellung geht, was denn z.B. Raum und Zeit "wirklich" sind, so kommt man auch an die Grenze zur Philosophie. Die meisten Physiker würden sagen, dass ihre z.T. mathematisch recht ausgefeilten Theorien allesamt nur Modelle der Realität sind, die z.B. was Quantentheorie und Relativitätstheorie angeht, äusserst gut und präzise "funktionieren". Elementare Prozesse der Physik können in den Formeln in der Zeit genauso vorwärts wie rückwärts ablaufen. Kommt die Entropie ins Spiel, werden Prozesse irreversibel und bekommen eine zeitliche Richtung. Unsere Unfähigkeit "Zeit" intuitiv zu verstehen, mag damit zuammenhängen, dass wir selbst nur in der Zeit und während des Vergehens von Zeit existieren.
In der Folge der Quantentheorie sind Vostellungen von quantisiertem Raum und quantisierter Zeit (auf der Planck-Skala) entstanden, die aber m.W. ebenfalls noch im Stadium intelligenter Spekulationen sind.

Ich fand den Artikel hinsichtlich der hier skizzierten interessanten offenen Fragen wenig erhellend.

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