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  • Azenion

mehr als 1000 Beiträge seit 28.08.2002

Unfehlbarkeit oder Selbstzweifel

Member of the Inner Party schrieb am 15. September 2006 10:37

> Azenion schrieb am 15. September 2006 10:15

> > Member of the Inner Party schrieb am 15. September 2006 9:32
> >
> > > Weil ich nur mit der Bibel argumentieren kann.
> >
> > Damit benennst du sehr schön, warum man mit Christen - wie mit
> > anderen Fundamentalisten - nicht debattieren kann. Man hat nicht mal
> > den Ansatz einer Diskussionsbasis.
> > Wenn man sich nicht auf die - für normale Menschen absurde - These
> > einläßt, daß die Bibel übernatürlichen Ursprungs sei, gibt es nichts
> > mehr zu besprechen.

> Die Bibel ist nicht uebernatuerlich. Sie enthaelt
> Gottes Wort.

Gut, du stößt dich an dem Wort 'übernatürlich'.
Für jemanden, der an Gespenster glaubt, sind Gespenster natürlich
natürlich..

> Das ist alles. Da gibt es kein Hokuspokus
> oder dergleichen.

Wenn das kein Hokuspokus ist, was dann.

Die Beeinflussung von Materie durch ein von Materie abgelöstes
'Nur-Geist-Wesen' ist Hokuspokus par excellence.

> Und ja: Eine Diskussion ist nur dann moeglich, wenn
> der Gegenueber nicht von vornherein abblockt.

Das religiöse und das skeptizistische Weltbild haben keine
Schnittmenge. Das "Prinzip Glauben" und das "Prinzip Vermuten" sind
unvereinbar. Ein 'normaler' Mensch würde niemals etwas für gesicherte
Wahrheit halten, was derart schlecht belegt ist wie christliche
Glaubensinhalte. Günstigstenfalls würde er es für eine in
Alltagssituationen tragfähige Theorie halten.

> Die Bibel
> zu akzeptieren ist keine Voraussetzung fuer eine
> solche Diskussion (obwohl es wuenschenswert ist), aber
> in der Tat ist jede Diskussion hinfaellig, wenn man
> nicht mal hoeren moechte, was der Gegenueber zu sagen
> (schreiben) hat.

Es ist ja nicht so, daß man mit den christlichen Thesen zum ersten
mal konfrontiert wird. Man merkt im Gespräch mit Christen recht bald,
wenn sie auf die üblichen 'Argumentations'-Linien geraten. Wenn man
solche Gespräche ein paar mal durchlitten hat, weiß man, daß sie zu
nichts führen, eben weil es keine gemeinsame Basis gibt.

Eine Aufforderung, die Bibel zu lesen, fehlt übrigens nie. Als ob
dadurch an der Kernfrage: "Rein menschliche Literatur oder Gottes
Wort" etwas geändert würde.

> > Man kann nur versuchen, den fundamentalistischen politischen Einfluß
> > zu minimieren, so daß wenigstens andere Menschen in Ruhe gelassen
> > werden.

> Es zwingt dich niemand, in die Kirche zu gehen oder
> mit Christen zu reden. Warum postest du hier eigentlich?

Christen versuchen aber politisch Einfluß zu nehmen, um unsere
Gesellschaft nach ihren Vorstellungen zu prägen. Insofern muß man
sich leider notgedrungen mit ihnen auseinandersetzen. Und leider gibt
es bei uns nur unzureichenden Grundrechtsschutz.

Aber du hast recht: Ich bin es *sehr* müde, immer wieder den Kampf
führen zu müssen, der inhaltlich spätestens im 18. Jahrhundert
ausgefochten war.

> > Und man sollte die Kinder schützen, damit sie eine Chance haben,
> > Vernunft zu entwickeln, bevor ihr Verstand mit "Glaubenssätzen"
> > zugekleistert wird.

> Die Kinder, die Kinder! Die armen Kinder!

> Schon mal ueberlebt, dass ein Leben mit Gott so
> viel schoener sein kann?

Natürlich macht Dummheit sorglos und dadurch glücklich. Aber dennoch
wünscht sich niemand, dumm zu sein, jedenfalls nicht dauerhaft.

Für vorübergehende Dummheit gibt es Drogen.

> > > Jeglicher wissenschaftlicher Ansatz waere hier verkehrt.
> >
> > > Es hat jeder die Chance, in den Himmel zu kommen.
> > > Man akzeptiere Jesus als den Sohn Gottes, der uns
> > > mit seinem Blut von allen Suenden reingewaschen
> > > hat. Et voila!
> >
> > Die stellvertretende Abbüßung von Strafe ist mit Rechtsstaatlichkeit
> > nicht zu vereinbaren,

> Das hat auch in der Tat nichts mit "Staat" zu tun.
> Mit gutem Grunde hat der Staat sich in Religion
> nicht einzumischen. Weil "Outsider" sich eben
> nicht zurechtfinden, geschweige denn priviligiert
> genug sind, in solchen Sachen zu urteilen.

Also, um das früher weltlich geübte und daher von den Schreibern der
Bibel selbstverständlich übernommene Sündenbockprinzip nachvollziehen
zu können, muß man heute "privilegiert" sein?

Ich wundere mich nur immer wieder aufs Neue.

Und die Sippenhaftung, die Gott laut altem Testament für gerecht
hielt - ist es auch ein "Privileg", diese gerecht zu finden?

> > entspricht aber dem Gerechtigkeitsempfinden des
> > antiken Orients. Da kommt die Bibel ja auch her.

> Billige Vorverurteilung. Einfach mal lesen. Das entspannt!

Ich habe viel in der Bibel gelesen.
Erschreckendes Machwerk - erschreckend deshalb, weil es von den
meisten Lesern für tagesaktuell gehalten wird.

> > Das Blut Dritter wäscht überhaupt nichts ab.

> Genau darum geht es: Du versuchst, das ganze mit
> Wissen und Verstand zu verstehen. Die Frage ist:
> Kannst du auch daran _glauben_, was du nicht siehst
> und hoerst? Wenn nicht, an was glaubst du dann?

Ich glaube an gar nichts. Ich habe einige Theorien und Prinzipien.
Aber es sind meine eigenen.

> An dich selbst? Du wirst eines Tages sterben.
> An was wirst du danach glauben?

Das entscheide ich dann, wenn es soweit ist.

Vermutlich erübrigt sich die Überlegung, da man, wenn tot, ohnehin
nichts mehr glaubt.

> Ausserdem betruegt
> dich dein eigenes Selbst. Du kannst dir nicht
> selbst trauen.

Dessen bin ich mir bewußt. Darum traue ich mir auch nicht grenzenlos.
Es ist das Wesen des Skeptizismus, jede These jederzeit, wenn es
Gegenanzeigen gibt, in Zweifel zu ziehen.

Du solltest deinem Glauben ebensowenig trauen, denn auch deine
Entscheidung zu glauben ist nicht unfehlbar.

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